Symphonie der Herzen
keine Sorgen um sie. Außerdem werde ich ja bei ihr sein, wenn es so weit ist.«
»Ja, wahrscheinlich hast du recht. Ich mache mir mal wieder viel zu viele Gedanken.« Abrupt wandte Lu sich von der tragenden Stute ab und konzentrierte sich wieder ganz auf ihr Hochzeitsgeschenk. Zärtlich strich sie dem Tier über dessen eleganten Hals.
Unterdessen hob James schwungvoll einen Sattel von dem nahegelegenen Reck. »Wie wäre es, wenn du einfach schon einmal eine Runde auf ihr reitest?« Mit routinierten Bewegungen sattelte er die Stute und hielt sie dann am Zaumzeug fest.
Elegant setzte Louisa den linken Fuß in den Steigbügel und schwang sich auf den Rücken des Tieres, wobei ihre Röcke hochrutschten und ihre langen Reitstiefel aus feinem, grünen Wildleder hervorblitzten.
Diesmal war es an Abercorn, bewundernd zu fluchen: »Hol mich der Teufel!«
»Ich muss schon sehr bitten.« Louisa versuchte, eine möglichst ernste Miene zu bewahren. »Benimm dich.«
»Ich werde es versuchen. Aber ich kann für nichts garantieren.« Zügig sattelte er auch noch sein eigenes Pferd, und wenig später trabten sie nebeneinander durch das riesige Parkgelände.
»Nochmals vielen Dank für dieses kostbare Geschenk«, rief Louisa ihm zu. »Ich weiß diese wunderschöne Stute wirklich zu schätzen. Hat sie eigentlich schon einen Namen?«
»Das ist die Königin von Saba«, erklärte James mit vielsagendem Unterton, während sein begieriger Blick Louisa wollüstig zu streicheln schien, und Lu hatte bereits so eine Ahnung, als ob er mit diesem Titel auch auf ihre eigene Schönheit anspielte. Insgeheim war sie sogar durchaus geschmeichelt über diese Anspielung, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Stattdessen richtete sie sich stolz noch ein Stückchen höher im Sattel auf und entgegnete: »Der Name kann bleiben. Er ist perfekt.«
Inzwischen waren sie an einem kleinen Waldstück angelangt, das an das Parkgelände angrenzte. »Im Frühjahr ist der Boden in diesen Wäldern von Glockenblumen übersät«, erklärte James versonnen lächelnd. »Schade, dass der diesjährige Frühling bereits verstrichen ist. Der Duft der Blumen ist einfach unwiderstehlich.«
»Nicht so schlimm. Ich erfreue mich lieber daran, dass im Augenblick die Rhododendren blühen und die Azaleen. Die sind doch genauso schön. Überhaupt scheint die Landschaft hier vor lauter Farben regelrecht zu brillieren. Können wir noch ein Stückchen weiter in den Wald hineinreiten?«
»Aber selbstverständlich. Dein Wunsch ist mir Befehl. Allerdings sollten wir, wenn du auch Wildtiere sehen willst, besser zu Fuß gehen.« Behände schwang er sich aus dem Sattel und trat neben sie. Abermals blitzten ihre kniehohen grünen Reitstiefel hervor, als er sie vom Pferderücken hob, und in seinen Augen erschien das dunkle Glitzern der Vorfreude.
Ganz leise streiften sie beide zwischen den zarten Farnwedeln hindurch, die ein wenig an grüne Spitze erinnerten, und unterhielten sich bloß noch im Flüsterton. Denn James hatte recht gehabt: Im Wald wimmelte es geradezu von Kaninchen, Spechten, Hirschkühen und ihren Kälbern, und auf den Zweigen über ihren Köpfen tummelten sich die kleinen Braunammern, die etwas prächtigeren Goldammern sowie noch zahlreiche weitere farbenfrohe Singvögel. Plötzlich aber verstummten sie, stoben unter lautem Geflatter auf und verschwanden. Louisa seufzte enttäuscht: »Wir haben sie verscheucht.«
James jedoch schüttelte den Kopf und deutete auf einen Roten Milan, der sich auf einem der obersten Äste niedergelassen hatte, und Louisa nickte schweigend.
Leise gingen sie weiter, und Lu registrierte mit Begeisterung die zahlreichen bunten Schirmlinge und Wildblumen auf ihrem Weg, bis sie schließlich auf eine kleine Lichtung hinaustraten, in deren Mitte ein dunkler See lag, der von einem Ring aus Binsen und Lilien umgeben war. Gemächlich paddelte ein Stockentenpärchen über den See, während ein Reiher auf Fischfang ging und schillernde Libellen über der Wasseroberfläche tanzten. Gekrönt wurde das Ganze von einem Schwarm duftig-zarter Schmetterlinge.
»Das sieht ja aus wie einer dieser Weiher, wie man sie eigentlich nur aus dem Märchen kennt«, flüsterte Louisa. »Ich kann förmlich spüren, wie auch von diesem See eine gewisse Magie ausgeht.«
»Ein magischer See? Na, dann dürfen wir uns jetzt wohl beide etwas wünschen.«
Louisa nickte eifrig.
Mit einem versonnenen Lächeln auf den Lippen schloss sie die Augen und berührte mit
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