Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
wesentlich bei. Mr McGull widersprach allem, was sonst über Schiffsärzte gesagtwurde. Er trank allenfalls in Gesellschaft ein Glas Alkohol, untersuchte die Seeleute sorgfältig und half ihnen mit Medikamenten oder Freistellungen, wenn sie durch Krankheit auffielen. Er war auch sehr erfolgreich, wenn er Leuten riet, bestimmte Speisen zu meiden oder bestimmte Gewohnheiten aufzugeben. Für Kranke und Verletzte war er jederzeit da. Und wenn er nicht gebraucht wurde, studierte er die Natur und machte Notizen. An fremden Küsten sammle er immer Pflanzen und presse und trockne sie, erzählten die Männer der alten Besatzung.
John Allen, der ja eigentlich ein Master zweiter Klasse war, da der Commander selbst noch den Titel »Master« trug, verfügte nicht über die Kompetenz eines Richard Berger, aber er war ein ruhiger, solider Navigator, der Sven oft nach seiner Meinung fragte und gern Rat annahm.
Die Arroganz an Bord repräsentierte Mr William, Zweiter Leutnant der Seesoldaten. Er war jung und ohne Kampferfahrung. Da seine Überheblichkeit an den anderen Offizieren abprallte, konzentrierte er sie auf seinen Sergeanten, seinen Korporal und die 25 Seesoldaten. Er kommandierte sie mit seiner hohen, näselnden Stimme unaufhörlich an Deck herum und ließ Paradegriffe üben, bis der Commander ihm auftrug, er möge den Sergeanten mit den Leuten Bajonettkampf üben lassen und morgen wolle er Scharfschießen beobachten.
Es war für Sven überraschend, dass Mr Norman, nun selbst Kommandant, viel weniger Wert auf Drill legte als auf der Zeus. Jetzt setzte er oft Schießen auf die Scheibe an. Als er Adam gegenüber seine Verwunderung äußerte, belehrte ihn dieser, dass die Admiralität dafür sehr wenig Pulver zur Verfügung stelle. Der Kommandant müsse das aus eigener Tasche bezahlen, und Mr Egg sei darin sehr sparsam gewesen, habe er vom damaligen Zahlmeister gehört.
Bei den Schießübungen erwies sich Joshua als wahrer Meisterschütze. Die lange Sechspfünderkanone wog etwa zwanzig Zentner, aber Joshua mit seiner Riesenkraft trieb mit wenigen Hieben die Keile so unter und neben das Kanonenrohr, dass er das Ziel genau im Visier hatte und auch traf.
Svens Gefechtsposition war auf dem Achterdeck, wo auf der Eagle acht Drehbassen verfügbar waren, jene kurzen, kleinen Steckkanönchen, die etwa ein Pfund schwere Kugeln oder Kartätschen abfeuern konnten.Sie lagen Sven wenig. Er hatte schon auf der Victoria seine Liebe zur Rifle entdeckt, jenem langen Gewehr, das auch sein Vater immer bei sich getragen hatte. Auf der Zeus und der Eagle waren nur die kürzeren Musketen vorhanden, aber auch mit ihnen erwies sich Sven als Meisterschütze. Als Mr Norman das bemerkte, löste er ihn an der Drehbasse ab und wies ihm den Posten eines Scharfschützen auf dem Achterdeck zu.
Im Kanal begegneten ihnen häufig Schiffe. In der Biskaya trafen sie nur hin und wieder ein Segel, und vor der spanischen Küste sahen meist nur Fischerboote, wie die Mannschaften der Eagle an Segeln und Kanonen gedrillt wurden.
Alte Matrosen bestätigten Sven, dass die Eagle über eine außergewöhnlich gut geführte und kompetente Crew verfüge. Als sie am Sonntagnachmittag Freizeit hatten und sich an Deck im milden Sonnenschein unterhielten, sprach Sven mit seinen Kameraden darüber, wie seine Wut auf die Briten sich verändert habe.
»Ich habe vor allem ihre Offiziere anfangs nur als arrogante Schnösel gesehen, aber jetzt merke ich, dass sie in ihrer Mehrheit kompetente Seeleute sind, zwar streng, aber gerecht.«
Adam bestätigte: »Wir hatten auch Glück, Ben. Früher war ich mal auf einer richtigen schwimmenden Hölle, auf der sich die Sadisten austobten. Aber gegen die Zeus und noch mehr die Eagle kann niemand etwas sagen. Nun ja, die Heuer könnte besser sein.«
Karl schaute sie verwundert an. »Sagt mal: Spinnt ihr? Seid ihr Briten oder Kolonisten? Wisst ihr nicht mehr, dass wir in die Heimat wollen? Ihr quatscht, als ob die britische Flotte eure Heimat wäre.«
Sven legte den Finger auf den Mund. »Sei leiser, Kurt. Wir haben unser Ziel nicht vergessen. Aber wir können unsere gegenwärtige Situation auch so sehen, wie sie ist. Wir haben ein gutes Schiff erwischt. Und es geht uns gut!«
Als sich am nächsten Tag ein Unwetter ankündigte, meinte Karl scherzend zu Sven, er habe gestern ihr Glück beschrien. Auch Mr Allen sah Sven sorgenvoll an. »Da kommt einiges auf uns zu. Welche Windrichtung erwarten Sie?«
»Erst Nord, dann dreht er auf
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