Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
war keine schwere Aufgabe. Das Rohr sollte waagerecht liegen und gerade nach vorne zeigen. Mit ein paar Handkeilen war das zu schaffen.
»Mündung frei!« Der hölzerne Mündungspfropfen wurde aus dem Rohr gelöst.
»Geschütz ausrennen!« Die Kanoniere griffen die Seile und ließen die schwere Kanone die leicht abfallende Bahn hinunter bis zum Abschusspunkt, an dem die Rollen durch Balken gebremst wurden.
Bei diesem Manöver konnte man schon sehen, ob die Mannschaften eingespielt waren. Die einen ließen die Seile auf beiden Seiten im gleichen Takt zügig nach. Andere brachten die Kanone kaum zum Rollen, und bei anderen wieder rollten linke und rechte Räder in verschiedenem Tempo.
Auf Svens künftiger Galeere lief es auch sehr schlecht. Sven bemerkte, dass Joshua sich mit Kommentaren sehr zurückhielt und nur eingriff, wenn Gefahr drohte.
»Ladung scharf machen!« Die Ausführung dieses Befehls konnte nur simuliert werden, denn die Kanonen waren ja nicht geladen. Der Geschützführer musste so tun, als ob er die Kartusche mit dem Zündlochbohrer ansteche und das Zündloch mit Pulver auffülle. An einer Kanone stritten sich sogar zwei Mann darum, wer das nun tun solle. Sven war danach, die Hände vor Verzweiflung über dem Kopf zusammenzuschlagen, da lenkte ihn einer der Leutnants ab, die er damals ausgebildet hatte. »Sehen Sie nur, draußen auf dem Fluss, Sir!«
Sven blickte über die Boote hinweg zum Fluss und sah, dass zwei Galeeren bei einer Wendung zusammengestoßen waren. »Die wollen sich besonders dämlich anstellen, Sir, damit Sie das Kommando ablehnen. Sie gelten als scharfer Antreiber«, flüstere ihm der Leutnant leise ins Ohr.
Sven nickte und trat einen Schritt zur Seite. So war das also! Das würde denen nicht gelingen.
»Ziel auffassen!« Bei diesem Befehl musste der Geschützführer über das Kanonenrohr das Ziel anpeilen und den Kanonieren mit Handbewegungen anzeigen, ob die Höheneinstellung und/oder die Seitenrichtung noch verändert werden musste.
Einige Geschützführer gaben Zeichen, als ob die Mündung des Kanonenrohrs in den Fluss gesenkt werden müsse. Andere bewegten die Hände, als solle das Rohr umgedreht werden. Es war ein Chaos.
Sven trat einige Schritte zurück und rief laut: »Einstellen!«
Als die Männer verwundert ihre konfusen Bewegungen einstellten und zu ihm schauten, sagte er: »Meine Herren Offiziere, Maate und Besatzungen! Ich habe verstanden. Sie wollen mir zeigen, dass ich es mit Anfängern zu tun habe. Da der Feind uns unmittelbar gegenübersteht und gut ausgerüstet und trainiert ist, hätten Anfänger keine Chancen. Haben Sie Ihre Heuer umsonst bekommen, oder wollen Sie sich vor dem Kampf drücken? Ich kann Sie alle vom Kriegsgericht vernehmen lassen. Wenn dann jeder einzeln unter Eid aussagen muss, dann lässt sich eine Verabredung zur Meuterei nicht verbergen. Einige reden immer. Welche Strafen auf Meuterei stehen, brauche ich nicht zu sagen. Ich gebe jetzt noch einmal Befehle. Wer meutern will, befolgt sie nicht und tritt auf den Steg. Wer seine Pflicht erfüllen will, befolgt die Befehle wie ein anständiger Kanonier.«
Sven wartete kurze Zeit. Er bemerkte, wie die Besatzungen sich untereinander ansahen und zu ihrem Kapitän blickten. Dann rief er: »Achtung: Ziel auffassen!«
Noch einmal peilten die Richtkanoniere das Ziel an und gaben die Handbewegungen, um die Rohre auszurichten. Aber diesmal waren es sinnvolle Handbewegungen, die von den Kanonieren prompt befolgt wurden.
Dann gab er das Kommando: »Feuer!« Die Geschützführer taten so, als ob sie die Lunte zum Zündloch führten. Sven achtete darauf, ob Kanoniere so hinter der Kanone standen, dass das zurückrollende Geschütz sie umreißen musste. Aber wo das der Fall war, hörte er die Kapitäne schon die Fehler korrigieren.
»Reinigen und auswischen!«
Jetzt waren mehrere Kanoniere beschäftigt. Der »Wurm«, jene Stange mit den Eisenspiralen am vorderen Ende, wurde eingeführt, um durch Drehen und Schaben Pulverrückstände zu lösen. Dann kam der Wischer, eine Holzstange mit einem feuchten Wischer vorn, der Glut und die Rückstände entfernte.
»Kartusche laden!«
Nun imitierten sie, dass die Kartusche dem Ladekanonier zugereicht würde, der so tat, als ob er sie von vorn ins Rohr schiebe. Mitdem »Rammer«, einer Holzstange mit einer Scheibe vorn, wurde die Kartusche ins Rohr gestoßen. Ein Pfropf aus Filz wurde danach hineingerammt.
»Kugel laden!«
Jetzt ahmten die Besatzungen den
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