Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
nächste Reise führt uns übrigens nach Lissabon und Madeira.«
»Was du alles von der Welt siehst«, staunte die Schwester. »Ich werde richtig neidisch.«
Die Oma nickte. »Ich war auch neidisch darauf, was der Opa alles in der Welt gesehen hat. Aber wenn er dann von Stürmen und Schiffbrüchen erzählte, dann war ich froh, hier trocken und warm zu sitzen.«
Svens Mutter sorgte sich, dass Sven nun in den Wintermonaten über den Atlantik segele, aber er beruhigte sie, sie steuerten ja eine südliche Route, und in Lissabon und Madeira solle es immer eher mild sein.
Sven fand, dass die Oma in den knapp drei Monaten sehr gealtert sei. Seine Mutter bestätigte ihm, als sie allein waren, dass die Oma jetzt häufig sehr schwach sei. »Sie wird nun auch schon siebzig. Sie wird uns eines Tages sehr fehlen.«
Als die Victoria wieder den Delaware seewärts segelte, stimmten die Freunde Sven zu, dass der Aufenthalt zu kurz gewesen sei.
»Es war wieder wunderbar bei deiner Mutter, Sven«, lobte Adam. »Wir müssen ihr, der Oma und deiner Schwester in Lissabon ein Geschenk kaufen, damit wir ihr auch eine Freude bereiten. Du wirst sehen, Lissabon ist eine wunderbare Stadt. Da findest du alles.«
Aber vor Lissabon lag noch der Atlantik. Sven war froh, dass er sich nun an Deck und in der Takelage auskannte. Wäre seine erste Fahrt so rau gewesen, dann hätte er mehr leiden müssen. Auch Joshua hatte schon Erfahrung und wurde nicht mehr seekrank. Er war in der Mannschaft sehr angesehen, weil er fleißig und gutartig war. Karl saß in der Freizeit mit ihm beisammen und studierte das »Wörterbuch der englischen Sprache«, das er sich in Philadelphia gekauft hatte. Auch die Freunde halfen Joshua, sein Englisch zu verbessern, und sogar der steife Obersteuermann lobte ihr Team.
Viele der älteren Matrosen der Victoria hatten Lissabon schon angelaufen, denn es war ein häufig frequentierter Handelshafen für amerikanische Schiffe. Aber die Neulinge waren sehr gespannt, bei der Einfahrt in den Tejo nichts zu versäumen.
Der Fluss war nur etwa eine Meile breit, und sie konnten das Fort Sao Juliao an Backbord genau erkennen. Die Victoria brauchte einen Lotsen und ankerte nach seinen Weisungen vor Trafaria, um die Zoll- und Gesundheitsinspektoren an Bord zu lassen und danach die Hafenformalitäten zu erledigen. Dann gingen sie wieder flussaufwärts.
Die Stadt öffnete sich in einem riesigen Halbrund vor ihnen.
»Bow!«, staunte Sven. »Das ist eine Stadt! Und die Häuser so weiß. Sie leuchten in der Sonne.«
Sie ankerten in der Nähe des Praco do Comercio, einem großen Platz, an dem der Königspalast stand, der an drei Seiten von Ministerien eingerahmt wurde. Rechtwinklig führten breite Straßen nach allen Seiten. Sie waren von Fußgängern und Kutschen bevölkert.
»Wann können wir denn endlich an Land?«, maulte Karl.
Aber der Obersteuermann hatte noch dies und jenes, was erledigt werden musste, ehe er ankündigte: »Ab jetzt ist Landgang bis zum Beginn der Morgenwache. Wer Borddienst hat, wisst ihr. Morgen wird entladen und Wasser gefasst. Wer dann zu besoffen zur Arbeit ist, kommt hier nicht mehr an Land.«
Als die vier Freunde an Land gingen, bestaunten sie zunächst auf dem Praco do Comercio das überlebensgroße Reiterstandbild José I., eines portugiesischen Königs. Es wurde von Darstellungen eingerahmt, die die Armee, die Flotte und die Kolonien Portugals symbolisieren sollten.
Adam hatte empfohlen, dass sie sich zur Alfama begeben sollten, der Altstadt, deren kleine Gassen so eng und verwinkelt waren, dass Sven meinte, er würde sich da nie zurechtfinden. Aber Adam riet, man müsse hügelaufwärts gehen, um zum Kastell de Sao Jorge, der früheren Königsresidenz, zu gelangen. Es sei zwar ziemlich zerfallen, aber der Blick auf Stadt, Hafen und Umgebung sei einmalig schön.
Das mussten die Freunde zugeben. Sie hatten noch nie die Victoria so klein inmitten der vielen anderen Schiffe unter sich liegen sehen.
»Seht nur, da ist der Platz, an dem wir ausgebootet sind!«, rief Karl. Auch die anderen entdeckten dies und das, worauf sie sich hinwiesen. Adam konnte nicht bei allem sagen, wie es hieß und was es bedeutete, aber er meinte, sie könnten es ja an den anderen Tagen erkunden. Jetzt wollte er erst einmal etwas essen und trinken.
Sie tauchten wieder in die verwinkelten kleinen Gassen ein. Es duftete nach Knoblauch und unbekannten Gewürzen. Wäsche hing zum Trocknen von einer Seite
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