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Sydney Bridge Upside Down

Sydney Bridge Upside Down

Titel: Sydney Bridge Upside Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ballantyne
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zur Furt.
    Ich sah ihm nach. Was für ein Glück, dachte ich, dass ich ihn getroffen habe. Was er mir erzählt hatte, passt genau in meine Pläne. Ich war mir jetzt sicher, dass alles glattgehen würde. Ob das mit den Liegestützen allerdings reichte? Vielleicht sollte ich auch noch mehr laufen. Ich könnte morgens früher aufstehen und runter zum Fluss rennen, oder zur Fabrik und am Fluss entlang, zum Frühstück wäre ich wieder zu Hause. Ich könnte auch erst die Liegestützen machen und dann laufen. Und die Strecke erweitern, immer ein Stückchen mehr. Und immer mehr Liegestützen. So kriegte ich bestimmt Muskeln.
    Ich drückte die Brust raus und schob die Ellenbogen nach hinten. Ich fühlte mich jetzt schon stärker. Ich kniete mich in den Sand, ging in Startposition, rief Auf-die-Plätze-fertig-los und startete. Ich flog beinahe, so schnell war ich.
    Als ich bei den Kellys vorbeikam, rief mich Dibs. Er saß mit Cal auf der Veranda, sie hielten Butterbrote in den Händen, dick bestrichen mit Pflaumenmus.
    »Wo warst du denn?«, fragte Dibs. »Wir wollen zur Höhle. Kommst du mit? Oder bleibst du wieder bei Caroline?«
    »Ich komme mit«, sagte ich. Die Butterbrote sahen sehr lecker aus, ich liebte Mrs Kellys Pflaumenmusbrote, ich hatte seit einer Ewigkeit keins mehr bekommen. »Ich habe mit Buster gequatscht«, sagte ich.
    »Aber nicht die ganze Zeit«, meinte Dibs argwöhnisch, »er ist nämlich gerade erst von eurem Haus weg. Er hatte ein Telegramm für Caroline, hat er gesagt. Hat der doch gesagt, oder, Cal?«
    »Ich weiß schon«, sagte ich, bevor sich Cal einmischen konnte. »Buster hat’s mir erzählt.« Ich hätte Dibs am liebsten gleich da vermöbelt, was sollte das, dieses Telegramm als ein Geheimnis zu verkaufen, das ihm sein Bruder anvertraut hatte!
    »Also sag schon, was hast du davor gemacht?«, fragte Dibs.
    Der fette Norman fiel mir wieder ein, es schien mir auf einmal sehr lang her, seit ich mit ihm geredet hatte. »Ich war bei dem Lehrer«, sagte ich, und leise setzte ich hinzu: »Wenn wir an der Höhle sind, erzähle ich euch etwas über den fetten Norman, das ist vielleicht ein komischer Vogel! Jungs, wartet auf mich, ich gehe nur kurz rein und sage Caroline, was wir vorhaben.«
    »Warum das denn?«, fragte Dibs.
    Ich war schon weg und antwortete nicht.
    Caroline lag auf ihrem Bett, sie hatte die Tagesdecke nicht zurückgeschlagen. Sie schien zu dösen. Sie lag auf dem Rücken, ihr Kleid war zerknittert und bis über die Knie hochgeschoben. Sie hatte das Kissen unter den Kopf geschoben und schien mich anzusehen. Merkwürdig, dass sie dann sagte: »Wer ist denn da?«
    »Ich bin’s, Harry«, sagte ich und trat an ihr Bett. »Was ist denn los mir dir, Caroline? Bist du krank?«
    Sie nahm meine Hand. »Nein, Harry, nicht krank«, sagte sie, als ich mich auf die Bettkante setzte. »Bin nur sehr müde, Harry.« Sie ließ die Hand los, lag reglos da, bewegte weder Kopf noch Beine.
    »Wirklich, bist du sicher, dass du nicht krank bist?«, fragte ich.
    »Nur müde«, sagte sie, »ich stehe gleich auf und schäle Kartoffeln.«
    »Nein, lass das. Du weißt doch, was Papa letztes Mal gesagt hat. Du sollst hier keine Kartoffeln schälen, und nicht nur, weil du dir den Finger geritzt hast. Caroline, er will nicht, dass du dich mit Kartoffeln und so abgibst.«
    »Ich weiß schon«, sagte sie, »Onkel Frank ist wirklich sehr aufmerksam.«
    Ich sah mich um, überlegte, ob es eine gute Idee war, sie allein zu lassen. Und wenn sie doch krank war? Auf der Ablage und auf dem Schminktischchen hatte sie ihre Preise und Geschenke aufgestellt: Vasen, Puppen, Figürchen. Im Schrank hingen ihre Kleider. Es war ganz deutlich zu spüren, dass es ihr Zimmer war, nicht mehr das Schlafzimmer meiner Eltern. Was mich nicht im Geringsten störte.
    »Ich hab mit Buster geredet«, sagte ich, »er ist mir auf dem Heimweg entgegengekommen.«
    Sie sagte nichts. Ich sah sie an. Sie hatte die Augen geschlossen.
    »Harry!« Dibs stand vor dem Haus.
    Caroline lag einfach da, mit geschlossenen Augen.
    »Ich gehe mal mit denen zur Höhle«, sagte ich. »Caroline, macht es dir was aus, wenn ich mit denen zur Höhle gehe?«
    »Geh nur«, sagte sie, ohne die Augen zu öffnen, es schien ihr egal zu sein, was ich vorhatte.
    »Kommst du denn zurecht?«, fragte ich.
    Sie nickte, sie sah mich nicht.
    Draußen warteten Dibs und Cal. Ich schlich mich aus dem Zimmer. Und zwar nur, weil ich musste.

11
    Am Sonntag bevor Mr Wiggins starb, war ich

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