Symphonie der Herzen
einen Teich, der sich vorzüglich zum Schwimmen und Rudern eignet. Und dann wären da noch der kleine Privatzoo, die riesige Voliere, der Tennisplatz, der Irrgarten, die Grotte und ein kleiner Lusttempel. Nicht zu vergessen unsere Bibliothek - eine der am besten ausgestatteten Bibliotheken von ganz England, wie ich meinen möchte. Und für die Kunstinteressierten haben wir natürlich auch noch einige antike Skulpturen zu bieten sowie die Gemäldegalerie. Nicht zu vergessen den Ballsaal, das Kartenzimmer, das Theater - ach, Ihr werdet Euch schon die Zeit zu vertreiben wissen. Da bin ich mir ganz sicher.«
»Außerdem haben wir einen Wintergarten, der in ein Gewächs-haus übergeht!«, fügte Georgy hinzu und schaute dabei mit fast schon bohrendem Blick den jungen Abercorn an. »Dort gibt es unter anderem einige sehr seltene Kamelien, die ich Euch gerne einmal zeigen würde.«
»Und dann steht in Kürze ja auch noch ein kleines Fest bei uns an«, verkündete Georgina. »Da Georgy nämlich Ende Juni Geburtstag hat und Louisa Anfang Juli und ich wiederum kurz nach Louisa Geburtstag feiere, feiern wir einfach alle zusammen! Und zwar am ersten Samstag im Juli. Es wird eine fantastische Party werden, und natürlich sind alle hier am Tisch herzlich eingeladen.«
»Das ist dann wohl Georgys zwanzigster Geburtstag?«, hakte Bessy mit süffisantem Grinsen nach.
Lu schnaubte und wäre beinahe von ihrem Platz aufgesprungen, doch sie bezähmte sich und entgegnete mit einem betont mitleidigen Lächeln: »Und du wirst dieses Jahr sogar schon sechsunddreißig, liebe Bessy, nicht wahr?«
Fast hätte Bessy sich an ihrem Wein verschluckt, doch sie erwiderte nichts.
Die Herzogin hingegen verbarg ein kleines Schmunzeln. »Mein Alter wird bitte nicht erwähnt«, mahnte sie kokett. »Das Alter einer Dame sollte stets ein Rätsel bleiben. Ein, zwei kleine Geheimnisse machen uns nämlich nur noch begehrenswerter.«
»Eine wirklich schöne Frau hat sowieso kein Alter«, deklamierte Edwin Landseer mit ernster Miene und prostete seiner Gastgeberin zu.
»Wer zum Teufel hat dich denn gefragt?«, murmelte Lu, jedoch so leise, dass nur ihr Tischnachbar es hörte.
James ahnte bereits, dass nicht alle Dinnergäste sich wohlgesonnen waren, doch trotz der leicht angespannten Stimmung ging das Mahl ohne weitere Zwischenfälle vonstatten - bis die Erdbeeren serviert wurden. Da er wusste, dass Lady Louisa eine Schwäche für Süßes hatte, reichte er ihr die kleine Zuckerschale hinüber, die Louisa auch dankend annahm, um ihre Erdbeeren großzügig mit den kleinen weißen Kristallen zu bestreuen. Anschließend gab sie noch eine gehörige Portion geschlagener Sahne darüber und schob sich genüsslich den ersten Löffel von ihrem Dessert in den Mund.
Der Geschmack war geradezu widerwärtig, und Louisa musste all ihre Willenskraft aufbringen, um nicht zu würgen. Stattdessen riss sie sich zusammen, tupfte sich dezent die Mundwinkel ab und musterte verstohlen ihre Brüder, um zu sehen, welcher dieser Teufelsbraten wohl das Salz und den Zucker vertauscht hatte.
Charles, der ihr gleich gegenüber saß, machte das unschuldigste Gesicht, sodass Lu sofort ihn verdächtigte. Sie fragte sich, ob Abercorn wohl in den Streich eingeweiht worden war - möglich wär’s. Und so schluckte sie, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, lächelte ihren Tischnachbarn an und wandte sich dann wieder dem allgemeinen Gesprächsthema zu: »Ich finde, das Alter ist sowieso relativ. Denn erst die geistige Reife macht einen Mann zum Mann. Es gibt nichts Unattraktiveres, als wenn ein Kerl noch immer nicht erwachsen geworden ist.«
Sofort stimmte Charles ihr zu. »So ist es, Schwesterherz, so ist es. An einer Frau wiederum ist nichts so anziehend wie eine gute Portion Humor.«
Graziös streckte Louisa die Hand nach einer Pflaume aus und stieß dabei »ganz zufällig« Charles’ Glas um. Großzügig ergoss sich der Rotwein über sein schneeweißes Halstuch. »Wie recht du doch hast, Charles. Ich bin ganz deiner Meinung. Ein kleiner Scherz im passenden Moment ist doch das Charmanteste, was man sich denken kann.«
Bis auf Charles brachen plötzlich alle fünf Brüder in schallendes Gelächter aus und schauten sich vergnügt an.
Abercorn wiederum konnte nur raten, was da wohl gerade vor sich ging, denn man hatte ihn nicht in den Scherz eingeweiht. Er ahnte nur, dass die Geschwister sich wohl gerade gegenseitig einen Streich gespielt hatten, und verspürte mit einem Mal eine
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