Symphonie der Herzen
schaffen könnte, Eure kühnsten Träume wahr werden zu lassen?«
Louisa stutzte und schaute ihn argwöhnisch an. »Ihr seid Cäsar und nicht Merlin, vergesst das nicht.«
»Aber auch ich habe einen Zauberstab. Nur dass ich den bis jetzt versteckt gehalten habe.«
»Ihr widerwärtiger irischer Teufel!«, schimpfte Lu, musste dann ganz gegen ihren Willen aber schließlich doch lachen. »Nun gut«, forderte sie ihn nach einer kurzen Pause auf. »Dann verratet mal, was genau Ihr damit meint, wenn Ihr behauptet, Ihr könntet meine kühnsten Träume wahr werden lassen.«
»Das erkläre ich Euch erst am Mittwoch. Ein bisschen Geduld gehört schon noch dazu.« Und wieder wackelte er vielsagend mit seinen dunklen Augenbrauen.
12
Mit ernster Miene überreichte ein Lakai von Campden Hill, dem Russellschen Anwesen vor den Toren Londons, der Herzogin einen Brief.
»Ach je«, murmelte Georgina. »Das Kindermädchen schreibt, dass Rachel in letzter Zeit sehr unleidlich sei. Wahrscheinlich würde sie sogar krank.« Als die Russells für die diesjährige Ballsaison nach London gekommen waren, hatten sie die beiden Jüngsten der Familie ganz bewusst fernab des ganzen Trubels in Campden Hill gelassen. »Ich muss sofort meine Sachen packen und zu ihr fahren.«
»Soll ich mitkommen, Mutter? Ich begleite dich«, bot Louisa an.
»Nein, Darling, das ist sehr lieb von dir. Aber das möchte ich nicht. Du willst doch heute Nachmittag mit Abercorn ins Theater gehen. Abgesehen davon könnte Rachel auch etwas Ansteckendes haben. Ich will nicht riskieren, dass sich eine von euch beiden noch etwas einfängt - und dann womöglich nicht mehr zu den Bällen gehen kann!«
»Und was ist mit dem Ball bei Almack’s, der heute stattfindet?«, hakte Georgy nach. »Ich habe die Aufmerksamkeit eines gewissen adligen Gentleman auf mich gezogen, der, wie ich annehme, auch dort sein wird. Kannst du nicht noch einen Tag warten und erst morgen nach Campden Hill fahren?«
»Nein, das ist unmöglich. Aber macht euch keine Sorgen, euer Bruder Charles wird euch begleiten. Wer ist denn eigentlich dieser junge Herr, wenn ich fragen darf?« Neugierig schaute Georgina ihre Älteste an.
»Ich möchte keine Namen nennen«, gab Georgy sich seltsam bescheiden. »Zumindest so lange nicht, bis ich mir meiner Eroberung wirklich sicher bin. Obwohl ich streng genommen sogar zwei Gentlemen an der Angel habe ...« Sie zwinkerte vergnügt.
»Was für ein cleveres Mädchen du doch bist, Georgy. Und tu nichts, was ich nicht auch tun würde.«
»Vertrau mir, Mutter. Du bist mein Vorbild in jeglicher Beziehung.«
Louisa befürchtete derweil im Stillen, dass ihre Mutter nicht die leiseste Ahnung hatte, was genau Georgy damit gemeint haben könnte. Von Georgys Hang zur Promiskuität hatte ihre Mutter nämlich gewiss noch nichts erfahren. »Lass uns bitte wissen, wie es Rachel geht«, rief Lu Georgina nach. »Ich hoffe, es ist nichts Ernstes.«
In Gedanken noch immer bei ihrer kranken Schwester verharrend, nahm Lu ihren Hut mit den zartgrünen Bändern auf und schlenderte in die Eingangshalle hinab. Nachdenklich zupfte sie hier und da an ihrem pfirsichfarbenen Kleid, das sie für diesen Nachmittag ausgewählt hatte, während sie auf James Hamilton wartete. Schließlich hörte sie eine Kutsche Vorfahren und öffnete die Tür; zu ihrer Überraschung aber erblickte sie nicht etwa Abercorns Kutsche, sondern die ihres Vaters. »Oh, du bist’s«, sagte sie. »Ich dachte, es wäre der Marquis von Abercorn.«
»Tut mir leid, dich zu enttäuschen. Aber wenn er ankommt«, wies ihr Vater sie an, »dann verschwinde bitte nicht gleich mit ihm. Bitte ihn erst noch einmal ins Haus herein. Ich habe nämlich gerade mit Johnny und dem Premierminister zu Mittag gegessen, und es gibt da etwas, das ich Abercorn gerne fragen würde. Ihr findet mich in der Bibliothek.«
In diesem Moment kam auch Georgy die Treppe herab. »Und wenn du klug bist«, riet sie ihrer Schwester mit einem kleinen Zwinkern, »dann machst du auch nicht selbst die Tür auf, sondern schickst einen Lakaien. Und dann lässt du Abercorn erst einmal warten. Vorfreude regt bekannterweise den Appetit an.«
»Jetzt sei nicht albern«, widersprach Louisa. »Er macht mir ja
schließlich nicht den Hof. James begleitet mich nur deshalb ins Theater, weil er weiß, dass das Theater nun einmal meine ganze Leidenschaft ist.«
»Und sei du bitte nicht so naiv!«, zischte Georgy. »Denn der will unter Garantie auch noch andere
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