Symphonie der Herzen
ihrer Zungenspitze ganz zart ihre Oberlippe, während sie sich ganz auf ihren Wunsch konzentrierte. James hingegen hatte seine Augen noch lange nicht geschlossen, sondern betrachtete fasziniert seine junge Ehefrau und fand sie - nicht zum ersten Mal - einfach unwiderstehlich. Langsam streckte er die Hand aus und löste die Schleife aus ihrem Haar.
Üppig und schwer ergossen sich ihre dunklen Locken über ihre Schultern, während Lu wütend die Augen aufriss und zu ihm herumwirbelte.
»Sag schon. Was hat du dir gewünscht?«, wollte er wissen, während er sie mit unverhülltem Verlangen ansah.
»Das kann ich nicht sagen. Dann geht der Wunsch doch nicht in Erfüllung«, erwiderte Louisa.
»Nun, was ich mir gewünscht habe, kannst du dir wohl denken, Lady Lu.« Hungrig starrte er einen Moment lang auf ihre vollen Lippen, um ihr dann tief in die Augen zu blicken.
23
Wenn du noch mehr Platz brauchen solltest... hier ist auch noch ein Kleiderschrank.« Lässig lehnte James in der Verbindungstür zwischen Schlafzimmer und Boudoir und beobachtete Louisa, wie diese ihre Koffer auspackte.
»Wir hatten uns auf getrennte Schlafzimmer geeinigt«, wies Louisa ihn in energischem Ton zurecht.
»Lu, ich biete dir doch bloß an, deine Kleider bei mir unterzubringen. Das kannst du doch nicht gleich als Einladung in mein Bett missverstehen.«
Louisa bemühte sich sehr, nicht schon wieder zu erröten, doch ihre Wangen fühlten sich bereits verdächtig warm an. Mürrisch hängte sie ein Kleid, das ganz aus türkisfarbenem Crêpe de Chine gefertigt war, auf einen Kleiderbügel und versuchte, es in ihren Schrank zu quetschen. »Also schön, wie du meinst. Dann will ich dein Angebot gerne annehmen.«
»Nur wenn du es auch wirklich willst. Du weißt ja: Ich zwinge dich zu nichts.«
Louisa ahnte, dass James dabei nicht nur von seinem Kleiderschrank sprach. Er will mir wohl zu verstehen geben, dass er mich nicht zwingen wird, mich ihm hinzugeben, überlegte sie. Laut hingegen erwiderte sie: »Ich danke Euch für Eure Großzügigkeit, Mylord.«
Hilfsbereit trug James eine der erst halb ausgepackten Truhen in das große Schlafzimmer hinüber. Ihr Tagebuch, so vermutete er, hatte Lu bestimmt schon an sich genommen und irgendwo versteckt. Schließlich öffnete er auch noch einige der Schubladen in der
linken Hälfte der riesigen Doppelkommode. »Hier kannst du auch noch ein paar Sachen verstauen. Ich habe meine Habseligkeiten auf der rechten Seite untergebracht.«
Plötzlich aber taumelte er in gespieltem Entsetzen zurück, als Louisa nämlich einen ganzen Arm voll schwarzer Spitzenunterwäsche aus ihrem Koffer zog und in die Kommode einsortieren wollte.
»Selber schuld«, zischte Lu angesichts seiner theatralischen Darbietung. »Ich habe dich ja nicht aufgefordert, mir beim Auspacken zuzusehen.«
»Das ist wohl wahr«, räumte James ein. »Und trotzdem bin ich mir ziemlich sicher, dass du dir diese Unterwäsche auch deswegen ausgesucht hast, damit ich sie sehe. Du wolltest wohl, dass der Schock mich lähmt, wie? Aber ich muss schon sagen, du hast einen ziemlich verführerischen Geschmack, was deine Kleidung betrifft.«
»Shyte!«, fluchte Lu mit einem verschmitzten Grinsen. »Jetzt hast du auch noch mein letztes Geheimnis entdeckt.«
»Und du bist nicht auf den Kopf gefallen.« Laut lachend legte James den Kopf in den Nacken. »Aber mir gefällt so ein kleiner Schlagabtausch. Und überhaupt hat mir der Tag mit dir richtig Spaß gemacht.«
Ja, mir auch, seufzte Lu im Stillen. Doch sie erwiderte nichts, sondern packte lieber weiter ihre Strümpfe aus, ihre Fächer, ihre Nachthemden und einige Dutzend weiterer Accessoires, die allesamt zu ihrer Aussteuer gehörten. Währenddessen ließ sie im Geiste noch einmal ihren ersten Tag auf Barons Court Revue passieren: Nach ihrem kleinen Ausritt hatte James ihr das gesamte Herrenhaus gezeigt, und Lu musste zugeben, dass das Haus mindestens so atemberaubend war wie sein Besitzer. Unter anderem besaß es nämlich eine gut dreißig Meter lange Gemäldegalerie mit einer recht beeindruckenden Kunstsammlung, zu der nicht zuletzt einige seltene Werke von Raffael gehörten, eine Sammlung von Porträts
des Künstlers Sir Joshua Reynolds und eine Reihe von Bildern des spanischen Malers Velazquez. Und dann gab es da noch ein paar in Packpapier gewickelte Gemälde, die James offenbar erst kürzlich erworben hatte. Für einen Moment war Lu drauf und dran gewesen, ihn zu fragen, welche Bilder sich in
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