Symphonie der Herzen
Untergeschoss gingen. »Ihr wisst hoffentlich, dass Mutter sehr viel von Euch hält.«
Die Ironie in seinen Worten - oder zumindest glaubte Louisa, eine gewisse Ironie dort herauszuhören - versetzte ihr einen schmerzhaften Stich. »Ja, sie ist eine sehr warmherzige Frau. Und es freut mich, wie vorbehaltlos sie mich als ihre Schwiegertochter akzeptiert.«
James schwieg. Schließlich wechselte er das Thema: »Unter dem Ehevertrag fehlt noch Eure Unterschrift. Euer Vater und ich haben uns schon vor Wochen über die gemeinsamen Absprachen geeinigt, und auch unsere Anwälte haben den Vertrag bereits ratifiziert. Entsprechend ist Eure Unterschrift zwar bloß eine Formalität, aber ich denke trotzdem, wir sollten das Ganze am besten noch vor dem Abendessen erledigen. Wenn Ihr mir also bitte in die Bibliothek folgen würdet?«
»Ja, natürlich. Wenn Ihr das wünscht.« Willenlos marschierte Louisa hinter ihrem zukünftigen Ehemann her, während der mit laut hallenden Schritten durch den langen Korridor strebte, der zur Bibliothek von Gordon Castle führte. Deutlich spürte Lu den Hass, der von Abercorn ausstrahlte; sie war schon immer sehr sensibel gewesen, was die Emotionen anderer Menschen anging. Und auch sein ausgesucht höfliches Auftreten unterstrich seinen stillen Zorn eher noch, als dass es ihn maskierte.
In der Bibliothek wartete das Dokument bereits auf dem riesigen schwarzen Eichentisch auf sie, während zwei massive Lampen - gefertigt aus versilberten Hirschgeweihen - das Vertragswerk mit ihrem dramatischen Licht illuminierten. Langsam setzte Louisa sich an den Tisch und zog das Schriftstück zu sich herüber. Kaum aber dass sie die ersten Zeilen davon überflogen hatte, stutzte sie auch schon: »Ich glaube, da hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen. Meine Mitgift beträgt keine zwölftausend Pfund. Es sind nur fünftausend.«
»Nein, das ist kein Fehler«, korrigierte James sie. »Das hat so, wie es da steht, seine Richtigkeit.« Zügig schloss er die Tür, die zur Bibliothek führte, ehe er an Louisas Seite zurückkehrte. »Ich hatte Euren Vater gebeten, die Mitgift ein wenig zu erhöhen. Zudem habe ich noch eine jährliche Leibrente von eintausend Pfund für Euch ausgehandelt.«
Abrupt sprang Louisa auf, und ihre einstige Willenlosigkeit war mit einem Mal verflogen. »Mein Vater hat zugestimmt, Euch ganze zwölftausend Pfund für mich zu zahlen?«, fragte sie ungläubig. »Dann hat er Euch ja geradezu bestechen müssen, damit Ihr einwilligt, mich zu ehelichen. Das, mein lieber James, nenne ich aber keinen Ehevertrag. Das ist ein schlichter Kuhhandel!« Ihre grünen Augen blitzten vor Empörung, und wütend hieb sie mit der Faust auf den Tisch. »Ihr seid ein Bastard! Und dieser Vertrag, den Ihr da ausgehandelt habt, ist eine bodenlose Frechheit. Noch nie in meinem Leben hat mich jemand derart beleidigt.«
»Ruhe!«, zischte James sie an. »Ich bitte Euch, Euren Tonfall zu mäßigen.«
»Ihr habt mir überhaupt nichts zu sagen, Abercorn«, erwiderte Louisa. »So wie ich das sehe, wollte meine Familie mir offenbar mit allen Mitteln einen Ehemann erkaufen. Diese exorbitante Mitgift, die Ihr da ausgehandelt habt, ist ja mehr als das Doppelte von dem, was mein Vater ursprünglich für mich zurückgelegt hatte. Und Ihr verlangt, dass ich mich >mäßigen< soll? Die Hochzeit ist abgeblasen! Mir muss man keinen Ehemann erkaufen, nein, ganz gewiss nicht.«
Drohend baute James sich vor ihr auf. »Das ist das Selbstsüchtigste, was ich je in meinem Leben gehört habe - selbstsüchtig, grausam und gedankenlos. Eure Familie liebt Euch von ganzem Herzen, und Eure Eltern haben bloß einen Wunsch: dass Ihr glücklich seid! Seht Euch doch bloß einmal die ganzen Vorbereitungen an, die Sorgfalt, mit der sie unsere Hochzeit geplant haben. Und wie dankt Ihr es ihnen? Indem Ihr die ganze Sache einfach abblast und Euch plötzlich weigert, mich zu heiraten!«
Louisa glaubte, jeden Augenblick ohnmächtig zu werden, so wütend war sie. Wie konnte er es wagen, ausgerechnet sie >selbstsüchtig< zu nennen? Das war so unendlich ungerecht und entsprach überhaupt nicht der Wahrheit. »Und sowieso!«, fauchte sie. »Das Ganze ist doch ohnehin bloß eine einzige Farce.«
»Ja, das ist es! Aber wenn ich bereit bin, Euch zuliebe diesen Zirkus mitzumachen, dann könnt Ihr das auch. Schluckt Euren Stolz hinunter und lasst uns die Sache durchziehen.«
Louisa schnappte entsetzt nach Luft; es war ganz so, als nähme diese
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