Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
musste sie sich von ihm trennen. Da waren zwei Schiffe schon fast zu auffällig. Der Beauftragte des Kongresses hatte ihm gesagt, dass zwischen Bristol und Liverpool immer wieder auch recht große Schiffe mit wertvoller Fracht segelten. »Stellen Sie sich vor, Mr Larsson, sie könnten ein Salpeterschiff kapern. General Washington würde Sie abküssen.«
Darauf kann ich verzichten, dachte Sven, aber Salpeter wäre für die Kolonien wichtiger als Gold. Das brauchten sie, um Pulver herzustellen. Aber die Passage durch den Nord-Kanal wäre zu umständlich und risikoreich. Eine Flaute und er wäre eine Beute der vielen Ruderboote von der nahen Küste.
Sollte er versuchen, die Flotte d’Estaings zu treffen, die vor Kurzem in Toulon nach Amerika abgesegelt war? Seine Kontakte zur französischen Flotte waren in Bordeaux sehr spärlich gewesen. Ob adlige Befehlshaber da Bedenken gegen die Rebellen hätten?
Er entschied sich, dass er ein Treffen mit der französischen Flotte dem Zufall überlassen wolle. Nur wenn er Prisen in den Schutz des großen Konvois geben könnte, wäre es für ihn ein Vorteil. In zehn Tagen würde er segeln. Wenn die Kaperbrigg noch nicht so weit war, musste sie allein segeln. Zwei seiner Prisen waren schon verkauft. Ein großer Teil der Ladung ebenfalls. Deswegen konnte er nicht länger warten.
Seine Gedanken schweiften ab. Ob Philadelphia noch besetzt war, wenn er heimkam? Wie wird es seiner Familie ergangen sein?
Und dann fiel ihm ein, dass seine Brigg Philadelphia keinen Schiffsarzthatte. Er musste ihr den erfahrensten Sanitätsmaat geben, den sie hatten. Und Mr Bader müsste von Zeit zu Zeit übersetzen und die Leute verarzten.
Sven zuckte zusammen, denn die feuchte Hundeschnauze hatte seine Hand berührt, ohne dass er Rockys Kommen bemerkt hatte. »Na, hast du genug getobt?«, fragte er, und Rocky drückte sich an ihn. Da kam auch schon die Kutsche. Es war schön, einmal ohne den ganzen Schiffsbetrieb gewesen zu sein.
»Sie werden ja nicht ohne uns abgesegelt sein, Sam?«, scherzte er.
»Das schaffen die gar nicht, Sir!«
Für einige der Matrosen war der erste Ausgang schon der letzte. Sie hatten so randaliert, dass französische Soldaten sie am nächsten Morgen aufs Schiff brachten. Einer sollte das halbe Bordell zertrümmert haben.
»Vor der Abreise kommst du nicht mehr von Bord, du dämlicher Kerl!«, schimpfte Leutnant Flinders mit dem blonden Riesen.
»Macht nichts, Sir. Drei hatte ich schon gevögelt und ab der vierten fällt es mir schon ein wenig schwerer jetzt.«
Flinders sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Geh daheim bloß nicht zu dicht am Kuhstall vorbei, Mann!«
»Warum nicht, Sir?«
»Weil sie dich als Zuchtbullen verpflichten würden.«
»Au, da dürfte ich ja immer, Sir.«
»Hau bloß ab, Kerl!«
Sven trieb ihnen den Ausgang aus dem Köpfen, indem er Kanonendrill ansetzte. Am Nachmittag ging es die Gironde abwärts. Dann wurden am Ufer Scheiben aufgestellt und mit den Musketen Scharfschießen geübt. Joshua durfte noch nicht mitschießen, und so wurde ein Maat vom Besanmast Schützenkönig.
Sie segelten für die Nacht nicht nach Bordeaux zurück, sondern starteten am nächsten Morgen schon früh zur Mündung und übtenvor der Küste Scharfschießen mit allen Kanonen. Ihr Kutter schleppte die Scheibe zuerst an den liegenden Schiffen vorbei. Aber er kam nicht mehr als an vier Kanonen der Liberty vorbei. Dann war die Scheibe schon zerschossen.
Bei der Brigg Philadelphia schossen sie öfter daneben. Aber Mr Harvy stampfte so wütend hinter den Kanonen entlang, dass sie bald mit der Liberty gleichzogen. Dann wurden die Scheiben im Meer verankert, und die Schiffe segelten vorbei. Nach drei Vorbeiläufen war Sven zufrieden.
»Es ist eben doch alles trainiertes Personal. Die finden sich schnell zusammen«, sagte er zu Leutnant Johnson.
»In spätestens einer Woche laufen wir aus«, sagte Sven zu Joshua. »Erzählen Sie mir von der Beobachtung der Briten.«
»An Bord verhalten sie sich sehr unauffällig, Sir. Sie gliedern sich in die neuen Backschaften ein und haben untereinander nicht mehr Kontakt, als man es bei alten Fahrensleuten erwarten kann. Beim Ausgang sind sie einzeln gegangen, haben sich aber bei der Ex- und Importfirma Mitteraux getroffen. Der Chef war noch da und hat sie selbst reingelassen. Sie blieben eine halbe Stunde, haben aber nichts rausgebracht.«
»Habt ihr sonst was bei ihnen gefunden?«
»Nein, Sir. Sie haben ja
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