Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
waren.
»An einer Stelle sind hier auch Längen- und Breitengrad vermerkt, Mr Larsberg. Schauen Sie sich alles in Ruhe an. Dann sagen Sie mir, wo das Schiff segelt und was möglicherweise zu diesen Kursänderungen geführt hat.«
Sven hatte Glück bei dieser ersten Frage. Die Position kannte er. Der Ort lag zwischen Jamaika und Swan Island. Aber warum war erst ein Kurs Ost-Süd-Ost vermerkt, dann West-Süd-West und dann strikt Süd-Ost? Plötzlich fiel ihm eine nahe liegende Erklärung ein.
»Das Schiff ist zunächst gegen einen östlichen Wind angekreuzt und wollte anscheinend die Meerenge zwischen Swan Island und Grand Cayman passieren, Sir. Dann könnte es voraus eine mögliche Gefahr, einen Piraten, bemerkt haben und vor dem Wind zurück nach Jamaika geflohen sein.«
Mr Anson sah ihn ohne erkennbare Zeichen der Zustimmung oder Ablehnung an und sagte: »Sie kennen das Seegebiet. Ihre Interpretation trifft zu. Ich hätte sagen müssen, dass die Aufzeichnung aus demletzten Krieg stammt und dass das Schiff vor einem französischen Kaper floh. Meine nächste Frage lautet: ›Welche Vor- und Nachteile hat eine Seekarte in der Mercator-Projektion?‹«
Sven musste überlegen.
»Der Vorteil ist, dass die Längengrade parallel eingetragen sind. Dadurch können wir den Kurs zwischen zwei Orten als gerade Linie eintragen und leichter bestimmen.« Sven stockte.
»Und der Nachteil?«, mahnte Mr Anson.
»Da die Erde eine Kugel ist, werden durch die Parallelisierung die Maßstäbe verzerrt, je näher wir den Polen kommen. Das müssen wir bei Entfernungsberechnungen korrigieren.«
Mr Anson nickte. »Sehr gut, Mr Larsberg! Nun beschreiben Sie mir doch einmal, was Sie tun, wenn Sie mit Sturmfock in einem schweren Sturm vor dem Wind laufen und ihr Heck ausbricht!«
»Ich lasse eine dicke Trosse etwa fünfzig Meter nach achteraus, Sir. Dadurch brechen sich die Wellen früher. Und das Schiff hält besser Kurs.«
Mr Anson schien zufrieden. Er formulierte gar keine Fragen mehr, sondern unterhielt sich mit Sven noch ein Weilchen, was man auf See so erlebe und wie man das Beste für das Schiff herausholen könne. Sven verging die Zeit wie im Fluge. Er war sehr überrascht, als ihm Mr Anson zur bestandenen Prüfung gratulierte und ihn aufforderte, seinen Namen und Geburtstag beim Schreiber anzugeben, damit die Urkunde ausgestellt werden könne.
Als Sven die Hafenadmiralität verließ, wartete Mr Berger auf ihn. »Ich hatte erfahren, dass Sie heute Prüfung haben. Da wollte ich Ihnen als Erster gratulieren, Mr Larsberg.«
»Danke, Sir. Aber ich hätte doch durchfallen können.«
Mr Berger lächelte ihn nur an und schüttelte den Kopf.
»Kommen Sie«, sagte der Master dann. »Gehen wir noch ein paar Schritte. Ich habe einige Neuigkeiten.«
Er erzählte David, dass die Zeus nach der Reparatur wahrscheinlich nach Ostindien segle. Das sei ein Auftrag, der im Allgemeinen drei Jahre dauere. Aber Mr Norman, der Erste, sei zum Commander befördert worden und übernehme eine Sloop, die nach Westindien segle. Er brauche noch Mannschaften.
»Sie und Ihre Kameraden, Mr Larsberg, müssen nun überlegen, was Sie lieber wollen. Drei Jahre der Zauber Indiens oder die Karibik mit der Nähe zur Heimat. Wie Ihre Entscheidung auch ausfällt, ich werde sie respektieren und Ihnen immer alles Gute wünschen.«
Sven berichtete seinen Kameraden die Neuigkeiten. Darüber trat die Freude über seine bestandene Prüfung ein wenig zurück.
Für Adam war die Sache ganz klar. »Mensch, da melden wir uns doch für die Karibik. Da sind wir dann schnell zu Hause.«
Karl war sich nicht so sicher. »Indien soll aber wunderschön sein. Und viele sind dort steinreich geworden.«
Sven schüttelte den Kopf. »Aber wohl kaum als Seeleute vor dem Mast, Kurt. Wir wollen doch wieder in unsere Heimat.«
Karl ließ sich überzeugen und wollte sich mit ihnen melden, wenn Mr Norman nach Freiwilligen fragte. Aber zunächst einmal, so entschieden sie ebenfalls, musste Sven ein Glas zur bestandenen Prüfung spendieren.
»Sparsamkeit hin, Sparsamkeit her«, betonte Adam. »Wenn eine Prüfung nicht begossen wird, bringt sie kein Glück.«
Da es bei einem Glas geblieben war, störte es die Freunde nicht, dass die Besatzung der Quartierhulk früh am Morgen an Deck gepfiffen wurde. Sie waren auch nicht erstaunt, als sie Mr Norman neben dem Kommandanten auf dem Achterdeck stehen sahen. Mr Norman trug die Uniform eines Masters und Commanders mit blauen Revers und
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