Symphonie der Herzen
wirklich sehr nett von Euch. Und überaus großzügig.«
»Eure Mutter jedenfalls«, wechselte James geschickt das Thema, »wäre von der Behausung, in der Ihr zurzeit wohnt, entsetzt. Wir werden gleich zwar noch einmal dort vorbeifahren, aber nur, damit Ihr Eure Sachen packt und dann von dort verschwindet. Ich werde Euch vorübergehend in meinem Stadthaus unterbringen, und von dort aus machen wir uns auf die Suche nach einer angemesseneren Unterkunft.« Um eventuellen Einwänden gleich von vornherein vorzubeugen, hatte James sich bereits eine kleine Lüge ausgedacht. »Mein Anwalt hat mich nämlich kürzlich darüber in Kenntnis gesetzt, dass mein Großvater Euch eine kleine monatliche Rente hinterlassen hat, über die Ihr verfügen dürft, sobald Ihr achtzehn geworden seid. Und natürlich obliegt mir die Pflicht, diese Rente in Eurem Interesse möglichst klug zu verwalten. Ich denke also, es ist sowohl in Eurem als auch in seinem Sinne, wenn wir Euch damit eine ordentliche Unterkunft organisieren. Eine Unterkunft in einem etwas seriöseren Viertel, wenn ich das so sagen darf.«
»Euer Großvater?« Kitty schluckte einmal. »Ich kann mich kaum an ihn erinnern. Nur seinen lockigen Bart habe ich noch gut im Gedächtnis.«
»Ihr wart ja auch sehr jung, als er starb«, beschwichtigte James sie. »Was ich Euch damit jedoch sagen wollte, ist, dass er Eurer Mutter eine jährliche Leibrente hinterlassen hat und dass auch Ihr fortan einen gewissen monatlichen Betrag aus seinem Vermögen bezieht.«
Skeptisch schaute Kitty ihn an. Schließlich lächelte sie. »Ich glaube Euch - obwohl andere Euch sicherlich einen Vogel gezeigt hätten, so seltsam, wie Ihr das Ganze eben dargestellt habt.«
Reumütig blinzelte James sie an. »Euch konnte ich ja noch nie etwas vormachen -« Mehr musste er sich zum Glück nicht mehr zusammenflunkern, denn schon unterbrach Kitty ihn abermals: »Was für eine großzügige Geste. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
»Sagt doch einfach: >James, von nun an lege ich meine Geschicke allein in Eure treuen Hände.<« Er grinste verschmitzt.
Und auch Kitty lächelte sehr verführerisch, als sie erwiderte: »Nun dann - es wäre mir ein Vergnügen, James, mein Schicksal von nun an allein in Eure Hände zu legen.«
9
Ich bin ja so froh, dass ich euren Vater dazu überreden konnte, das geräumige Haus hier am Belgrave Square zu kaufen. Wie lange ist das jetzt her? Knapp zwei Jahre, glaube ich.« Hoch konzentriert hakte Georgina den winzigen Verschluss an Louisas Collier zu und legte anschließend auch Georgy deren Diamanthalskette um. »Das alte Haus in St. Jamess hatte ja noch nicht einmal einen Ballsaal.«
Plötzlich ertönte ein kurzes Klopfen an der Schlafzimmertür, und Louisa ging hinüber, um ihren Bruder Edward einzulassen. Zur Feier das Tages hatte er seine Offiziersuniform angelegt, sodass Lu ihn betont charmant begrüßte: »Leutnant Russell. Ihr seht aber schick aus. Ich freue mich, dass Ihr es einrichten konntet, zu unserem kleinen Ball zu kommen.«
»Aber ich bitte dich! Um nichts in der Welt möchte ich den Debütantinnenball meiner Schwestern verpassen. Charles ist übrigens auch schon da, wie ich gesehen habe. Weißt du, was mit Jack ist? Kommt der auch?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er es noch rechtzeitig nach London geschafft hat; hab noch nicht in seinem Zimmer nachgesehen. Dafür ist Charles schon gestern aus Oxford eingetroffen. Und er hat sein Examen mit magna cum laude bestanden!«, verkündete Georgina stolz.
»Dann wird er ja bald ebenfalls eine Uniform tragen. Gott allein weiß, warum er unbedingt zur Armee will.«
»Ihn zieht’s bestimmt zur Kavallerie, möchte ich wetten«, erklärte Lu. »So ein Pferdenarr, wie der ist.«
»Nun, zumindest sind wir uns darin einig, dass er ein Narr ist«, witzelte Georgy. »Und, Edward? Hast du Teddy Holland mitgebracht?«
»Aber selbstverständlich. Und ich freue mich schon richtig. Das wird ja fast so etwas wie ein Ehemaligentreffen. Alle meine Lieblingskommilitonen sind hier. George Grey kommt nämlich auch, und natürlich James Hamilton.«
»Wir haben Abercorn erst kürzlich im Theater wieder getroffen«, erklärte Georgina, während sie in den Spiegel schaute und sich eine kleine Locke hinter das Ohr strich. »Und als ich ihm seine Einladung geschickt habe, habe ich auch gleich noch eine Karte für seinen Bruder Claud beigelegt.«
Wie so oft, wenn Louisa James’ Namen hörte, begann ihr Puls wieder wie wild
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