Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
geschlichen und sich wieder mit den Batterien auf Carpenters Island herumgeschossen. Sie hatten zwei oder drei Kanonen ausgeschaltet, waren aber eigentlich froh, dass zwischen Mud und Hog Island eine britische Kanonenbrigg auftauchte. Nun konnten sie sich einem Ziel zuwenden, bei dem sie mehr Chancen hatten.
Sven nahm die Sprechtrompete: »Kapitän Merkes, rudern Sie bitte mit Congress und Effingham um die Westseite von Hog Island herum und greifen Sie die Brigg stromaufwärts an. Wir kommen von der anderen Seite.«
Kapitän Merkes bestätigte durch Handzeichen und gab seinerseits Befehle an die beiden anderen Galeeren, ihm zu folgen. Die anderen schossen sich noch eine halbe Stunde mit den Küstenbatterien herum und nahmen dann Kurs auf die Brigg.
Die britische Brigg hatte mit ihren Kanonen die flussabwärts gelegene Batterie von Fort Mifflin beschossen. Aber auf einmal änderte sie die Position und wandte ihre Breitseite dem Delaware zu.
»Sie haben die Galeeren von Kapitän Merkes eher gesehen als unsere«, bemerkte Sven. Svens Galeeren hatten nun das Heck der Brigantine als Ziel. Das war schwieriger zu treffen, aber jeder Treffer würde vom Heck zum Bug durch das ganze Schiff rasen.
Als Svens Galeere den ersten Schuss feuerte, wurde er mit einem Schlag an die Flucht seiner Familie erinnert. Der Schuss schlug zehnMeter zu weit backbord ein. Es war eben nicht der Scharfschütze Joshua an Bord, sondern ein durchschnittlicher Richtkanonier. Wo mochte Joshua mit Sabrina und den Kindern sein? Ob sie sicher durchgekommen waren?
Eine Wassersäule überschüttete Svens Galeere und riss ihn in die Wirklichkeit zurück. Eine britische Strandbatterie schoss sich auf sie ein. Sie ruderten ein Dutzend Meter nach vorn, und nun traf einer ihrer Schüsse das Heck der Brigantine.
Sven ballte triumphierend die Faust und sah dann ungläubig, dass die Brigantine mehr Segel setzte und Kurs auf die Mündung des Mingo Creek nahm. »Verdammt! Die wollen sich in Sicherheit bringen«, fluchte Sven. »Hinterher! Schießt!«
Ein Krachen mittschiffs belehrte ihn, dass auch die anderen schossen. Eine feindliche Kugel hatte knapp ihr Dollbord gestreift und zwei Ruderer mit Holzsplittern im Oberkörper blutüberströmt zusammensinken lassen.
Sie ruderten voran und kamen in das Feuer der nächsten Batterie. Eine ihrer Galeeren war kampfunfähig geschossen und ruderte verzweifelt zurück. Die anderen schossen und trafen die Brigantine breitseits. Die Brigantine lief mit ihrem Bug auf einem Ufer des Mingo Creek auf und bekam Schlagseite. Dadurch konnte sie ihre Kanonen nicht mehr einsetzen.
»Jetzt schießen wir sie zusammen!«, rief einer der Marinesoldaten. Sven dachte eine Sekunde wie er. Aber dann sah er die Realität. Er führte seine Galeeren immer näher an die britischen Uferbatterien heran. Sie waren für die Zweiunddreißigpfünder dann ein leichtes Ziel. Und die Brigantine war ja bereits außer Gefecht.
»Signal: Rückzug!«, befahl er. Er musste seine Galeeren für den Kampf um Fort Mercer bewahren. Mifflin war so oder so verloren.
Kommodore Hazelwood bestätigte seine Befürchtungen. »Kein Wall ist intakt. Nur zwei Achtpfünder sind feuerbereit, die Blockhäuser zerstört. Wir müssen das Fort morgen aufgeben. Bringen sie die beschädigten Galeeren sofort zur Werft am Timber Creek zur Reparatur.«
Aber dann kam der Regen. Es schüttete vom Himmel. Keine Kanonekonnte mehr schießen. Alle Gräben um die Forts liefen über vor Wasser. Die Wälle feuchteten durch. Die Innenanlagen versanken buchstäblich. Sven machte sich Sorgen. Wo mochte seine Familie festliegen? Aber dann wurde er wieder zuversichtlich. Sie waren ja weitab im Westen. Der Regen kam von Osten, von der See. Heute war ihr letzter Reisetag. Sie würden in das neue Haus kommen, bevor der Wolkenbruch einsetzte.
»Das ist das Haus«, sagte der Mann zu Sabrina. Die schaute auf und sah ein zweistöckiges Haus, das in der Mitte durch eine hervorstehende Mauer geteilt war. Ein Doppelhaus.
»In welcher Hälfte wohnen wir?«, fragte Sabrina.
»In der rechten, Mrs Larsson. Die Durchfahrt an der Seite führt zu Hofgebäuden und einem Stall mit Unterstand für die Kutsche.«
Sabrina mochte das Haus nicht. Aneinandergebaut mit einem anderen Haus! So hatte sie noch nie gewohnt. Und die Steine, aus denen das Haus gebaut war, hatten eine Tönung, die ihr nicht gefiel. Warte ab!, sagte sie sich. Du bist abgespannt und müde. Lebe dich doch erst einmal
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