Symphonie der Herzen
ich freue mich sehr für dich, Charles.« Es folgte ein letzter kühler Blick in Richtung des Marquis von Abercorn. »Vielen Dank, dass Ihr mich begleitet habt.«
Damit verabschiedete sie sich und ging ins Haus. Charles jedoch blieb noch eine Weile draußen, um sich mit seinem Freund zu unterhalten, während Louisa von ihrer Schwester bereits ungeduldig erwartet wurde. Doch Lu nahm sich Zeit, ging erst ins Obergeschoss, um sich die Hände zu waschen und den Hut abzulegen, und schlenderte erst dann betont gelassen wieder ins Erdgeschoss hinab, wo Georgy sie schließlich regelrecht mit Fragen bombardierte.
»Und? Hatte ich nun recht oder nicht? Er hat doch versucht, dich rumzukriegen, nicht wahr? Oder war das doch bloß alles rein platonisch?«
Trotz ihrer zur Schau gestellten Gelassenheit breitete sich eine verräterische Röte über Louisas Wangen. »Mach dich nicht lächerlich, Georgy. Von >platonisch< kann gar keine Rede sein. Wir sind ja noch nicht einmal befreundet. Eigentlich sind wir eher so etwas wie ... Gegenspieler.«
Zügigen Schrittes kam nun auch Charles ins Haus marschiert. »Gott sei Dank, dass diese Warterei endlich ein Ende hat. Na, ihr wisst ja selbst, wie sehr ich darauf gehofft hatte, in die Leibgarde aufgenommen zu werden. Allerdings hat das Regiment ja auch hohe Anforderungen«, prahlte er. »Nun ja, mit meinen guten ein Meter und achtzig erfülle ich ja durchaus noch das Gardemaß und überhaupt -«
»Jetzt mach mal halblang!«, fuhr Georgy ihm mit spöttischer Miene über den Mund. »Ich möchte doch wohl behaupten, dass deine Aufnahme weniger mit deiner Körpergröße zu tun hatte als vielmehr mit deinem familiären Hintergrund. Unsere Familie ist sowohl mit dem Premierminister als auch mit dem König von England eng befreundet. Von daher war doch von vornherein klar, dass du es in jedes Regiment hineinschaffen würdest. Die Wahl, wohin genau es dich schließlich ziehen würde, lag ganz allein bei dir.«
»Das ist eine verdammte Lüge, Georgy!«, schimpfte Charles. »Ich bin einer der besten Absolventen aus meinem gesamten Jahrgang. Und ich erfülle sämtliche akademischen und physischen Voraussetzungen. Pass bloß auf, was du sagst! Ansonsten begleite ich dich heute Abend nämlich nicht zu Almack’s.«
Erstaunt über den plötzlich so autoritären Tonfall, schaute Lu ihn an. Georgy hingegen verdrehte nur demonstrativ die Augen und erklärte: »Charles meint, nun, da Vater nach Campden Hill aufgebrochen ist, habe er das Sagen. Übrigens hat Mutter uns eine kurze Nachricht zukommen lassen. Sie glaubt, dass Rachel die Windpocken hat, und Alexander hat sie sich vermutlich ebenfalls eingefangen.«
»Die Armen«, seufzte Louisa voller Mitgefühl.
»Ja, aber laut Mutters Schreiben hat es die beiden nicht allzu schlimm erwischt. Sie hat nämlich alle Hände voll damit zu tun, dafür zu sorgen, dass sie in ihren Betten bleiben.«
»Das bedeutet dann wohl«, erklärte Charles mit theatralischer Stimme, »dass unsere lieben Eltern mindestens noch eine ganze Woche lang in Campden Hill bleiben werden. Sie hatten ja gesagt, dass sie auf keinen Fall wollen, dass ihre kostbaren Töchter sich womöglich anstecken. Also, nur damit ihr’s wisst: Von nun an bin ich das Oberhaupt der Familie!«
Beide Schwestern sahen sich kurz an, dann salutierten sie zackig vor ihrem Bruder und grinsten: »Jawohl, Oberleutnant Russell. Zu Befehl.«
»Und erwartet bloß nicht, dass ich Euch heute Abend über die Tanzfläche schleifen werde. Ich gehe bloß deshalb mit zum Ball, um einmal an den Spieltischen mein Glück zu versuchen und -«
»- und um allen von deiner Ernennung zum Oberleutnant zu erzählen!«, stichelte Georgy.
»Und selbst wenn. Übrigens habe ich Abercorn eingeladen, mit uns zu kommen.«
So beiläufig, wie Charles dies erwähnte, so wütend fiel Louisas
Antwort aus: »Aber warum musstest du denn ausgerechnet den mitnehmen?«
»Das fragst du noch? Bei den ganzen verzweifelten Müttern, die heute Abend da sein werden, um ihre heiratswütigen Töchter an den Mann zu bringen? Nun, ich für meinen Teil kann da ein wenig männliche Unterstützung durchaus gebrauchen.«
»Ich für meinen Teil bin weder heiratswütig noch verzweifelt!«, widersprach Louisa ihm mit entschlossener Miene. »Und darum gehe ich auch gar nicht erst hin. Der Ball bei Almack’s kann mir gestohlen bleiben.«
»Ach, warum musst du immer so egoistisch sein?«, meldete Georgy sich empört zu Wort. »Die Ballsaison ist doch
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