Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
Befehle und haltet Ordnung. Dann habt ihr eine gute Zeit. Jeden dritten Tag ist Landgang bis Mitternacht. Jeden zweiten Tag dürfen Frauen an Bord. Wer sich Befehlen widersetzt, dem wird alles gestrichen.«
Sven und seine Kameraden fanden in der nur halb gefüllten Quartierhulk einen Platz, an dem sie ein wenig Abstand zu anderen hatten.
»Habt ihr gesehen? Im Handelshafen liegen amerikanische Schiffe«, flüsterte Joshua, nachdem sie ihre Sachen verstaut hatten.
»Kommt an Deck, da reden wir weiter«, unterbrach ihn Sven.
Sie fanden einen Platz auf dem Vordeck, an dem sie sich außerhalb der Hörweite anderer besprechen konnten.
»Was ist? Wollen wir versuchen zu fliehen?«, fragte Joshua.
»Aber doch nicht in England!«, widersprach Adam. »Hier passt die Bevölkerung auf, sobald einer abhaut, und will sich die Belohnung für das Einfangen von Deserteuren verdienen. Die amerikanischen Schiffe werden streng überwacht und auch noch im Kanal angehalten. Hier hast du schlechte Chancen. Wir müssen warten, bis wir im Ausland sind.«
Sven stimmte zu. »Wir müssen uns vorläufig anpassen und unseren Dienst gut machen, damit sie uns trauen. Aber manchmal fällt mir die Täuschung schwer. Es sind doch auch richtig gute Leute unter den Briten.«
Adam schaute ihn verwundert an. »Aber Ben, gute und schlechte Menschen gibt es doch überall. Nicht die Briten sind schlecht. Ihre Politik ist schlecht für uns.«
Karl dachte pragmatischer. »Erhalten wir nun morgen unsere Heuer und endlich etwas Geld auf die Hand?«
»Ja, Mr Berger hat es mir versichert«, bestätigte Sven. »Aber wir sollten es eisern sparen, damit wir etwas haben, wenn wir im Ausland fliehen wollen. Und jetzt sollte jeder zwei Briefe schreiben. Einen geben wir über Schiffsagenten auf, den anderen über die Post. Aber schreibt nichts von Fluchtplänen.«
Am Tag, als Frauen an Bord durften, schien alle Ordnung vergessen. Die Dirnen hatten Alkohol an Bord geschmuggelt und suchten in allen Decks Männer, denen sie das Geld abnehmen konnten. Die vier Freunde saßen standhaft an ihrem Tisch, spielten Karten und wiesen alle Angebote ab.
Es dauerte nicht lange, da war um sie herum die Hölle los. Betrunkene grölten. Weiber rissen sich die Kleider vom Leib und paarten sich mit Kerlen, ob andere zuschauten oder nicht. Je mehr Zuschauer sie hatten, desto lauter stöhnten sie. Sven konnte kaum noch auf seine Karten achten.
»Mann, da sind aber auch dufte Weiber darunter. Schau mal, die Blonde mit den Titten. Mann, ich krieg vielleicht ’nen Ständer!«
Adam wurde ärgerlich. »Habt ihr schon vergessen, was wir verabredet haben? Wir wollen in die Heimat und müssen unser Geld zusammenhalten. Also keine Weiber und kein Besäufnis! Du kannst dir ja einen runterholen, Joshua, wenn ich nicht zusehen muss.«
Am nächsten Tag bummelten sie durch die Straßen von Portsmouth Point und tranken auch am späten Abend noch ein Bier. Aber Adam lotste sie an dem Hotel vorbei, in das Sven eigentlich gehen wollte.
»Du fühlst dich wohl schon wie ein Flaggoffizier, Sven. Im ›George‹ verkehren nur Offiziere von Rang. Ich werde dir noch das ›Star und Garter‹ zeigen, für das du auch noch zu wenig Gold auf deinem Rock hast. Für uns gibt es noch genug Kneipen, und billiger sind sie auch.«
Als sie an Bord zurückkehrten, hatten sie viel vom Hafenviertel und wenig von der Stadt gesehen. Aber sie waren wenigstens ihre Nachrichten in die Heimat losgeworden. Eine Sendung bei einem Agenten, derauch die Reederei Bradwick in Philadelphia vertrat, und eine Sendung bei der königlichen Post. Nun würde man daheim endlich wissen, was ihnen widerfahren war.
Am nächsten Morgen rief ein Maat nach Ben Larsberg. Sven meldete sich. »Pünktlich um vier Glasen der Vormittagswache in der Hafenadmiralität beim Master des Flaggschiffs melden!«
Sven fragte zurück: »Wie heißt der Master denn?«
»Roderick Anson, ein kleines, schmales Kerlchen, aber scharf wie ein Rasiermesser.«
Der Master des Flaggschiffs, zu dem ein Schreiber Sven geführt hatte, war in der Tat außergewöhnlich klein und dünn. Aber er antwortete freundlich auf Svens Meldung. »Mr Berger hat lobend über Sie gesprochen. Ich gebe was auf sein Urteil, denn er hat bei mir gelernt und sich zu einem guten Navigator weitergebildet.«
Auf dem Tisch standen verschiedene nautische Geräte und einige Logbücher. Mr Anson gab Sven ein Blatt Papier, auf dem einige Kurse verzeichnet
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