Sven Larsson Bd. 4 - Auf zu neuen Horizonten: Roman
hinuntergestapft. »Jetzt verteilt euch und haltet die Augen offen«, wies der Maat sie an. »Ihr wisst, dass der Kapitän am Sonntag zur Inspektion immer hier herunterkraucht. Wenn er dann Dreck findet oder etwas aufspürt, was hier nicht hingehört, dann ziehe ich euch die Ohren lang.«
Die Männer grinsten mäßig beeindruckt und verteilten sich rechts und links der Bilge nach vorn und achtern. In der Bilge, dem tiefsten Teil des Rumpfes, sammelte sich das eingesickerte Wasser, bis es wieder herausgepumpt wurde. Das Bilgenwasser war schmierig und stank. Auf vielen Schiffen versteckten Matrosen heimlich eingeschmuggelte Rumflaschen in dieser Art Wasserkanal. Aber auf der Defence , wo der Kapitän bei jeder Inspektion die Bilge durchsuchte, waren sie davon abgekommen.
Hendrik, ein Vollmatrose, dessen Familie ursprünglich aus Friesland eingewandert war, schwärmte leise zu seinem Nachbarn: »Mann, det war doch klasse Fleisch im Essen, dat wir im Hafen hatten. Nu jeben se uns wieder dat Salzfleisch aus die Fässer. Mir wird janz schlecht, wenn ick nur daran denke.«
»Nu hab dich man nich so. Wir segeln doch zur Chesapeake Bay. Da haben wir doch jenuch Landkontakte«, wies ihn sein Kumpel zurecht.
»Du hast wohl noch nich kapiert, dat der Zahlmeister ein Geizhals ist«, antwortete Hendrik. »Der lässt uns erst det Salzfleisch auffressen.«
Sein Kumpel reagierte nicht auf Hendriks Worte. Er hob ein großes Stück Segeltuch an, unter dem ein kleines Fass lag. »Wat is denn dat? Wat macht denn hier det Fass unter dem alten Tuch?«
Hendrik trat zu ihm. »Lass mal sehen!« Er zog das Segeltuch ganz zur Seite. Das kleine Holzfass, das da stand, sah fast neu aus, trug aber keine Aufschrift. Hendrik klopfte dran. Es schien voll zu sein. Er wollte es hochheben.
»Lass stehen!«, rief sein Kumpel. »Du weeßt doch ja nich, wat da drin ist. Det kann doch ne Höllenmaschine sein.«
»Wat haben dir deine Suffkumpane wieder vorjequatscht. Ne Höllenmaschine? Wat soll denn det sein?«, schimpfte Hendrik.
»Na, mit Pulver und Zündschnur oder Zündschloss, wat weeß ick. Ick ruf lieber den Maat.« Und schon rannte er davon.
Mr Kilbert, der Maat kam eilig, hockte sich neben dem Fass hin, horchte dessen Seiten ab, schnüffelte und rüttelte leicht am Fass. »Es riecht leicht nach Pulver«, stellte er fest. »Hendrik, du läufst sofort zum Wachhabenden und meldest: ›Möglicherweise ein Pulverfass im Unterdeck dicht am Bug entdeckt. Bitten um Hilfe des Feuerwerkers!‹«
Hendrik stammelte sein »Aye, aye!« und rannte davon.
»Und ihr anderen sucht weiter, ob nicht achtern auch was versteckt ist. Los!«, fuhr der Maat fort. Die Matrosen folgten eilig seinem Befehl und schienen sich gern vom Fass zu entfernen.
Sven hörte mit ungläubiger Verwunderung die Meldung des Wachhabenden. »Verdammt!«, knurrte er. »Ist der Feuerwerker informiert, Mr Bergson?«
»Ja, Sir. Er ist schon zum Unterdeck unterwegs.«
»Schicken Sie auch den Sergeanten der Ranger mit zwei Mann hinunter. Ich sehe mir die Sache ebenfalls an.« Sven rief seinen Hund und kletterte schnell den Niedergang hinab. Der Sergeant mit zwei Rangern stapfte hinter ihm her. Die Midshipmen auf dem Achterdeck guckten verwundert.
Tief geduckt ging Sven durch das niedere Unterdeck zum Bug. Dort sah er den Feuerwerker neben dem Fass hocken und es von allen Seiten beklopfen.
»Na, was haben Sie herausgefunden, Mr Winn?«, fragte Sven.
»Das Ding stammt nicht aus unserem Bestand, Sir. Leichter Pulvergeruch ist unverkennbar. Ich kann keine Geräusche hören, Sir. Also wahrscheinlich keine mechanische Zündvorrichtung.«
Sven schüttelte den Kopf. »Aber mit Zündschnur müsste es doch längst explodiert sein, wenn es eine Bombe ist. Wie lange könnte so eine Schnur brennen, Mr Winn?«
»Wir arbeiten mit maximal dreißig Minuten Brennzeit, Sir. Aber ich habe gehört, dass man schon mit Zündschnüren von zwei Stunden experimentiert hat, allerdings in Röhren mit Luftlöchern gelagert.«
Sven überlegte kurz. »Sicherheit geht vor. Maat Kilbert, laufen Sie zum Geschützdeck. Der diensthabende Leutnant soll sofort Kanone sechs zur Seite räumen und die Luke weit öffnen lassen!«
Bevor Kilbert den Befehl bestätigen konnte, rief eine Stimme: »Da ist noch ein Fass am Heck!«
Sven fuhr herum. »Laufen Sie schon, Kilbert.« Dann wandte er sich an die Umstehenden. »Ich brauche zwei Mann für jedes Fass, die es hinauftragen und über Bord werfen. Jeder Mann erhält zwei
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