Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
Klarschiff aufheben zu können und normalen Dienst aufzunehmen. Philadelphia und die französische Brigg folgen in Kiellinie. Sonst kein Segel in Sicht. Fahrt: acht Knoten. Kurs: Nord-West, Sir.«
»Danke, Mr Flinders. Lassen Sie Klarschiff aufheben, aber den verstärkten Ausguck wollen wir beibehalten. Wie segeln die Franzosen?«
»Gut, Sir. Jedes Manöver exakt. Abstände korrekt.«
»Signalisieren Sie bitte auch den anderen: Übergang zu normalem Dienst, aber verstärkter Ausguck.«
In der Nacht ging Sven öfter an Deck, nahm Rocky mit und ließ ihn horchen und schnuppern. Aber weder ihm noch den Ausgucken mit der guten Nachtsicht fiel etwas auf. An einer Laterne mit kleinem gebündeltem Lichtstrahl konnte Sven sehen, dass die Philadelphia in ihrem Kielwasser folgte.
Es war wunderbar, wieder auf See zu sein. Die Sterne leuchteten noch einmal so klar und hell. Die Luft war klar und erfrischend. Die Geräusche waren vertraut und beruhigend. Die See schimmerte wie Edelstein im Sternenlicht. Sven musste über sich selbst lächeln. Er war glücklich, wieder auf See zu sein, und sehnte andererseits doch das Ende der Reise und das Wiedersehen mit der Familie herbei. Hoffentlich waren sie alle gesund.
Sie hatten Brest passiert und sich von der französischen Kaperbrigg getrennt. Sie hatten die Scilly-Inseln an Steuerbord liegen lassen und steuerten mit Nordkurs in den St.-Georgs-Kanal hinein. Es waren erstaunlich ereignislose Tage gewesen.
»Ich denke, das ist eines der befahrensten Seegebiete der Welt«, sagte Tom Potter zu seinem Freund Frank Waller. »Und wir sichten schon den dritten Tag kein Segel.«
»Umso ungestörter konnten wir üben, Tom. Mein Entertrupp ist jetzt richtig auf Zack. Jeder kennt nun die Stärken und Schwächendes anderen. Und unser Bootsmann, dieser Kraftprotz, ist auch wieder ohne Verband und kann seine Kanone wieder herumwuchten wie früher. Wir sind stärker als vor drei Tagen.«
»Das hilft auch nicht viel, wenn wir es nicht beweisen können«, maulte Tom und blickte sehnsüchtig zum Ausguck am Fockmast hinauf. Der hielt sich die Hand vor die Augen und brüllte dann: »Deck! Segel vier Meilen steuerbord voraus!«
»Siehst du«, murmelte Tom. »Man muss nur meckern.«
Frank hörte gar nicht hin, denn er ahnte schon, was nun kam. Der wachhabende Leutnant rief auch gleich: »Mr Waller, nehmen Sie sich das Teleskop und entern Sie auf!«
Frank bestätigte und sauste die Wanten hinauf. Er ließ sich vom Ausgucker zeigen, wo er das Segel gesichtet hatte. »Dat is keen großer Kahn, Mr Waller. Man nur so’n kleener Küstenrutscher.«
Frank atmete tief ein und aus und dachte, dass das wohl seinen Eifer nicht lohne. Aber dann stellte er das Teleskop ein und suchte. Dort war das Segel. Ein einzelner Mast. Breiter Rumpf. Das war ein typischer Kohlefrachter. Er sagte es dem Ausgucker, schob das Teleskop zusammen und stieg ab.
Der Wachhabende schickte ihn zum Kapitän.
Sven hörte sich die Meldung an und fragte: »Sind Sie sicher?«
»Ja, Sir.«
»Was sollten wir Ihrer Meinung nach tun, Mr Waller? Wir können den Kahn doch nicht mit nach Amerika nehmen.«
»Wir könnten ihn versenken, Sir.«
»Wägen Sie die Vor- und Nachteile ab, Mr Waller!«
»Vorteil wäre, wir würden dem Feind schaden, Sir. Nachteil wäre, der Feind wäre gewarnt, denn wir könnten die Mannschaft ja kaum unterbringen und müssten sie an der Küste anlanden, Sir.«
»Wie würden Sie an meiner Stelle entscheiden, Mr Waller.«
»Den Kohlefrachter ignorieren, Sir.«
»Das werde ich auch tun, Mr Waller. Wenn hier eine einsame Küste wäre, wo ich sicher sein könnte, dass die Mannschaft zwei Tage niemanden warnen kann, würde ich ihn versenken, aber so ... Sagen Sie dem Rudergänger, er soll zwei Strich mehr Backbord steuern.«Sie sichteten am Tag nur noch Fischerboote und kürzten die Segel zur Nacht. Sven ging oft mit Rocky an Deck und ließ horchen. Einmal rettete Rocky sie davor, ein Fischerboot zu rammen. Als sich wieder einmal seine Nackenhaare sträubten und er wütend knurrte, entdeckte Sven mit seinem Nachtglas ein größeres Schiff.
Als sie näher kamen, bemerkten sie einen sonderbaren Geruch und dumpfe Geräusche. »Die transportieren lebende Tiere, Sir. Da blöken Rinder, Sir, und es stinkt nach Kuhmist«, bemerkte Leutnant Flinders.
»Stimmt!«, bestätigte Sven. »Weichen wir dem Kahn aus. Ich will dem Gegner schaden, aber nicht, indem ich Rinder ertränke.«
Rocky war nicht zufrieden damit
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