Symphonie der Herzen
zweiundzwanzigsten Lebensjahr als Parlamentsabgeordneter diente. »Aber diese Zeiten sind jetzt wohl ein für alle Mal vorbei. Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist!« Er räusperte sich einmal, ehe er erklärte: »Und darum kandidiere ich diesmal als Premierminister. Ich hoffe doch, meine Herren, ich darf auf Eure Unterstützung zählen?«
»Aber selbstredend«, versprach der Herzog von Bedford ihm.
Und auch Johnny Russell nahm das Vorhaben des Grafen begeistert auf: »Denn nur die Whigs setzen sich wirklich nachhaltig für einen Reformprozess ein. Und jetzt haben wir erstmals die Chance, auch tatsächlich zu gewinnen!«
»Schade, dass mein Freund Henry und sein Sohn gestern schon abgereist sind«, seufzte der Herzog betrübt. »Die Nachricht hätte sie sicherlich interessiert. Aber wisst Ihr was? Ich setze einfach sofort einen Brief auf und schicke ihn ihnen mit einem Boten hinterher.«
Aufgeregt tuschelnd zogen die Damen aus dem Hause Russell, Lady Holland und Lady Grey sich in den Blauen Salon zurück, wo man nicht weniger eifrig als die Männer über die aktuellen politischen Ereignisse diskutierte. Sie alle waren, was die Geschicke ihres Landes anging, nämlich höchst interessiert, und ganz besonders natürlich die Herzogin von Bedford, die inoffizielle First Lady der Whigs, die nun instinktsicher die einmalige Chance erahnte, ihre Partei ganz nach vorn zu bringen.
»Natürlich hat uns das Dahinscheiden unseres lieben Prinny alle schwer getroffen«, versicherte sie ihren Freundinnen, woraufhin alle nachdrücklich nickten. »Auf der anderen Seite jedoch hat uns das Schicksal damit plötzlich ganz neue Perspektiven eröffnet. Denkt doch nur einmal, was für ein herzliches Verhältnis sich gerade in den letzten Tagen zwischen dem König und der Königin von England und uns entwickelt hat! Ich bin mir sicher, dass William und Adelaide uns dafür noch reich belohnen werden.« Frohgemut goss Georgina sämtlichen anwesenden Damen einen guten Tropfen Wein ein.
Mit hochroten Wangen beugte nun auch Mary Grey sich zu ihren Freundinnen vor. »Ich sage Euch dies natürlich nur ganz im Vertrauen, Ladys. Aber mein Mann trägt sich schon seit Längerem mit dem Gedanken, als Premierminister zu kandidieren, und nun, wie aus dem Nichts heraus, stehen plötzlich auch noch Neuwahlen an!«
Auch Lady Holland konnte ihre Erregung nun nur noch schlecht verbergen. »Wenn die Whigs die Wahl diesmal gewinnen, und wenn Teddy dann auch noch den Platz für Horsham ergattern kann, dann wären sowohl mein Mann als auch mein Sohn als Mitglieder der Regierungspartei im Parlament vertreten.«
»Zumal sie beide dann ja auch noch enge Freunde des Premierministers und des Königs sind«, fügte Georgina mit einem verschmitzten Lächeln hinzu.
»Und auch Johnny wird dann einen sehr viel besseren Stand haben als jetzt in der Opposition«, meldete sich schließlich auch Louisa zu Wort. »Die Chancen stehen also gut, dass er sein Reformwerk schließlich doch noch durchbekommt.«
Georgy hingegen lauschte dem aufgeregten Geschnatter der Damen mit stetig wachsendem Zorn. »Und was ist mit mir?«, platzte es irgendwann mürrisch aus ihr heraus. »Nun, da Prinny verstorben ist, wird der Hof eine offizielle Trauerperiode ausrufen, so viel ist schon einmal klar. Und das wiederum bedeutet, dass meine Einführung in die Gesellschaft wieder um ein ganzes Jahr verschoben wird. Warum muss das ausgerechnet mir passieren, dass immer dann, wenn ich debütieren will, irgendwer stirbt?«
»Das ist wirklich ein ganz unglücklicher Zufall, Liebes. Da stimme ich dir ja zu.« Mitfühlend schaute Georgina ihre Älteste an. »Und der Hof wird mit Sicherheit eine offizielle Trauerzeit festsetzen, auch das ist klar. Aber die ton, da bin ich mir ebenfalls sehr sicher, wird nach allerspätestens drei Monaten wieder auf Bälle gehen und an Unternehmungen teilnehmen. Die Krönungsfeierlichkeiten des neuen Königs und seiner Königin werden zwar frühestens im nächsten Frühjahr stattfinden, aber von da an wird Königin Adelaide dich bestimmt dann und wann mal in ihren Salon im St. James's Palace bitten. Stell dir doch bloß mal vor, wenn das bekannt wird! Wenn die Leute erfahren, dass du eine enge Freundin der Königin bist! Ich sags dir, wenn sich das herumspricht, dann wirst du dich vor Verehrern überhaupt nicht mehr retten können.«
Ein klein wenig besänftigt, lehnte Georgy sich wieder in ihrem Sessel zurück und beugte sich mit gedämpfter Stimme
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