Symphonie der Herzen
meiner Wahlkampftour begleiten.«
James Hamilton betrat die Bibliothek und räusperte sich einmal vernehmlich.
»Ja, bitte?«, ertönte die sonore Stimme des Herzogs von Bedford.
»Euer Hoheit, ich wollte Euch nur noch einmal für Eure Gastfreundschaft danken. Denn so gerne ich auch noch den Rest des Sommers hier in Woburn Abbey verbringen würde, so sehr drängt es mich doch mittlerweile, vor meiner Rückkehr nach Oxford noch einmal auf meinem Gut in Irland nach dem Rechten zu sehen. Zumal ich meinem jüngeren Bruder Claud versprochen habe, ihn diesmal auf jeden Fall nach Barons Court mitzunehmen. Er entwickelt mehr und mehr Interesse an den politischen Geschicken unseres Landes und beabsichtigt, eines Tages für die Grafschaft Tyrone ins Parlament einzuziehen.«
»Als Vertreter der Konservativen, wie ich annehme?«, neckte der Herzog von Bedford ihn.
»So ist es in unserer Familie nun einmal Tradition, Sir. Alle Hamiltons stehen von jeher auf Seiten der Konservativen -«
»Was Euch aber hoffentlich nicht daran hindern wird, uns irgendwann einmal wieder zu besuchen«, unterbrach John Russell ihn mit einem beschwichtigenden Lächeln. »Ihr seid uns hier jederzeit willkommen, vergesst das nicht.«
Als Abercorn sich schließlich auch von der Herzogin von Bedford verabschiedete, waren auch Georgy und Louisa anwesend, hielten sich aber, soweit dies die Höflichkeit zuließ, eher im Hintergrund. Überhaupt waren beide Mädchen ehrlich erleichtert, dass James endlich abreiste, wenngleich die Gründe bei beiden höchst unterschiedlich waren.
»James, ich hoffe, Euer Aufenthalt hat Euch gefallen, und wir alle würden uns sehr freuen, wenn dies nicht Euer letzter Besuch bei uns war.« Charmant wie eh und je schenkte Georgina dem jungen Abercorn eines ihrer strahlendsten Lächeln. »Zumal Ihr ein solch angenehmer Hausgast wart. Und auch mit meinem Mann und Lord John habt Ihr Euch ja offenbar blendend verstanden. Ja, und dann habt Ihr meiner Zweitältesten ja auch noch ihren ersten Kuss gegeben! Wie konnte ich das bloß vergessen?«
Prompt verfärbten sich Louisas Wangen zu einem glühenden Rot, während sie im Geiste darum betete, dass sich bitte sofort der Erdboden zu ihren Füßen auftun möge und sie am besten mit Haut und Haar verschluckte. »Aber, Mutter, was ist denn schon ein simpler Kuss?«, versuchte sie die Sache herunterzuspielen und fügte in Gedanken hinzu: Besonders, wenn man diesen Kuss mal jenem sehr viel intimeren Intermezzo gegenüberstellt, das der werte James und meine Schwester miteinander hatten!
»Schon richtig, meine Liebe, ein Kuss ist bloß ein Kuss. Allerdings war dies dein erster Kuss, und an den erinnert sich eine Dame zumeist für den Rest ihres Lebens.« Mit verschwörerischem Lächeln zwinkerte die Herzogin Louisa einmal zu, ehe sie sich wieder James Hamilton zuwandte: »Und Ihr wollt jetzt weiter nach Irland reisen? Ich kann mich noch gut an meine Zeit als Vizekönigin dort erinnern.« Sie seufzte. »Ja, das waren schon wirklich sehr, sehr aufregende Jahre.«
Ehrerbietig küsste Abercorn ihr die Fingerspitzen. »Mylady, ich danke Euch vielmals für Eure Gastfreundschaft.«
»Aber gerne doch, James. Wir sehen uns dann im September in London, wenn meine Töchter debütieren. Und bringt bitte unbedingt auch Euren Bruder Claud mit. Bis dahin: Au revoir! Und natürlich gute Reise!«
Abercorn verbeugte sich höflich und zog sich dann zurück, um sich von seinem Studienkollegen Charles zu verabschieden.
»Warum um Himmels willen hast du ihn zu unserem Debütantinnenball eingeladen?«, verlangte Louisa empört zu wissen.
»Aber, Liebling, das liegt doch auf der Hand. Wir brauchen sämtliche verfügbaren Junggesellen, die wir nur irgend kriegen können. Zwei von ihnen verlassen uns doch heute schon wieder, womit dann nur noch George Grey als Versuchsobjekt übrig bliebe - um ein wenig eure weiblichen Tricks und Kniffe zu trainieren, meine ich.«
Sie sah ihre beiden Töchter forschend an. »Es ist euch doch sicherlich nicht entgangen, was für ein ansehnlicher junger Mann dieser James Hamilton ist, nicht wahr?«
Lu warf ihrer Schwester einen raschen Blick zu und entgegnete: »Ja, attraktiv ist er. Das muss man schon sagen. Geradezu sündhaft attraktiv.«
Am nächsten Tag genossen die Familie Russell und ihre Gäste gerade ein ausgedehntes Frühstück auf einer der überdachten Veranden von Woburn Abbey, als plötzlich Mr Burke mit einem Kurier erschien. Der Herzog von Clarence hatte
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