Symphonie der Herzen
mit aufnehmen, wonach die Pachtdauer alle paar Jahre neu verhandelt und verlängert werden kann.«
Begeistert stimmten die drei Brüder ihm zu. Eine Pacht von mehr als einhundert Jahren war eindeutig ein sehr großzügiges Angebot.
»Gleich morgen«, versprach James, »werde ich nach Omagh reiten und meinem Notar sagen, dass er die Papiere aufsetzen soll.«
Auf dem Rückweg erkundigte Louisa sich, warum James den Brüdern einen solch lächerlich geringen Pachtzins angeboten hatte. »Das ist doch ziemlich wenig, nicht wahr? Und dann auch noch bei einer so langen Laufzeit. Es könnte doch gut sein, dass die Brüder auf diese Weise schon in wenigen Jahren das Geld zusammenhaben, um die Spinnerei theoretisch kaufen zu können. Und dann wirst du dich ärgern, dass du sie ihnen nur verpachtet hast. Denn dann hättest du alles das, was du jetzt schon in den Betrieb hineingesteckt hast, auf einen Schlag zurückbekommen können - und sogar noch etwas mehr.«
»Aber um die Spinnerei geht es doch gar nicht«, erklärte James. »Das Land, auf dem die Mühle steht, ist der entscheidende Faktor, denn das ist von unschätzbarem Wert. Wenn es irgend geht, versuche ich also grundsätzlich, kein Land zu verkaufen, sondern nur zu verpachten. Immerhin ist dieser Grund und Boden hier das Erbe unserer Kinder und Enkel.«
Louisa schwieg. Zumindest ist er ehrlich, dachte sie, und macht kein Geheimnis daraus, dass er Kinder mit mir haben will. Und das ist auch nur naheliegend, wenn man bedenkt, wie vermögend er ist. Er hat ja nicht nur hier in Irland Besitztümer, sondern auch in
England und Schottland. Dennoch begann ihr Herz aufgeregt und angstvoll zu pochen. Wie bringe ich ihm bloß bei, dass ich keine Kinder will?
Etwa anderthalb Kilometer von Barons Court entfernt wurde Louisa abrupt aus ihren trübseligen Grübeleien gerissen. Erstaunt deutete sie gen Himmel, der sich für einen Moment zu verdüstern schien, so viele schwarze Vögel waren mit einem Mal über ihren Köpfen aufgetaucht. »Woher kommen plötzlich die ganzen Vögel? Sind das Krähen?«
»Raben«, entgegnete Abercorn. »Das erkennt man an den geschweiften Schwanzfedern und an dem leicht bauschigen Gefieder an den Kehlen. Sie haben ganz in der Nähe ihren Schlafplatz, und jeden Abend, etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang, versammeln sie sich hier über der Wiese, um gemeinsam durch die Lüfte zu brausen - einfach aus purer Lust am Fliegen. Übrigens sind Raben sehr soziale Tiere, die eine sehr enge und feste Gemeinschaft mit ihren Artgenossen eingehen. Und wenn sie sich einmal für einen Partner entschieden haben, dann bleiben sie mit ihm ein Leben lang zusammen und sind zudem auch noch fabelhafte Eltern. Vor allem aber sind Raben die einzigen Vögel, die in der Luft Purzelbäume schlagen können.«
James und Louisa blieben einen Moment lang stehen, um sich das grandiose Naturschauspiel anzuschauen. Elegant segelten die Raben durch die Luft, flogen in Spiralen und ließen sich todesmutig gen Erde fallen, um dann mit kleinen Salti wieder abzubremsen. Überhaupt schien es, als ob sie vor dem dämmerigen Abendhimmel ein geheimes Muster webten, und obwohl es so viele Tiere waren, stießen sie doch niemals zusammen. Dazu krächzten sie, als ob es für sie keinen schöneren Zeitvertreib gäbe.
Lu lachte. »Sieht aus, als ob sie sängen und dazu tanzten.«
Ja, genau wie du, dachte James, laut hingegen erwiderte er: »Das ist eben Ausdruck ihrer Lebensfreude.«
Als sie sich schließlich Barons Court näherten, legte James erstaunt die Hand ans Ohr. »Hör mal«, flüsterte er.
Eine volle Minute lang blieb Louisa reglos stehen, ehe sie erwiderte: »Ich höre nichts.«
»Genau das meine ich!« Er grinste. »Kein Hämmern und kein Klopfen mehr. Ich denke also, die Tischler sind mittlerweile fertig. Wollen wir mal schauen, was sie gebaut haben?«
Seite an Seite gingen James und Lu einmal quer durchs Haus, bis sie einen Saal gleich hinter der großen Haupthalle erreichten, und zu ihrer grenzenlosen Überraschung stellte Louisa fest, dass am Ende des Raumes eine Bühne errichtet worden war. Ihr Herz begann aufgeregt zu klopfen, und in ihrer Kehle bildete sich ein dicker Kloß. »James! Du hast mir eine Theaterbühne errichten lassen? Danke. Ich danke dir von ganzem Herzen. Du bist immer so aufmerksam und so großzügig.«
»Es macht mir einfach Spaß, dich lachen zu sehen.«
Sofort zog Louisa ihre Reitstiefel aus und kletterte auf die Bühne. Anmutig wirbelte sie in
Weitere Kostenlose Bücher