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syrenka

syrenka

Titel: syrenka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fama
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einen vielsagenden Blick auf seinen Schritt, aber er war zu schwer von Begriff, um den Wink zu verstehen.
    »Zwei Erwachsene und zwei Kinder in einer Einzimmerhütte?«, mischte sich jetzt der Rotschopf hinter ihm ein. »Da musste man wohl in Schichten schlafen?«
    Das war immerhin eine ehrliche Frage. Allerdings verstand Elizabeth Howland das Wort Schicht – »shift« – nicht im modernen Sinne. Sondern für sie bedeutete »shift« Unterwäsche. Und die Blicke, die in einem fort über ihre Brüste und Hüften und ihren Hintern wanderten, hatten ihre Geduld allmählich aufgezehrt.
    »Ganz richtig, Sir«, antwortete sie herablassend. »Wir alle schlafen in unseren Unterkleidern – Männer wie Frauen, und die Kinder auch. Zweifellos seid Ihr wohl ein Mann der Wissenschaft?«
    Sie legte sechs Eier in einen Korb. Die Flucht war der sicherste Weg, solche Störenfriede loszuwerden.
    »Wollen die Herren mich zu einem Besuch auf der anderen Straßenseite begleiten?« Sorgsam achtete Hester darauf, dass siehinter den Jungen die Hütte verließ.
    »Gott zum Gruße, Gouverneur Bradford!«, rief sie über die Köpfe der Touristen hinweg, die sich vor der Hütte versammelt hatten. »Hier ist Elizabeth Howland. Ich bringe ein paar Eier für Alice.« Sie winkte dem Typen mit dem Boston-T-Shirt und dem Rotschopf betont freundlich zu, während sich die Besuchergruppe teilte und hinter Hester wieder schloss.
    Bradford saß an seinem Tisch und zelebrierte das Lesen einer Zeitung – einer Reproduktion, die die Kuratoren des Museums mit einer Gutenbergpresse auf altem Baumwollpapier hatten drucken lassen, mit ebenso zeitgenössischer Druckerschwärze. Das Papier mit den verschnörkelten Buchstaben war immer ein Hit, weil es vollkommen echt aussah.
    »Was habt Ihr da, Sir? Was versetzt Eure Besucher so in Erstaunen?«
    »Ah, Elizabeth, tritt näher! Ich zeigte meinen Gästen gerade die Zeitung, die Isaack de Raisieres vor wenigen Tagen als Geschenk aus New Amsterdam an die Kolonie gesendet hat. Sie soll die Neuigkeiten der Woche aus Frankreich und den Niederlanden bringen.« Er lachte. »Auch wenn diese Neuigkeiten nach einer solch langen Reise, wie ich finde, für niemanden mehr neu sind.«
    »Werter Sir, da kann ich nicht zustimmen«, entgegnete Hester. »Ich höre so wenig aus unserer alten Heimat, dass ich selbst darüber glücklich wäre, die Zeitung der längst Verstorbenen lesen zu können.«
    In diesem Moment ging Hester auf, wie sie etwas über die Morde in der Kirche herausfinden konnte. »Hey!«, brach es aus ihr heraus und ihr Körper straffte sich.
    Die hiesige Zeitung! Seit 1822 war jede einzelne Ausgabe der Old Colony Memorial in der Plymouth Public Library archiviert. Hester hatte schon einige Male für die Schule darin recherchiert. Sie war sich ganz sicher, dass so ein grausiger Zwischenfall wie ein Mord mit anschließendem Selbstmord in einer derart kleinen Stadt die Zeitung monatelang gefüllt haben musste!
    Bradford faltete seine Zeitung zusammen. »Bemerkenswert – das Papier ist auf beiden Seiten bedruckt ...«
    »Ich bitte, mich zu entschuldigen, Sir«, platzte Hester heraus. »Gerade fällt mir ein, ich habe das Feuer unter meiner Suppe vergessen. Bitte richtet Alice aus, dass ich nach ihr gefragt habe.«
    Bradford blieb der Mund offen stehen, als Hester jetzt ihren Korb vor ihm auf den Tisch schleuderte und zur Tür hinauseilte. Wenn sie vor der Schließung des Freilichtmuseums abgewaschen und die Hütte gefegt hatte, blieb ihr in der Bibliothek noch eine ganze Stunde!

Syrenka zog Olaf das Hemd, seine Hose und die Schuhe aus. Sorgsam wusch sie das Blut aus der Kleidung und wrang sie so lange aus, bis sie fast trocken war. Dann zog sie die Sachen an. Bis nach Mitternacht ruderte sie in Olafs Kahn umher und suchte Ezra. Schließlich, aus Furcht vor der nahen Dämmerung und den ersten Fischern, steuerte sie eine abgelegene Uferstelle an. Auf ihren neuen Beinen wankte sie durch den Sand und zog den Kahn bis über die Hochwasserlinie an Land.
    Tagelang wanderte sie umher, versteckte sich auf kleinen dreckigen Pfaden. Sie war verwirrt von der Erde unter ihren Füßen, von Insektenbissen, Hunger, Kälte und ihrem eigenen, ungewohnten Gewicht. Sie stahl Nahrung aus offen stehenden Küchentüren und eine Decke aus einer Scheune. Und zum ersten Mal in ihrem langen Leben dachte sie darüber nach, wie sie sich selbst umbringen könnte.
    Tief in einem wunderschönen Wald, in der Nähe eines kleinen Sees, stieß sie auf

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