Symphonie der Herzen
über ihnen auch noch ein strahlend blauer Himmel, während die Berghänge von schier unzähligen Schafen übersät waren. »Jetzt verstehe ich«, murmelte er, »warum Ihr das Hochland so liebt.«
Auch Louisa musste einmal seufzen, als sie die atemberaubend schöne Szenerie betrachtete. »Ja, die schottische Bergwelt hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen.«
Versonnen lächelnd blickte James sie an und rezitierte:
»Wie ich ihre Hügel liebe und ihre sanften Täler,
sogar das Blöken der Schafe schmeichelt meinem Ohr -keine ist mir lieber.
Nur eines könnte mich noch mehr verführen, und zwar, wenn wir uns im Heidekraut berühren, während unsere Herzen pochen - berauscht vom wilden Fieber!«
»Oh, James, wenn Ihr schon unbedingt dichten müsst, muss das dann immer gleich so plump und anstößig sein?«
James lachte. »Diese Zeilen stammen ausnahmsweise nicht von mir, sondern von John Keats, meine Liebe, aber der ist Euch wohl kein Begriff. Allerdings, und da will ich mich Eurer Meinung gern anschließen, geht es in seinen Gedichten zuweilen recht deftig zu.«
Louisa errötete, jedoch nicht wegen des Gedichtes, sondern wegen der lustvollen Fantasien, die dieses plötzlich in ihr heraufbeschwor. Der Duft der purpurroten Heide schien sie zu umstreifen wie ein sinnliches Parfüm, und es war ihr schier unmöglich, auch nur einen einzigen Atemzug ohne diesen Duft zu machen. Und wie in den Versen begann auch ihr Herz mit einem Mal, wie wild zu pochen. Doch sie weigerte sich noch immer sich einzugestehen, dass der Grund für ihr Herzrasen Abercorn war.
Kaum dass sie in Kinrara angelangt waren, sprang James auch schon behände aus dem Sattel und streckte Louisa einladend die Arme entgegen. Umgeben von einem wahren Wirbel von seidigen Unterröcken glitt sie von ihrem Pferd, woraufhin James sie unschicklich lange an sich presste, während er in dem Gefühl schwelgte, wie sie ihre zarten Arme um seinen Hals schlang. Lachend blickte er ihr direkt in die Augen. »Wie schön zu sehen, dass der Ritt Eure blassen Wangen ein wenig gerötet hat.«
Das war nicht der Ritt, fluchte sie im Geiste. Und das wisst Ihr nur zu gut, Ihr ungehobelter irischer Teufel!
Raschen Schrittes kam der Herzog von Gordon aus dem Stallgebäude, und sofort fiel James die Familienähnlichkeit auf.
»Wie geht es Georgy?« Sorgenvoll musterte George Gordon Louisas Gesicht.
»Schon viel besser, Onkel George. Mutter und ich glauben, dass sie das Schlimmste hinter sich hat.« Ein klein wenig verlegen stellte sie ihn und James Abercorn einander vor.
Mit herzlicher Geste schüttelte James Louisas Onkel die Hand.
»Euer Hoheit, es ist mir ein Vergnügen, Euch kennenzulernen. Eure Schwester, die Herzogin von Bedford, hatte mir freundlicherweise erlaubt, einige Tage in Eurem Stadthaus in Edinburgh zu verbringen. Und nun schickt sie mich abermals zu Euch im Vertrauen auf Eure Gastfreundschaft. Euer Hoheit, ich stehe tief in Eurer Schuld.«
Ein Blick auf die beiden genügte Louisa, um zu sehen, dass sie sich sicherlich schon bald miteinander anfreunden würden. Lachend kamen sie sofort miteinander ins Gespräch und unterhielten sich über Gordon Castle und dessen Nähe zu den Ländereien von Aberdeen.
James hatte sich im Übrigen schon die ganze Zeit gefragt, was Gordon wohl über seinen Nachbarn dachte. Wahrscheinlich, so überlegte er im Stillen, kann er ihn genauso wenig leiden wie ich. Allerdings wollte er dieses Thema nicht vor Georges Frau Elizabeth oder vor Louisa anschneiden; dazu war das Ganze dann doch zu unerfreulich. Stattdessen wollte er lieber abwarten, bis sie sich einmal unter vier Augen miteinander unterhielten, ehe er zur Sprache brächte, wie dieser verdammte Mistkerl seine Pächter vom Hof gejagt hatte.
Nach einer knappen Stunde bei ihrem Onkel und ihrer Tante verabschiedete Louisa sich wieder.
Höflich erhob James sich, als sie vom Tisch aufstand, und erklärte: »Auch ich werde nicht lange bleiben. Ich habe noch einige geschäftliche Dinge in Edinburgh zu erledigen, und gleich im Anschluss muss ich wieder zurück nach London.«
»Ganz wie Ihr meint, James«, entgegnete Louisa betont kühl, während ihr seine sinnliche Ausstrahlung schier den Atem raubte. »Aber ich schätze, wir sehen uns ja vorher noch einmal. Ihr habt ja schließlich Eure Kutsche und die Pferde bei uns in The Doune gelassen.«
»So ist es.« Auch James schien nicht so genau zu wissen, was er nun sagen sollte. »Ich werde dann morgen, spätestens
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