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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und sagte: »Wir nehmen Ihren Namen in die Kartei auf. Vielleicht ergibt es sich –«
    Rom. Neapel. Palermo.
    Freundliche Menschen, Impresarios, voll des Lobes und randvoll mit südlichem Temperament. Aber nirgendwo eine feste Anstellung, kein Vertrag, keine Chance, vor einem kritischen Publikum zu zeigen, was man konnte. Beppo Taducci in Neapel sprach es ganz deutlich aus.
    »Mein Lieber«, sagte er und klopfte Leclerc auf die Schultern. »Sie sind talentiert. Sie haben das Zeug in sich, Solist zu werden. Aber … wissen Sie, was es kostet, einen unbekannten Mann aufzubauen? Die Saalmiete, die Plakate, die Anzeigen, das Orchester, die Pressekonferenzen … einmal, o Diabolo, mußte ich mit der Frau eines Saalvermieters schlafen, um überhaupt den Saal zu bekommen … was das kostet. Und dann sitzen vierzig Mann im Saal, davon zwanzig Freikarten. Wer soll das durchhalten –«
    Leclerc klappte den Deckel seines Geigenkastens mit einem Knall zu.
    »Warum – sagen Sie mir das bitte – managen Sie denn?« fragte er rauh.
    »Bekannte Künstler, mein Junge.«
    »Und wie wird man bekannt, zum Teufel?« schrie Leclerc. Beppo Taducci kratzte sich die Nase und dachte über dieses Problem nach. Schließlich antwortete er:
    »Man muß Glück haben –«
    »Wie kann ich Glück haben, wenn man alle Türen vor mir verriegelt?«
    »Sie müssen sie aufbrechen.«
    »Aber wie?«
    Taducci hob die Schultern. »Wenn es dafür ein Rezept gäbe, bestände die Welt nur noch aus Virtuosen. Glück ist eben nicht greifbar. Dem einen hilft eine Frau mit Beziehungen, der andere wird so nebenbei entdeckt, der dritte wird ein Männerfreund … es gibt viele Wege in der Kunst, mein Lieber. Solist werden ist eine Kunst für sich … als Schauspieler, als Sänger, als Dirigent stehen sie automatisch an der Rampe … aber der Sprung aus dem Orchester hinaus neben das Dirigentenpult, dafür gibt es noch keine Olympiamedaille im Weitsprung –«
    Die letzte Station Jean Leclercs auf dem Festland war Köln. Hier verwaltete der Konzertagent Hans Bartschleger den Ruhm weltbekannter Solisten, von der Harfenistin bis zum Oboevirtuosen. Jean Leclerc mußte wohl oder übel vier Tage warten, ehe er zum Vorspielen bestellt wurde. Er bezog in der Kölner Altstadt ein kleines Hotel und saß wieder auf der Toilette und übte und übte.
    Dann war es endlich soweit … Hans Bartschleger empfing ihn mit großer Freundlichkeit und stellte ihn einigen anderen Herren vor. Leclerc drückte Hände, hörte Namen, die er nie behielt, sprach einige konventionelle Worte und bemühte sich, sicher aufzutreten und sein wieder aufkommendes Lampenfieber zu unterdrücken.
    »Lauter Aufkäufer –«, sagte ihm Bartschleger leise ins Ohr, bevor Leclerc zum Flügel ging, wo ein junger Mann auf ihn wartete. »Zeigen Sie, was Sie können. Ich habe gesagt, daß Donani Sie gefördert hat … Ein bißchen Wind muß man ja machen. Nun sind sie alle gespannt, was Donani da großgezogen hat. Blamieren Sie mich nicht, sich und den großen Meister … geben Sie Ihr Bestes.«
    Leclerc nickte stumm. Die Kehle war ihm wieder zugeschnürt. Wieder Donani, dachte er, und es überflutete ihn heiß. Immer Donani! Immer er! Er! Er! Ich komme aus seinem Bannkreis nicht heraus! Er verfolgt mich mein Leben lang. Er erwürgt mich, ohne einen Finger zu rühren. Er ist ein Schicksal, dem ich nicht entrinnen kann –
    »Bitte!« sagte Hans Bartschleger laut. »Meine Herren … bitte. Jean Leclerc, der junge Virtuose, eine der größten Hoffnungen, die wir haben, ein Schüler Donanis, wird Ihnen jetzt den dritten Satz von Beethovens …«
    Nein, wollte Leclerc schreien. Nein … ich spiele nicht! Der Schüler Donanis … Ich werde wahnsinnig. Ich schlage um mich … um mich … Laßt mich doch in Ruhe … ihr alle, alle … Donani wollt ihr hören, nicht mich … Laßt mich doch in Ruhe …
    Er stand am Flügel, klemmte die Geige zwischen Kinn und Kragen und spannte noch einmal den Bogen. Vor seinem Blick verschwammen die Gesichter zu einem milchigen, rosafarbenen Brei.
    Aus dem Flügel ertönte der Auftakt, die Einleitung des Orchesters zum dritten Satz. Machtvoll, rauschend, ein Beethovenscher Vulkan. Leclerc schloß die Augen. Er sah Donani vor dem Orchester stehen, seine Hände beschworen die Instrumente, aus seinen Fingern gebar er die Musik …
    Jean Leclerc spielte.
    Es war ihm, als verspiele er seine Seele –
    *
    In Stockholm gab es den ersten großen Krach zwischen Pietro Bombalo und Bernd

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