Symphonie der Herzen
unbeschreibliche Sehnsucht danach, Teil dieser großen und humorvollen Familie zu sein.
Nach dem Abendessen begab man sich in die Galerie, an deren Seitenwänden einige höchst bequeme Sofas bereitstanden, ebenso wie ein paar Kartentische für diejenigen, die gern ein Spielchen wagen wollten. Außerdem gab es Raum genug, um eine kleine Scharade zu improvisieren oder Blindekuh zu spielen.
Kaum dass er den Raum betreten hatte, schnappte Charles sich auch schon eine der Sofarollen und jagte hinter Henry her. Als er ihn erwischt hatte, prügelte er spielerisch mit dem Kissen auf dessen Rücken ein und grollte: »Das war aber ein ganz schön übler Streich, den du deiner Schwester da gespielt hast, mein Lieber. Ich schätze, jetzt ist wohl ein Wort der Entschuldigung angebracht.«
Schützend hob Henry die Arme vors Gesicht und erklärte prustend: »Bitte entschuldige, Lu. Ich werde nie wieder das Salz mit dem Zucker vertauschen.«
Erstaunt blieb Louisa stehen. »Du warst das? Oh, Charles, ich danke dir, dass du dich so für mich einsetzt. Kannst du mir verzeihen, dass ich dir den Wein über dein Halstuch gekippt habe?«
»Schon gut, kleine Schwester, schon gut. Ich habe dir in der Vergangenheit ja bereits so viele gemeine Streiche gespielt, da habe ich den Wein in meinem Schoß wohl verdient. Aber von nun an sollten wir alle Freunde sein. Es ist doch reichlich albern, wenn die Jungs und die Mädchen sich ständig bekriegen. Ich bin dafür, dass wir in Zukunft mehr Zusammenhalten. Das ist es doch schließlich, was eine Familie ausmacht.«
Unmittelbar darauf traf ihn auch schon ein weiches Kissen am Hinterkopf, und Charles jagte hinter Jack her. Wenig später nahmen auch der Rest der Geschwister und deren Freunde an der ausgelassenen Schlacht teil, und in null Komma nichts wurden die Kartentische auf die Seite gelegt und zu Bollwerken umfunktioniert, während Kissen, Spielkarten und Kerzen als Wurfgeschosse dienten.
James hatte eindeutig Spaß an dem lustigen Treiben und zog Louisa schützend hinter einen der Kartentische. »Lady Louisa«, keuchte er, »wollt Ihr bitte -«
»Nein, Ihr verdammter Heuchler! Ich werde Euch ganz sicher nicht heiraten.« Energisch hieb sie ihm die geballte Faust in den Brustkorb. »Ich habe Euch schon damals in Carlton House gesagt, dass ich Euch nicht heiraten will, und ich habe meine Meinung seither nicht geändert.«
Seine dunklen Augen blitzten amüsiert. »Eigentlich wollte ich nur vorschlagen, ob Ihr bitte Euren Kopf unten behalten wollt. Von einem Heiratsantrag habe ich nichts gesagt.« Er grinste verschmitzt. »Außerdem habt Ihr vorhin doch behauptet, dass Ihr Euch nicht mehr an mich erinnern könnt.«
»Dann habe ich eben gelogen. Außerdem wusstet Ihr doch, dass ich gelogen habe, Ihr arroganter Teufel.« Louisa errötete, während James amüsiert den Kopf in den Nacken legte und mitten in der Schlacht in schallendes Gelächter ausbrach. Louisa war das Lachen dafür gründlich vergangen. Stattdessen schämte sie sich - und war stinkwütend: wütend auf sich selbst und auf diesen blöden Hamilton.
In genau diesem Moment kam Georgy kichernd auf sie beide zugerannt und stürzte sich, bewaffnet mit einem Sofakissen, auf den jungen Abercorn. Spielerisch schlug sie ihn mit dem Kissen immer wieder gegen seine breiten Schultern, doch statt sie zu überwältigen und zu Boden zu ringen - wie Georgy gehofft hatte -, ließ James sich einfach fallen und bat um Waffenstillstand. Verärgert ließ Georgy sich neben ihm auf die Knie sinken und zischte: »Verdammt aber auch! Eigentlich wollte ich doch diejenige sein, die sich über den Teppich wälzt.«
Louisa dagegen hatte die Kissenschlacht mittlerweile gründlich statt, erhob sich wieder und rief mit fuchtelnden Armen: »Feuerpause! Ladys und Gentlemen, ein klein wenig mehr Benehmen, wenn ich bitten darf. Lasst uns das Spiel für heute besser beenden und die Entscheidung morgen bei einem Rennen austragen.«
Inzwischen hatte auch James sich wieder aufgerappelt, trat hinter Louisa und erklärte dicht über sie gebeugt: »Eine fantastische Idee. Zumal Woburn Abbey ja einen eigenen Rennparcours hat, nicht wahr? Fraglich ist nur, ob Euer Vater uns auch erlauben wird, das Rennen dort auszutragen.«
»Das wird er schon, nur keine Sorge. Das heißt, solange jeder sein eigenes Pferd nimmt. Die Pferde von Woburn Abbey lässt er uns nämlich ganz bestimmt nicht reiten.«
Man kam überein, dass das Rennen gleich am nächsten Morgen um elf Uhr
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