Symphonie der Herzen
sich seinen muskulösen Armen zu entwinden - doch er war schlichtweg stärker als sie. Es blieb ihr also nichts anderes übrig, als sich zu fügen, zumal sie auch nicht mehr alleine waren, sondern sich rings um sie herum bereits die nachsichtig lächelnde Dienerschaft versammelt hatte.
»Du siehst, das ganze Leben ist eine Bühne«, raunte James ihr leise ins Ohr, während er seinen Weg fortsetzte und sie durch die Haupthalle trug. »Ich rate dir also, dich auf deine Rolle zu konzentrieren. Aber das dürfte dir ja keine Probleme bereiten.«
Nun aber war Lus Kampfgeist erwacht, und mit lauter Stimme, damit auch alle sie hörten, erwiderte sie: »Ich wette, du schaffst es nicht, mich auch noch die Treppe hinaufzutragen.«
Doch auch Abercorn war sich seines Publikums durchaus bewusst und lachte betont charmant: »Nun, ich gebe zu, das wird eine gewisse Herausforderung werden nach den Ausschweifungen der letzten Nacht.«
»Du Teufel!«, zischte Louisa, und ihre grünen Augen blitzten vor Wut. »Das ist ja regelrecht infam!«
Aber James ließ sich nicht beirren, trug sie die Treppe hinauf bis in ihr gemeinsames Schlafzimmer, um sie dort mit Schwung auf das
ausladende Bett fallen zu lassen. »Verzeih mir«, flüsterte er. »Das war wirklich gemein. Hier!« Damit reichte er ihr ein Kissen. »Dafür darfst du mir jetzt eine Tracht Prügel verabreichen.«
Das ließ Lu sich natürlich nicht zweimal sagen, stellte sich breitbeinig auf dem Bett auf und ließ das Kissen energisch auf seinen Kopf hinabsausen.
Noch immer breit grinsend darüber, dass sie sich auf dieses kleine Spiel mit ihm eingelassen hatte, schnappte James sich ein kleines Plumeau und schlug Lu damit kräftig auf den Po. Und dann dauerte es nur noch Sekunden, bis sie beide lachend über das Bett kullerten und sich balgten wie kleine Kinder. Die Decken und Laken flogen in Richtung Fußende, während Lu und James auf das Kopfende zurollten, bis es Louisa schließlich doch ein klein wenig zu wild wurde und sie versuchte, auf Händen und Knien vor ihrem Ehemann zu fliehen, um nicht am Ende noch auf dem Fußboden zu landen. Aber James war wieder einmal schneller als sie. Blitzschnell packte er sie an den Hüften, drehte Louisa auf den Rücken und warf sich dann auf sie, ganz so, als wollte er damit abschließend noch einmal demonstrieren: Ich bin der Sieger!
»Du verletzt unsere Abmachung!«, fauchte sie.
»Ich verletze überhaupt nichts.« Grinsend blickte er auf sie hinab. »Du musst zugeben, ich habe in den Tagen seit unserer Hochzeit noch nicht einmal versucht, meine Rechte als Ehemann einzufordern. Zwischen uns ist also noch alles beim Alten.«
Schwer atmend lag Louisa unter ihm, während er auf sie hinabschaute. Und Lu musste zugeben: Es stimmte, was er sagte. Nichts hatte sich zwischen ihnen beiden geändert; und doch war mit einem Mal alles anders. Und nun begriff Louisa auch, woran das lag: James’ Zorn war verschwunden!
»So, und nun hoch mit dir«, mahnte er, während er sich von ihr herunterrollte. »Wir können nicht den ganzen Morgen im Bett herumtoben, sonst ist der halbe Tag bereits verstrichen. Darum zieh dich jetzt bitte an, und komm hinunter ins Frühstückzimmer. Danach werde ich dir die Ställe zeigen. Dort wartet nämlich noch ein kleines Hochzeitsgeschenk auf dich.«
Lu war innerlich hin- und hergerissen. Einerseits wollte sie sich endlich daranmachen, ihre restlichen Kisten und Koffer auszupacken; andererseits wollte sie doch zu gerne wissen, was dort im Stall wohl auf sie warten mochte. Am Ende beschloss sie, dass ihre Koffer ihr nicht davonliefen, und so huschte sie hinüber in ihr kleines Boudoir, um ihr smaragdgrünes Reitkostüm anzulegen.
Genau in dem Moment, als sie mit einem duftigen Taftband ihr Haar zurückband, streckte James ungeduldig den Kopf um die Ecke. »Komm, wir gehen am besten gemeinsam. Sonst gehst du mir hier in dem ganzen Wirrwarr an Gängen und Korridoren noch verloren, und wir sehen dich nie mehr wieder.«
Seite an Seite betraten sie den schmalen, sonnendurchfluteten Frühstücksraum, der von dem deutlich geräumigeren Esszimmer abzweigte. »Na, so schwer war der Weg nun auch wieder nicht zu finden«, erklärte Louisa. »Überhaupt ist die Architektur von Barons Court nicht annähernd so verworren, wie du behauptest. Woburn Abbey jedenfalls ist sehr viel unübersichtlicher, fast schon wie ein Kaninchenbau.«
»Das liegt daran, dass Barons Court ja auch erst vor knapp fünfunddreißig Jahren erbaut
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