Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
streuten als die großen Traubenkugeln. Sie wurden nur gegen Menschen eingesetzt.
Die Liberty ging bis auf fünfzig Meter heran und feuerte eine Breitseite. Dann legten ihre Kutter ab, und von ihren Masttopps suchten die Scharfschützen das feindliche Deck ab, ob sich noch etwas regte.
Die wenigen Turbanträger, die jetzt noch hinter den Aufbauten hockten und an die Reling kamen, um auf die Kutter mit Musketen zu schießen, wurden von den Scharfschützen der Liberty ausgeschaltet. Aber als ihre Matrosen die Bordwand aufenterten und mit erhobenen Schwertern an Deck sprangen, strömten Piraten aus den Niedergängen und warfen sich ihnen entgegen.
Doch die Amerikaner hatten Blunderbüchsen dabei. Sie schossen auf die Haufen und mähten sie nieder. Leutnant Flinders rief nach den Handgranatenträgern der Seesoldaten. Die zündeten ihre Granatenund warfen sie in die Niedergänge. Wer von den Berbern an Deck überlebt hatte, wurde niedergeschlagen.
An den Niedergängen ließ Leutnant Flinders Matrosen in spanischer und italienischer Sprache rufen, sie sollten an Deck kommen und sich ergeben. Aber niemand kam. Im Gegenteil, sie warfen auch mit Granaten. Die Amerikaner duckten sich hinter Aufbauten und anderen Hindernissen, um sich zu schützen.
Von der Backbordseite des Rumpfes schrien Stimmen: »Hilfe! Wir sind französische Gefangene! Helft uns!«
Mr Flinders schaute über die Reling und sah, wie aus einem großen Einschussloch in der Seite der Schebecke Männer herauskrochen, ins Wasser sprangen und zu den Kuttern der Liberty schwammen.
»Nehmt sie auf!«, rief er, denn die Männer waren unbewaffnet und keine Berber. »Aber Vorsicht!« Und er kommandierte vier Seesoldaten zurück in die Boote.
Kein Pirat kam mehr an Deck der Schebecke. Leutnant Flinders hielt sich aber an Svens Anweisung, keine Leute unter Deck zu schicken, solange dort noch kampfbereite Piraten waren.
»Wir müssen sie ausräuchern. Besorgen Sie uns die Töpfe mit Schwefel und Pfeffer!«
Der Maat holte Töpfe mit Schwefel und Pfeffer. Sie waren mit Öl getränkt und hatten Lunten. »Anzünden!«, befahl Flinders.
Der Maat zündete die Lunte und hielt den Topf, bis sich das Feuer an der Lunte in den Topf hinein gefressen hatte und die furchtbare Mischung zu glimmen begann. Der Maat hatte ein feuchtes Tuch vor Mund und Nase und hielt den Topf am langen Arm. Dann warf er ihn in den Niedergang, wo er hoffentlich in eine Ecke rollte und schwelte, aus der man ihn nicht leicht rausholen und wieder nach oben werfen könnte. Jetzt war die Gefahr vorbei.
Der Maat ging zum nächsten Niedergang und wiederholte die Prozedur. Die Matrosen der Liberty hatten sich an die Reling zurückgezogen, umso wenig wie möglich von der furchtbaren Mischung einzuatmen.
Aber unter Deck hörten sie Husten, Röcheln und Stöhnen. Undnun riefen ihre Bootsbesatzungen an den Seiten der Schebecke und feuerten Gewehre ab.
Die Piraten zwängten sich aus den Einschusslöchern im Rumpf ihres Schiffes und sprangen in die See.
»Ablegen!«, schrie Mr Flinders den Bootsbesatzungen zu. Er und seine Matrosen schossen auf die Schwimmenden. Von der Liberty stieß noch ein Boot ab und hielt auf die Schwimmenden zu. Aber die Seesoldaten in ihm hatten die Bajonette aufgesteckt und hielten die Musketen schussbereit.
In dem Boot rief ein Matrose auf Arabisch: »Waffen weg und den rechten Arm hoch, dann retten wir euch!«
Aber die Piraten stießen sich selbst Messer ins Herz oder schwammen mit erhobenem Messer auf das Boot zu. Die Seesoldaten schossen auf sie oder stachen sie mit Bajonetten tot, wenn sie nah genug waren. Im Hintergrund war noch ein Schwimmer. Er trat im Wasser und hielt beide Hände hoch. »Ich bin Engländer, kein Pirat!«
Der Kutter näherte sich langsam. Sie sahen, dass er ein Junge war. Etwa zwölf oder dreizehn Jahre alt.
»Zieh dich am Seil raus!«, befahl der Maat und hielt ein Tau ins Wasser. »Wenn du nach einer Waffe greifst, bist du tot.«
Der Junge zog sich hoch und stand zitternd im Kutter. Er hatte keine Waffe. »Ich wurde als kleines Kind gefangen und bin seit Jahren auf ihrem Schiff. Ich musste jeden Dreck machen, habe aber nie eine Waffe getragen.«
Der Maat gab ihm eine Decke. »Das kannst du dem Kapitän erzählen.«
Der Kutter fuhr noch einmal um die Schebecke und kehrte zur Liberty zurück. Sie setzten den Jungen ab. Dann mussten sie den Schiffsarzt aufnehmen und zur englischen Kanonenbrigg bringen.
Mr Bergson rief dem Schiffsarzt zu:
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