Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
neben Sven stand, flüsterte ihm zu: »Ein Bürgerkrieg ist immer der schlimmste aller Kriege.«
Sven nickte und fragte den Mann: »Was wollen die da in der Bucht mit ihrer Prise?«
»Nur das Tageslicht abwarten, Sir. Die haben viel Angst vor amerikanischen Kapern oder unserer Flotte. Sobald es dämmert, wollen sie raus und zu den Bahamas.«
Sven überlegte. Da brauchte man ja nur noch etwas zu warten.
»Na, dann erzähl mir mal alles über eure Stammbesatzung, die Prisenbesatzung und den Liegeplatz«, forderte er den Geretteten auf.
Die Freedom lag am Eingang zur Bucht am Ufer. Sie hatten ihre Aufbauten etwas mit Zweigen kaschiert. Hundert Meter weiter innen in der Bucht warteten zwei Boote.
Sobald die Mary Lee die Segel gesetzt und etwas vom Ufer freigekommen war, würde die Prisenbesatzung die fünf Matrosen der Stammbesatzung wieder unter Deck einsperren. Dann war die Gefahr einer Verwechslung für die Enterer der Freedom geringer. Außerdem würde der gerettete Matrose bei den Enterern sein und seinen alten Kameraden immer zurufen, dass Freunde kämen.
Mr Selberg saß im ersten, Adam im zweiten Boot. Dann hörten sie die Stimmen auf der Mary Lee.
»Alles bereit!«, flüsterte Mr Selberg.
Sie packten Riemen und Waffen. Jetzt sahen sie den Bug der Mary Lee. Etwas Wind kam in die Segel, und langsam schob sie sich vom Land frei.
Mr Selberg stieß die Hand zweimal in die Luft und zischte: »Los!« Auf dem zweiten Boot gab Adam den Befehl. Ein Boot ruderte zum Bug, das andere zum Heck. Enterdraggen flogen, hakten sich fest. Siezogen die Boote heran, sprangen aufs Deck. Der Gerettete schrie immer wieder: »Freunde der Mary Lee! Helft uns!«
Männer der Prisenbesatzung warfen sich ihnen entgegen, aber sie waren zu wenige. Mr Selberg stieß dem ersten seinen Säbel in die Brust und schoss den zweiten über den Haufen. Adam packte zwei, die hinter der Hütte auftauchten, und schlug ihre Köpfe so heftig zusammen, dass sie das Bewusstsein verloren. Die restlichen beiden warfen die Waffen hin.
Mr Selberg dirigierte Männer an Ruder und Segel und ließ andere das Unterdeck erkunden. Sie befreiten die Stammbesatzung. Der gerettete Matrose schloss seine Kameraden in die Arme und berichtete. Aus der Kapitänskajüte kam eine nicht mehr junge Frau mit wirren Haaren. Sie hielt die Bluse mit der linken Hand zusammen. Mr Selberg wollte sie begrüßen. Aber sie ging schweigend weiter zu dem einen Gefangenen.
Auf einmal hatte sie ein Messer in der rechten Hand und stieß es dem Gefangenen ins Herz.
»Halt!«, schrie Mr Selberg.
Die Frau sank an Deck zusammen und war bewusstlos.
Ein älterer Mann von den Befreiten lief zu ihr und jammerte: »Mary! Es ist doch alles vorbei!«
»Ich verstehe sie ja, dass sie sich am Schänder rächt. Aber ich kann doch diesen Mord aus Rache nicht einfach übersehen. Ich werde ihn im Bericht an das Prisengericht anführen. Die haben an Land Richter mit mehr Erfahrung in diesen Dingen.«
Adam schien nicht ganz einverstanden mit Svens Entscheidung.
»Sir, dann müssten die Richter aber auch die Seeleute der Mary Lee verhören. Die berichten, dass die Kaperer aus Virginia die reinsten Verbrecher gewesen seien.«
Sven nickte mit dem Kopf. »Und dann müssten auch die beschuldigten Virginier selbst sich vor Gericht verteidigen können. Dann kann ich ja gleich unseren Auftrag aufgeben und mit der Prise zurück nach Charleston segeln und dem Gericht zur Verfügung stehen. Dabei wissenwir noch nicht einmal, ob die Mary Lee lang genug in feindlicher Hand war, um als Prise anerkannt zu werden.«
Adam blickte etwas ratlos drein und brauchte einen Moment, um den Mund zur Antwort zu öffnen: »Sir …«
»Deck! Fremder Schoner umrundet die Landzunge! Entfernung eine knappe Meile!«
Sven fuhr der Schreck in die Glieder. O Gott! Sie lagen ja noch Deck an Deck mit der Prise. Ein Teil ihrer Mannschaften war hier, der andere dort. Vier Mann suchten auch noch im Boot am Liegeplatz der Brigg. Sven brüllte: »Klarschiff! Werft die Prise los!«
Den Leuten im Boot rief er mit der Sprechtrompete zu, sie sollten die Prise wegziehen, damit die Freedom Schussfeld habe.
An Bord der Freedom war es wie in der Mitte eines Bienenschwarms. Alles wuselte um einen herum. Aber auch hier kannte jeder seinen Platz und strebte ihm zu. Schon hob der eine oder andere Geschützführer die Hand, um zu zeigen, dass seine Kanone feuerbereit sei.
Sven hatte erst einmal durchgeatmet, um den Schock zu
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