Symphonie des Todes
ausging, dass das gelogen war, nahm Eve die kleine blaue Pille und schob sie sich mit Todesverachtung in den Mund. »So, Schweser Peabody. Glauben Sie, dass ich jetzt endlich mit meiner Arbeit weitermachen kann?«
»Ja, Madam, denn ich nehme an, mehr können wir momentan sowieso nicht für Sie tun.«
Erst fuhr sie am Krankenhaus vorbei, um dort nach Lane zu sehen. Er lag nach wie vor im Tiefschlaf und wurde wegen einer angeblichen allergischen Reaktion weiter in einem Isolierzimmer behalten, in dem Besuchern der Zutritt streng verboten war.
Eve wurde darüber informiert, dass seine Mutter bereits zweimal da gewesen war und durch die Glasscheibe des Raums gesehen hatte, in dem ihr Liebling lag. Liza Trent war einmal vorstellig geworden, hatte das Feld jedoch nach weniger als fünf Minuten bereits wieder geräumt.
Von irgendwelchen anderen Personen, die nach ihm hatten sehen wollen, wusste die diensthabende Schwester nichts.
»Michel Gerald«, erklärte Eve, als sie die Aufnahmen der Überwachungskamera im Korridor von Lanes Station auf dem Revier ansah. Da sie mit einem Durchsuchungsbefehl bewaffnet im Krankenhaus erschienen war, hatte man ihr die Diskette nach nur kurzer Gegenwehr kopiert.
Gerald stand stirnrunzelnd im Flur und blickte durch das Fenster in den Raum, in dem sein Komplize lag. »Nett von ihm, dass er seinen kranken Freund besucht.«
»Er sieht weniger besorgt als vielmehr ziemlich sauer aus.«
»Ja, und er hat nicht mal Blumen oder Schokolade mitgebracht. Aber diese Aufnahme beweist, dass er in New York ist. Wenn er sich an dem Raubzug heute Nacht beteiligt, können wir eventuell beweisen, dass es zwischen ihm und Yost eine Verbindung gibt. Der Diplomatenstatus wird diesem fiesen Hosenscheißer nicht mehr das Geringste nützen, denn schließlich geht es dann um Verabredung zum Mord.«
»Aber Naples’ Männer sind auf der Diskette nicht zu sehen?«
»Nein. Womöglich haben sie ja gelost, wer prüfen muss, ob Lane tatsächlich, wie behauptet, im Krankenhaus gelandet ist. Schaut, da geht Gerald zum Schwesternzimmer, um zu versuchen, der netten jungen Schwester noch irgendwelche zusätzlichen Informationen zu entlocken. Ganz der besorgte Freund. Und so hinreißend charmant. Sie lässt sich dazu überreden, kurz in der Krankenakte nachzusehen und ihm genau das zu erzählen, was sie ihm aus unserer Sicht erzählen soll. Schwere allergische Reaktion, die zu einem Schockzustand geführt hat. Totale Bettruhe und leichte Sedierung sowie achtundvierzigstündige Quarantäne, während alles an ihm gründlich getestet wird.«
Eve verfolgte, wie Gerald in Richtung Fahrstuhl ging. »Es wird ihnen zwar nicht gefallen, aber sie geben einen derart langfristig geplanten und komplizierten Coup bestimmt nicht auf, weil einer aus ihrer Gruppe körperlich ein bisschen schwächelt. Was sie betrifft, so hat er seine Arbeit schließlich bereits getan.
Und jetzt sollten wir unsere Arbeit tun.« Damit zog sie die Diskette aus dem Schlitz und wandte sich zum Gehen.
22
E s war siebzehn Uhr, als Eve das Palace durch den Haupteingang betrat. Sie wollte sich noch einmal alles mit eigenen Augen ansehen, damit sie ein Gefühl für den Rhythmus des Hotelbetriebs bekam, bevor sie in den Kontrollraum ging.
Das Foyer glich einem Meer aus Marmor, und die strahlenden Farben und komplizierten Mosaike erinnerten sie an die alten Böden, die sie bewundert hatte, als sie mit Roarke in Italien gewesen war.
Mannshohe Urnen mit exotischen Blumenarrangements schmückten den eleganten Raum.
Die Angestellten trugen entsprechend der Funktion, die sie jeweils erfüllten, entweder Purpurrot oder Königsblau.
Die Aufmachung der Gäste zeugte davon, dass die Herberge den Reichen vorbehalten war.
Sie erblickte eine mindestens einen Meter achtzig große, vom Hals bis zu den Knien in dünne, durchschimmernde Tücher gehüllte Frau, die ein Dreiergespann von winzigen weißen Hündchen durch die Eingangshalle dirigierte.
»Augusta.«
»Was?«
»Augusta«, wiederholte Peabody im Flüsterton und nickte in Richtung der gertenschlanken Frau mit den drei Wollknäueln. »Das diesjährige Top-Model. Gott, ich würde mehrere Morde begehen, um solche Beine zu bekommen. Und das da drüben ist Bee-Sting, der Leadsänger von Crash and Burn. Und, mein Gott, der Typ, der da gerade aus dem linken Fahrstuhl steigt, ist Mont Tyler. Das Screen Queen Magazine hat ihn gerade zum verführerischsten Mann dieses Jahrzehnts gewählt. Manchmal macht
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