Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
mehr als zehn Meter entfernt ein, und die meisten der dreizehn Achtzehnpfünder trafen und zerschmetterten das Ziel.
»Die wollen sich wohl vor den Damen als Scharfschützen präsentieren, Mr Harvy«, bemerkte Sven gut gelaunt und lobte die Kanoniere.
Mr Harvy sagte leise zu Sven: »Haben Sie bemerkt, Sir, dass sich zwei unserer Midshipmen ihre guten Jacken angezogen haben, nachdem sie die Tochter des Barons gesehen haben? Ein hübsches Mädchen übrigens.«
Sven lachte. Nein, das war ihm nicht aufgefallen. »Dann werden sie ja hoffentlich ihr Französisch verbessern. Ich muss mich auch sehr anstrengen.«
Die Backbordkanonen schnitten nicht schlechter ab, als das neue Ziel ausgebracht war. Die Stimmung beim Mittagessen war entsprechend gut. Überall wurde über die neuen Gäste gesprochen, und Martin fragte bei Sven an, ob es ihm genehm sei, dass der Baron und seine Familie das Abendessen mit ihm und Mr Harvy einnehmen werde.
Sven war es sehr recht, denn er war auch neugierig auf seine Gäste, die er ja als Verbündete ansehen musste, und er besprach mit Martin, welche Weine er dem Baron für das Servieren anbieten solle.
Schon am Nachmittag wurde die Neugier ein wenig befriedigt, als der Baron mit seiner Familie an Deck erschien und fragte, ob sie ein wenig frische Luft schnappen könnten, ohne den Dienst zu behindern.
Die Matrosen schmulten neugierig, bemüht, den Maaten keinen Grund zum Tadel zu geben. Der Schiffsarzt ließ sich auch an Deck sehen und hatte sein gutes Jackett an. Die Midshipmen freuten sich, als der Sohn und die Tochter des Barons zu ihnen traten, und Sven und seine Offiziere lernten den Baron und seine Frau als sehr natürliche und angenehme Reisegefährten kennen.
Der Baron reiste nach dem überraschenden Tod seines unverheiratetenälteren Bruders heim, um die väterlichen Geschäfte zu übernehmen. Er hatte vier Jahre auf Martinique die Besitzungen der Familie verwaltet und sich mit den Seinen dort sehr wohl gefühlt. Als er sah, wie seine Kinder sich angeregt mit den Midshipmen unterhielten, bot er Sven an, dass sein Hauslehrer doch alle gemeinsam in französischer Literatur unterrichten könne. Das sei doch ein wenig Abwechslung für die jungen Leute. Sven war sehr einverstanden.
Die Baronin schien viel Sympathie für die Rebellion der Kolonien zu haben, und im Verlauf des Gesprächs stellte sich heraus, dass sie geborene Schweizerin war. Einer ihrer Brüder kämpfte als Freiwilliger in der Armee Washingtons.
Sven und Mr Harvy lernten den Baron und seine Frau beim Abendessen noch etwas näher kennen. Sie unterhielten sich sehr angeregt und schienen sich gegenseitig sympathisch zu finden.
Der Morgen begann mit einer Überraschung. Der Melder bummerte an die Tür der Kartenkammer und rief: »Meldung des wachhabende Offiziers: Kanonendonner in Richtung Ost!«
Sven sprang aus seiner Liege, streifte Hose und Jacke über und eilte zum Achterdeck. Es war um sie herum noch dunkle Nacht. Nur im Osten, wo Kanonen grollten, sahen sie die Dämmerung.
»Die müssen in der frühen Dämmerung unvermutet aufeinandergestoßen sein, Sir. Vor sechs Minuten fingen sie an zu feuern. Ein schwereres Kaliber und ein leichtes«, meldete Leutnant Bergson. Sven griff nach der Sprechtrompete und hielt sie sich ans Ohr.
Nach seiner Schätzung waren das Zwölfpfünder einerseits und Sechs- bis Achtpfünder andererseits, die aufeinander feuerten. Für sein eigenes Schiff sah er in solchen Gegnern keine Gefahr.
»Klarschiff, Mr Bergson. Und lassen Sie Kurs auf das Gefecht nehmen. Doppelter Ausguck! Ich trinke noch Kaffee und ziehe mich richtig an.«
Als Sven wieder an Deck kam, waren alle Kanonen feuerbereit und alleMann auf ihren Positionen. Martin hatte die Gäste unter der Wasserlinie in einen Laderaum gebracht, wo sie im Dunkeln ausharren mussten. Er hatte Rocky bei ihnen gelassen, denn die Kinder mochten ihn. Dann konnten sie sich gegenseitig aufmuntern.
Im Osten war es hell, und sie konnten den Rand der Sonnenscheibe auch schon ahnen.
»Deck! Eine Schebecke und eine Brigg. Die Brigg hat Schäden am Vormast.«
»Was meinen Sie, Mr Harvy?«, fragte Sven.
»Wahrscheinlich ein Berberpirat, Sir. Die Spanier haben zwar auch Schebecken als Fregatten, aber auf wen sollten sie feuern?«
»Ich bin ganz Ihrer Meinung, Mr Harvy. In Kürze werden wir mehr wissen.«
Sie lauschten dem Gefecht. An ein Kriegsschiff glaubte keiner mehr. Die Schussfolge war zu langsam. Aber auf wen schoss der
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