Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Symphonie des Todes

Symphonie des Todes

Titel: Symphonie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
Vom Netzwerk:
frustriert Eve wäre, wenn sie hörte, dass die Zielperson verschwunden war, war dabei kaum von Belang.
    Trotzdem hatte sein hageres Gesicht einen selbstzufriedenen Ausdruck, als er durch ein Fenster im dritten Stock eines kleinen, luxuriösen Hotels auf die Feuerleiter stieg, mühelos hinunterkletterte, in das Nachbarhaus marschierte und von dort das Gleitband zurück zur Madison Avenue nahm.
    Darüber, dass sie anscheinend ernsthaft dachte, er ließe sich von ihren linkischen Kollegen artig überwachen, schüttelte er verständnislos den Kopf.
    Vor einem Gemüseladen blieb er stehen, inspizierte die Stände mit frischem Obst und machte sich, da er die Qualität der angebotenen Ware geradezu erbärmlich fand, eine gedankliche Notiz, dass er nicht vergessen dürfte, ein paar Pfirsiche von einer von Roarkes eigenen Plantagen zu bestellen.
    Pêche Melba wäre heute Abend genau das richtige Dessert.
    Die Trauben allerdings sahen halbwegs frisch aus, und da ihm bewusst war, dass sein Arbeitgeber gern die einheimischen Händler unterstützte, pflückte er mit dem Gedanken, jeweils ein Pfund grüner und blauer Trauben zu erwerben, eine von jeder Farbe von ihrem Stängel ab.
    Der Händler, ein klein gewachsener Asiate, der aussah wie ein Fass auf zwei kurzen Beinen, stürzte kläffend wie ein Terrier herbei. Seine Familie führte schon seit vier Generationen an derselben Stelle dasselbe Geschäft.
    Bereits seit ein paar Jahren führten er und Summerset ein- bis zweimal in der Woche zur beidseitigen Zufriedenheit wunderbare Scheingefechte miteinander aus.
    »Wenn du das Zeug isst, Bruder, dann kaufst du es gefälligst auch!«
    »Mein guter Mann, weder bin ich Ihr Bruder noch kaufe ich jemals die Katze im Sack.«
    »Was für eine Katze? Wo siehst du eine Katze? Zwei Trauben.« Er streckte eine seiner dicken Hände aus. »Zwanzig Cent.«
    »Zehn Cent für eine Traube?« Summerset rümpfte seine lange Nase. »Es überrascht mich, dass Sie nicht rot anlaufen vor Scham.«
    »Du hast meine Trauben gegessen, also wirst du auch dafür bezahlen. Zwanzig Cent.«
    Summerset seufzte theatralisch auf. »Eventuell lasse ich mich dazu überreden, ein Pfund dieser minderwertigen Trauben zu erstehen. Natürlich lediglich für Dekorationszwecke, der Verzehr ist nämlich ausgeschlossen. Ich zahle acht Dollar für das Pfund.«
    »Ha! Du willst mich übers Ohr hauen, wie üblich.« Ein Ereignis, dem der Händler jede Woche mit freudiger Erwartung entgegensah. »Ich rufe die Polizei. Ich will zwölf Dollar für das Pfund.«
    »Wenn ich eine derart unverschämte Summe dafür bezahlen würde, bedürfte ich entweder dringend psychologischer Behandlung oder ich müsste Anzeige wegen Wuchers gegen Sie erstatten. Dann wären Ihre liebreizende Frau und Ihre Kinder gezwungen, Sie im Gefängnis zu besuchen. Da ich eine derartige Verantwortung nicht übernehmen möchte, lasse ich mich vielleicht überreden, zehn Dollar zu bezahlen, aber gewiss nicht mehr.«
    »Zehn Dollar für ein Pfund von meinen zuckersüßen Trauben? Das ist ein Verbrechen. Aber ich werde sie nehmen, weil du dann verschwindest, bevor dein sauertöpfisches Gesicht mein Obst total ruiniert.«
    Die Trauben wurden eingepackt, das Geld bezahlt, und beide Männer wandten sich zufrieden voneinander ab.
    Summerset legte sich die Tüte in die Armbeuge und setzte seinen Bummel fort.
    New York, ging es ihm durch den Kopf, war eine wunderbare Stadt, in der es allerorten die wunderbarsten Charaktere zu erleben gab. Diesen energiegeladenen, lebendigen und reizbaren Moloch liebte er mehr als jeden anderen der unzähligen Orte, an denen er in seinem Leben schon gewesen war.
    Als er sich einer Ecke näherte, drang das Streitgespräch eines Schwebegrillbetreibers mit einem Kunden an sein Ohr. Wie ein Sumo-Ringer seinen Gegner drückte der breite Brooklyner Akzent des Schwebegrillbesitzers die englische Sprache einfach platt.
    Ein Maxibus fuhr rumpelnd um die Kurve, kam quietschend und hustend zum Stehen und spuckte eine Flut von Passagieren in allen Größen und Formen auf den Gehweg aus. Sie sprachen in unzähligen Sprachen, hatten die unterschiedlichsten Ziele und strömten in sämtliche Richtungen davon.
    Summerset trat einen Schritt zur Seite, um nicht in das Gedränge zu geraten, und behielt dabei seine Taschen sorgfältig im Auge. Es war allgemein bekannt, dass Taschendiebe gern das Geld für eine Busfahrkarte zahlten, weil es beim Ein- und Aussteigen hervorragende Arbeitsmöglichkeiten für sie

Weitere Kostenlose Bücher