Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
helfen könne, darüber hinwegzukommen.
»Wenn ich an meinen Freund denke, Mr Larsson, würde ich sagen, es ist am besten, wenn man einmal alles durchspricht und ihm Sicherheit für die Zukunft gibt, und dann nie mehr daran rührt, wenn er nicht von sich aus kommt.«
Sven grübelte. »Ich könnte die Jungen so schlafen lassen, dass sie durch die Maate von der Mannschaft getrennt sind. Und ich müsste denen sagen, dass niemand den Ingmar hänselt oder darauf anspricht.«
»Können Sie den Maaten vertrauen?«
»Wenn man den Maaten nicht vertrauen kann, dann sollte man aufgeben, Mr Gordon. Sie sind der Rückhalt eines Schiffes.«
Sie gingen eine Weile schweigend. Dann fragte Sven. »Welche Zeitung haben Sie sich in Charleston besorgt, Mr Gordon?«
»Den ›Georgia Observer‹. Ich habe schon alles gelesen. Sie können ihn gern haben.«
»Danke, aber ich fürchte, es steht auch nicht mehr drin als im ›Low Country Chronicle‹. Die Briten sind nun mit ihrer Flotte vorNew York erschienen und haben die ersten Truppen bei Staten Island gelandet. Washington wird sich auf die Dauer weder auf Long Island noch auf Manhattan halten können. Wenn Linienschiffe die Landoperationen unterstützen, sind schmale Halbinseln nicht zu verteidigen.«
»Viele Patrioten werden wieder nur einen Rückzug sehen und enttäuscht sein, Mr Larsson.«
»Dann werden sie noch oft enttäuscht werden, Mr Gordon. Jeder sollte wissen, dass wir der britischen Flotte im offenen Kampf nichts entgegenstellen können. Wir müssen sie auf See mit Nadelstichen traktieren und mit Washingtons Armee vom Hinterland abschneiden. Dann werden sie auf lange Sicht auch nicht New York halten können.«
Auf dem Vorschiff lachten die Matrosen. Ein Suppenholer war gestolpert und hatte einem anderen die Suppe über die Hose geschüttet. Der Betroffene schrie und tobte. Aber die anderen standen herum und konnten sich kaum halten vor Lachen. Und unter ihnen stand Ingmar und jubelte fröhlich.
»Sehen Sie, Mr Larsson. Vielleicht erledigt sich alles einfacher, als wir denken«, sagte Mr Gordon.
Sven saß an seinem Schreibpult und fügte dem Brief an Sabrina wieder ein paar Absätze hinzu. Den letzten Brief hatte er in Charleston aufgegeben. Diesen Brief hatte er hier in Kurzform noch einmal wiedergegeben und fügte ihm nun weitere Sätze hinzu, bis er wieder Gelegenheit hatte, Post aufzugeben. Dann würde er wieder den alten Text zusammenfassen und ihm neue Absätze hinzufügen. Aber Sabrina wusste, dass sie den Anfang der Briefe nur dann zu lesen brauchte, wenn vorher ein Brief verloren gegangen war. Das würde sie an der Zahl oben auf der ersten Seite merken. Sie nummerierten beide ihre Briefe. Wie leicht konnte ein Schiff untergehen oder gekapert werden, ein Postsack verbummelt oder ein Brief in einen anderen Kontinent befördert werden.
Er würde auf jeden Fall im spanischen Havanna und auf der niederländischenInsel St. Eustatius Briefe aufgeben. Die britischen Inseln waren ihm ja nun verschlossen. Aber würden ihn dort auch Briefe von Sabrina erwarten? Wer sollte schneller segeln als die Freedom? Also dürfte er wohl erst auf ihrer Rückkehr Post erwarten.
Es war schon komisch, so lange von Sabrina getrennt zu sein. Dagegen zählte der kurze Streifzug zu den Bermudas ja gar nicht. Er vermisste ihren leidenschaftlichen Körper, ihre liebevolle Art, ihn anzusehen, und ihr kluges Gespräch. Er vermisste einfach alles an ihr.
Stimmen und Getrampel an Deck rissen ihn aus seinen Gedanken. Hastig legte er sein Schreibzeug weg und lief an Deck.
Die Freedom halste. Mr Selberg trat auf ihn zu und meldete: »Wir haben einen leblosen menschlichen Körper beinahe übersegelt. Ich habe eine Halse befohlen, damit wir ihn bergen können. Sehen Sie, dort treibt er.«
Ihr Beiboot barg den Körper, und sie hoben ihn an Deck.
»Das ist Schlitzohr-Jack, ich kenne ihn! Seht doch, sein linkes Ohr ist durch einen Säbelhieb gespalten. Daher hatte er den Namen. Er segelte auf der Mary Lee aus Wilmington!«, rief Will Crowton.
Schlitzohr-Jack war unzweifelhaft tot. Als sie ihn näher untersuchten, stellten sie fest, dass er nicht ertrunken war. Man hatte ihm den Schädel eingeschlagen und ihn dann ins Meer geworfen. Dort war er lange genug im Wasser getrieben, um das Blut abzuwaschen. Aber der Körper war noch nicht in Verwesung übergegangen.
»Wo mag man ihn ins Wasser geworfen haben?«, murmelte Sven vor sich hin.
Mr Selberg fasste es als Frage auf. »Ich
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