Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
die Arbeit zu beenden und sich zum Einholen der Segel fertig zu machen, sah Sven mit Erstaunen eine lange Straße mitten in das Hafenbecken hineinragen. Mehrstöckige Häuser standen dort, und viele Schiffe hatten vor ihnen angelegt.
»Long Wharf«, meldete Adam lakonisch. »Steuerbord querab ist Charles’ Wharf, backbord querab Fort Hill. Wir werden am äußeren Teil von Long Wharf anlegen, ich weiß aber nicht, ob an der Nord- oder Südseite.«
Im Hafen lagen auch eine Fregatte, zwei Sloops und ein Schoner. »Die arroganten Schnösel!«, mokierte sich der Untersteuermann.
Diese unfreundliche Bemerkung war wie ein Motto für ihre Tage in Boston. Als sie ihre Ladung gelöscht hatten, gab es Landgang. Sven und seine Freunde hatten sich fein gemacht und ihre blauen Jacken angezogen, denn es war schon frisch am Abend.
Adam führte sie in ein gemütliches Restaurant in der Newbury Street. Als sie für sich einen Tisch gefunden hatten, sagte Sven: »Ich lade euch alle zu einem Bier und einem Schnaps ein.«
»Nanu«, wunderte sich Karl. »Hast du einen Zuschlag erhalten?«
Sven schüttelte den Kopf. »Ich habe heute Geburtstag!«
Das gab eine Hallo und Schulterklopfen. Warum er das nicht längst gesagt habe, wie alt er werde, auch einer der Offiziere hätte etwas sagen müssen.
»Nun beruhigt euch mal wieder. Ich werde siebzehn, und schon immer hatte ich am sechzehnten September Geburtstag. Ihr könnt es euch ja fürs nächste Jahr merken.«
Sie tranken auf sein Wohl, bestellten sich Essen und waren guterDinge. Das Restaurant hatte sich gefüllt. Neben Seeleuten gab es Tische mit Zivilisten und mit Rotröcken. Sie saßen aber immer getrennt und schienen auch keinen Kontakt untereinander zu haben.
Als der Wirt erfuhr, dass Sven Geburtstag hatte, spendierte er den vier Seeleuten noch ein Bier. Die junge Kellnerin, die es ihnen brachte, lachte Sven verführerisch an. Ihre braunen Augen deuteten an, dass er ihr gefiel. Und wenn sie ihm gegenüber am Tisch servierte, beugte sie sich so hinunter, dass er in ihren Ausschnitt sehen konnte. Die beiden wohl geformten Brüste, die sich in der Mitte zusammendrückten, regten Svens Fantasie schon an, und ihm wurde heiß.
Karl stieß Adam an. Beide amüsierten sich über Svens Befangenheit. Auch am Nachbartisch bei den Rotröcken war aufgefallen, dass die Kellnerin Svens Tisch bevorzugte. Ein junger, dunkelhaariger Soldat griff nach dem Arm der Kellnerin und forderte: »Gib dir bei uns mal auch so Mühe wie bei den Kielschweinen.« Als sie sich loswand und ging, klatschte er ihr noch auf den Po.
Sven sprang auf und wollte den Soldaten beschimpfen, aber Adam hatte ihn sofort zurückgestoßen und gezischt: »Fang nichts an! Das endet schlimm!«
Doch der Soldat hatte bemerkt, dass Sven etwas kritisieren wollte. Er stand schwankend auf, ging auf ihren Tisch zu und rief: »Komm doch her, du dämliche Schiffsratte! Ich werde dir schon zeigen, wie ein Mann mit dir fertig wird!«
Adam winkte ihm beruhigend zu und sagte: »Setz dich und trink dein Bier.«
Aber der Soldat suchte Streit. Er griff nach Adams Hand und wollte ihm die Finger umbiegen. Da war er an den Falschen gekommen. Adam griff den Arm des Soldaten, drehte ihn mit solcher Kraft herum, dass der Soldat auf die Knie sank und vor Schmerz schrie. Seine Kameraden sprangen auf, aber Adam hatte den Unruhestifter schon losgelassen. Doch der wollte nicht aufgeben und stachelte seine Kameraden an: »Kommt, jetzt zeigen wir es den Kakerlaken!«
In dem Augenblick wurde die Tür aufgestoßen. Ein Sergeant mit vier bewaffneten Soldaten betrat den Raum. Mit einem Blick erkannte er die Situation.
»Halt!«, brüllte er so laut, dass alle schwiegen. »Jeder bleibt an seinem Platz! Wirt, was ist da los?«
Der Wirt berichtete, unterstützt von der Serviererin, dass die Matrosen einen Geburtstag feierten und der Soldat Streit gesucht habe.
Der Sergeant wandte sich an den Soldaten. »Name, Einheit?«
»Soldat William Henford, elfte Kompanie Royal Irish Regiment, Sir.«
»Soldat Henford, willst du in den Arrestbunker, oder bist du jetzt brav wie ein Ministrant?«
»Brav wie ein Ministrant, Sir.«
»Gut«, knurrte der Sergeant und schlug mit seinem Stock auf eine Tischplatte. »Wir schauen wieder rein!« Er bellte ein Kommando. Seine vier Soldaten nahmen ihre Musketen und verschwanden mit ihm.
Die Stimmung war nach dem Auftritt der Streife dahin. Sven und seine Kameraden gingen bald, und Sven reagierte nicht mehr auf die
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