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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Tragweite des Verlustes nicht voll bewußt werden zu lassen.
    Das Begräbnis war still und im engsten Kreise. Neben Donani und den Kindern schritten nur Carolas Mutter, Bertha Portz, und Pietro Bombalo hinter dem Sarg zur Gruft. Eine Abordnung des Orchesters mit einem riesigen Kranz blieb in der Friedhofskapelle zurück, ebenso alle Vertreter der großen Opernbühnen. Donani wollte allein am Grabe stehen … man erfüllte ihm diesen Wunsch; es war keine Sensation mehr, einen gebrochenen, berühmten Mann weinen zu sehen.
    Die Kinder standen mit großen, unwissenden Augen an der mit Tannengrün ausgeschlagenen Gruft und sahen fragend auf den glänzenden Sarg mit den Bronzefüßen und Griffen. Bertha Portz hielt die Hände ihrer Enkel umklammert … sie weinte nicht mehr, sie war starr wie aus Stein. Für sie war das alles ein Rätsel. Die letzten Worte Carolas klangen noch in ihr nach, die Anklagen, die Verzweiflung, trotz allen Glanzes in einer verpfuschten Ehe zu leben, in einem goldenen Gefängnis, dem sie nun entronnen war, anders, als sie es sich sicherlich gedacht hatte. Oder war diese Aussprache der letzte Versuch gewesen, vor etwas zurückzuschrecken, was nun geschehen war? Hatte Carola bei ihr, der Mutter, Zuflucht gesucht, um nicht der letzten Verzweiflung zu verfallen? War es so gewesen, dann hatte sie versagt.
    Bertha Portz starrte auf den Sarg, der langsam in die Gruft glitt. Die Kinder an ihrer Hand zerrten. Babette, die Jüngere, rieb ihre Nase an Berthas Handrücken.
    »Omi –«, fragte sie. »Stimmt es, daß Mami jetzt ein Engel im Himmel ist?«
    Bertha Portz schwieg. Sie sah zu ihrem Schwiegersohn. Bernd Donani hatte die Augen geschlossen. Es war ihm unmöglich, das Weggleiten des Sarges anzusehen.
    »Papi hat es so gesagt«, sagte Alwine.
    »Ja, sie ist im Himmel«, sagte Bertha Portz leise.
    »Und was ist das?«
    »Was?«
    »Was da in die Erde geht? Wenn Mami doch im Himmel ist … Und warum weint Papi?«
    Bertha Portz zog die Kinder an sich und legte die Arme um ihre Schultern.
    »Ich werde euch später alles erklären«, sagte sie mit zugeschnürter Kehle. »Seid jetzt schön still –«
    »Wann kommt Mami wieder aus dem Himmel?« Babette sah hinüber zu ihrem Vater. Er trat an das Grab, bückte sich und warf drei Hände voll Erde auf den Sarg.
    »Das dauert lange. Es ist eine weite Reise, Babettchen.«
    »Darf ich auch Sand runterwerfen?«
    Bertha Portz nickte stumm.
    Dann war alles vorbei. Sie standen am Grab, sahen hinunter auf den unter Blumen liegenden Sarg und nahmen Abschied für immer.
    »Es … es ist nicht zu begreifen …«, sagte Donani kaum hörbar. Er hatte den Arm um die Schulter Bertha Portz' gelegt, aber nicht sie suchte Halt, sondern er. »Was soll ich jetzt tun … ich bin mit ihr gestorben –«
    »Du hast die Kinder, Bernd. Sie haben nie viel von ihren Eltern gehabt … jetzt mußt du ihnen alles sein.«
    Donani hörte den Vorwurf, und er verstand Bertha Portz, die in diesem Augenblick diese Anklage nicht mehr unterdrücken konnte.
    »Es wird sich alles ändern … alles …«, sagte er wie ein Schwur. »Jetzt, wo es zu spät ist –«
    *
    Das Wiedersehen zwischen Jean Leclerc und Carola war ein einziger Rausch. Als er durch die Tür in das kleine Pensionszimmer stürzte, fielen sie sich in die Arme und küßten sich, als gebe der Atem des einen das Leben dem anderen zurück. Dann blieben sie auf dem Zimmer bis zum nächsten frühen Mittag, ohne zu essen, ohne sich voneinander zu lösen, trunken und wunschlos, die Umwelt vergessend und sich ausgebend bis zur völligen Erschöpfung.
    »Unser erster Tag …«, sagte Carola glücklich. Sie lag in der Beuge seines Armes und sah auf das Stückchen fahlblauen Himmels am oberen Rand des Fensters. Auf der Straße schrien wieder die Kinder, das Radio plärrte, ein Gemüseverkäufer rief seine Waren aus. »Woran denkst du, Jean?«
    Leclerc küßte ihre verschwitzten Haare und legte die Hand auf ihre Brust.
    »An nichts, Chérie …«
    »Das ist wenig. Denkst du nicht daran, wie glücklich wir sind?«
    »Doch, doch.« Leclerc leckte sich über die spröden, von Küssen und Bissen aufgesprungenen Lippen. Was ist das für eine Frau, dachte er. Auf der Straße nach Wannsee war sie eiskalt und von einer unheimlichen Energie … jetzt ist sie wie eine anschmiegsame, warme Katze. Er richtete sich auf, zwang sich, von ihrer Nacktheit nicht erneut überwältigt zu werden, und suchte auf dem Nachttisch nach seinen Zigaretten.
    »Gib mir auch

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