Sven Larsson Bd. 4 - Auf zu neuen Horizonten: Roman
bestand sogar darauf, dem Sturm auf Deck zuzusehen.
»Hast du den Verstand verloren?«, fragte Sabrina ärgerlich. »Jeder, der an Deck nicht festgebunden ist und sich nicht mit Stürmen auskennt, wird über Bord gerissen und ist verloren. Wir geraten alle in Lebensgefahr, und ihr freut euch darauf? Betet, dass uns Gott behüten möge.« Sie wandte sich ärgerlich ab.
Sven schüttelte den Kopf. »Ihr seid wirklich dumm, eure liebe Mutter so zu enttäuschen. Sie erinnert sich genau an ihre schlimme Seekrankheit beim letzten Sturm und ihr solltet wissen, dass das kein Kinderspiel ist. So, nun lasst uns eure Sachen betrachten, damit wir sehen, was verschnürt oder so hingelegt werden muss, dass es nicht wegrutschen kann. Und wir müssen auch warme und wasserdichte Sachen rauslegen, falls wir ein Boot besteigen müssen.«
Nun merkte er, wie die Kinder Angst bekamen. »Man darf mit Gefahren nicht leichtfertig umgehen«, mahnte er. »Man muss sich vorbereiten, auch wenn es dann gar nicht so schlimm kommt.«
Aber es kam schlimmer, als es sich die Kinder vorgestellt hatten. Das Barometer fiel auf Tiefen, die sie auf dieser Reise noch nicht erlebt hatten. Die riesengroße dunkle Wolkenwand, in der die Blitze zuckten, kam immer näher. Die Wellen wurden immer höher, und das Schiff wankte und bebte immer stärker.
Rocky war angebunden worden, damit er nicht umhergeschleudert wurde. Er mauzte, aber er hatte schon manchen Sturm erlebt und schien nicht so verängstigt wie Henry, der sich krampfhaft an seine Mutter klammerte. Einar saß bei Rocky und streichelte ihn. Nur Lilian lag auf ihrer Pritsche und hielt sich an den Seiten fest.
»Verdammt! Muss uns dieser Zyklon auch noch in der Nacht erwischen«, fluchte Bootsmann Geston.
»Haben Sie Ihre Männer ermahnt, sich immer anzuschnallen und festzuhalten?«, fragte Mr Wheler.
»So oft, dass sie es nicht mehr hören konnten. Es sind ja auch erfahrene Seeleute. Was vorbereitet werden konnte, ist getan worden. Nun müssen wir nur noch durch.«
Dieses »Durch« dauerte zweieinhalb Tage. Rund sechzig Stunden bog der Sturm ihre Masten, zerriss zwei Sturmsegel und schleuderte Matrosen, die nicht aufpassten, auf das Deck. Wellen donnerten gegen die Aufbauten und rissen fort, was zu locker angeknotet war. Zwei Matrosen wurden über Deck gerissen und nie wieder gesehen. Vier Kanonen mussten neu festgezurrt werden und die Männer, die das taten, mussten sie halb tot unter Deck schleifen.
Elizabeth und Sabrina wischten auf, was die Kinder erbrochen hatten. Dann musste sich auch Elizabeth übergeben und fiel aus. Sabrina konnte es kaum glauben, aber sie hatte keine großen Probleme mit ihrem Magen. Sie war erschöpft und ein wenig ängstlich, aber sie schaffte es, Elizabeth und die Kinder zu versorgen. Das machte sie stolz. Jetzt hatte sie Seebeine!
Sven kam immer wieder zu ihnen, um sich trockene Sachen anzuziehen und ein wenig auszuruhen. Da blieb noch Zeit, dass er sich mit Sabrina fest umfasste. Sie hielt sich wunderbar. Er ging immer gestärkt an Deck.
Und dann wurde das Stampfen und Stoßen langsamer. Sven kam und rief: »Wir haben es bald geschafft. In einer Stunde ist es vorbei. Der Franzose sieht auch unbeschädigt aus. Der Koch steht schon bereit, um wieder Feuer anzuzünden.«
Da merkten auch Sabrina und die Kinder, dass sie nicht nur erschöpft, sondern auch völlig ausgehungert waren. Rocky hatte zwischendurch immer geschlafen und war wohlauf. Auch er schien zu merken, dass alles so gut wie vorbei war.
Sie banden ihn los und er wollte vor Freude an Sven hochspringen. Aber da schwankte das Schiff noch einmal stärker und er fiel auf die Seite. Doch geschickt rollte er sich herum und setzte sich auf die Hinterpfoten. Die rechte Vorderpfote streckte er Sven entgegen. »So ist es richtig, Rocky. Immer vorsichtig!«
Und er griff die Vorderpfote und streichelte den Hund. Die Kinder waren auch aufgestanden, hielten sich aber fest. Sie ließen sich etwas Tee geben. »So ein Sturm ist Mist«, schimpfte Einar. »Da kann ich ja gleich ein Brechmittel nehmen, dann fühle ich mich genauso.«
»Ich habe Hunger!«, jammerte Henry.
»Gleich gibt es etwas zum Essen. Aber wir müssen vorsichtig sein und mit leichtem Grießbrei anfangen«, mahnte Sabrina.
»Diese Kinder!«, seufzte Elizabeth. »Wenn ich nur an Essen denke, wird mir schlecht.«
»Kommt, wir gehen in die andere Kajüte, da könnt ihr aus dem Fenster gucken. Wenn wir so weit sind, dann schicke ich Sam und die
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