Sven Larsson Bd. 4 - Auf zu neuen Horizonten: Roman
gingen schnell davon.
»Die sind wohl überall«, flüsterte er zu Sam und drängte zum Einsteigen.
Sie kamen an einem bevölkerten Einkaufszentrum vorbei und Sven schlug vor, dass Sabrina doch morgen vormittags für Gao angemessene Kleidung kaufen könne. Er erwartete begeisterte Zustimmung, denn Sabrina kaufte für ihr Leben gern ein, für sich, aber auch für andere. Doch sie sagte nur, wenn sie mit all den Wachen in einen Laden ginge, sei der ja voll und jeder Händler wolle sie nur schnell wieder loswerden.
»Aber, Sabrina«, wandte Sven ein. »So dumm sind doch unsere Leute nicht. Da schaut einer unauffällig nach dem Hintereingang. Dort postieren sich dann zwei, die anderen zwei vorn und nur einer begleitet dich. Das ist doch ganz unauffällig. Ihr dürft nur niemandem vorher sagen, wo ihr hinfahrt. Ich bin vormittags geschäftlich unterwegs.«
Sie fuhren jetzt durch einen Teil der »Schwarzen Stadt«, dem Viertel der Eingeborenen. Fast unmittelbar gerieten sie in Armut und Schmutz. Menschen lagen am Straßenrand und sie konnten nicht erraten, ob sie schliefen oder tot waren. Bettler umringten die Kutschen und streckten schreiend ihre Hände aus. Die Kutscher fuhren schneller. Aber dem Gestank konnten sie nicht entkommen. Abfälle und Kot säumten die Straßen. Die Hütten waren aus weggeworfenen Hölzern zusammengebastelt. Die Menschen wirkten verhungert.
Und doch unterhielten auch hier Gaukler und Zauberer die Armen und wollten mit ihren Kunststücken noch Geld aus ihnen herauslocken. Dann änderte sich die Umgebung wieder. Bessere Häuser aus Stein oder solidem Holz wechselten sich mit Geschäften ab, denen allen ein schreiend buntes Aussehen gemeinsam war. »Hier wohnt wohl die Mittelschicht«, meinte Sabrina.
Gao schien das Viertel zu kennen. »Hier wohnen die Handwerker. Dahin sein Mr Rabonsa oft gegangen. Reparieren alles. Richtige Zauberer.«
Dann wurden die Häuser seltener und sie fuhren durch Reisfelder und kamen in einen kleinen Wald. Sven bemerkte, wie Sam aufmerksam den Weg und die Umgebung musterte. Auf ihn war Verlass.
Plötzlich sprangen zwei Männer auf die Straße und schwangen ihre Macheten.
»Wegelagerer!«, schrie der Fremdenführer entsetzt.
Sam feuerte seine Pistole auf die beiden ab. Er traf keinen, hatte wohl aber auch vor allem die Soldaten im dritten Wagen alarmieren wollen. Als die mit ihren Musketen aus der Kutsche sprangen, rannten die Wegelagerer wie scheue Rehe in die Büsche und waren nicht mehr zu sehen.
Sabrina hatte die Hände vor den Mund geschlagen und atmete noch tief. »Wenn wir kommen, passiert immer etwas!«, meinte sie. Das sei hier nicht selten, erklärte der Fremdenführer. Ungewöhnlich sei aber, dass sie sich an drei Kutschen herangetraut hätten.
»Wir sollten hier die Kutsche mit den Soldaten voranfahren lassen«, beschied Sven. Dann knallten die Kutscher mit ihren Peitschen und es ging weiter. Die Inder schienen keineswegs beunruhigt.
Vor einem parkähnlichen Gebiet mit großem Torbogen hielten sie an. »Hier ist ein Tierpark, den ein reicher Kaufmann zu seinem Vergnügen und zum Geldverdienen eingerichtet hat«, erklärte der Fremdenführer. »Wir müssen Eintritt bezahlen.«
Sven ging mit ihm voran und passierte zu seiner Beruhigung zwei bewaffnete Wächter, ehe er zur Kasse kam. Obwohl die vier Soldaten bei den Kutschen blieben, war ein so großer Besucherkreis wohl selten, denn Sven erhielt zehn Prozent Rabatt. »Mein erster Gewinn in Indien«, flüsterte er Sabrina zu.
In dem Park sahen sie keine armen Leute, sondern nur gut gekleidete Inder und Europäer. Die meisten hatten Kinder dabei. Sie liefen jubelnd von Gehege zu Gehege und bestaunten die Tiere.
Auch Svens Kinder hatten ihre Freude. Sie staunten über die beiden riesigen Elefanten, die behaglich in ihrem großen Zwinger standen und grüne Blätter mit dem langen Rüssel von einem Baum zupften. Und dann jubelten sie, als ein kleiner Elefant aus dem Holzstall kam und von seinen Eltern liebevoll mit den Rüsseln betastet wurde. Der kleine Elefant lief auch an das große Eisengitter und beäugte die Zuschauer. Die Kinder wollten ihn durch Zurufe auf sich aufmerksam machen und er streckte auch den Rüssel in ihre Richtung, trollte sich aber bald wieder zu den Eltern.
»Nun kommt man weiter«, mahnte Sabrina. »Nebenan sind Krokodile.«
»Die haben wir ja schon oft vom Boot aus gesehen«, wehrte Henry ab.
»Hier sind wir aber näher dran«, erklärte Lilian und wies ihre Brüder auf
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