syrenka
einzustürzen begann. Hester ruderte mit Händen und Füßen und versuchte vergebens, Halt zu finden. Wenn es ihr nicht gelang, sich zu befreien, würde Noo´kas ihr noch das Genick brechen.
Gerade als Noo´kas sie an den Haaren wieder herauszog, fiel Hesters Blick auf einen Dolch. Sie versuchte, ihn zu fassen zu kriegen, kam aber nicht dran, weil Noo´kas jetzt noch heftiger an ihr riss.
Wie ein Hund an der Leine und trotz der Schmerzen, die ihr dadurch im Nacken und an der Kopfhaut entstehen mussten, warf Hester sich verbissen nach vorn und langte nach dem Dolch, bis ihre Fingerspitzen der linken Hand den Griff zu fassen bekamen. Es gelang ihr, das Messer in die rechte Hand zu wechseln. Im nächsten Augenblick säbelte sie blindlings an ihrem Hinterkopf herum. Mit einer Schnelligkeit und einer Kraft, von der sie nicht gewusst hatte, dass sie sie besaß, durchtrennte sie ihr gebündeltes Haar. Sie stürzte nach vorn, auf Noo´kas´ Schatz, und die Meereshexe, Hesters Haar noch in der Hand, fiel rücklings in den Thronsaal.
Hester versuchte sich aus dem Schatz herauszuarbeiten, aber der Berg war wie Treibsand. Mit jeder ihrer verzweifelten Bewegungen verschoben sich die Gegenstände. Die Dienerinnen eilten herbei, um Noo´kas aufzurichten, aber sie schob sie beiseite.
Und dann begann Noo´kas zu lachen; ein tiefes, dröhnendes Lachen, von dem selbst der Meeresboden zu zittern schien. Es versetzte das Wasser in Schwingungen, sodass der Metallberg zu beben begann, sich klirrend verschob und Hester tiefer einsank.Durch die silbernen Gegenstände hindurch sah sie, wie Noo´kas ihren glänzenden Haarstrang in der einen Hand betrachtete und in der anderen die silberne Muschel. Und dann lachte sie wieder, sogar noch tiefer.
Weeku kam zu Hester hinübergeschwommen. Sie zog sie aus dem Schatz heraus und schleuderte sie vor den Thron. Dann schwamm sie zu Noo´kas. Sie half ihr auf ihren Sitz und steckte sorgsam ihren Speckgürtel um sie herum fest.
»Wie hässlich du jetzt bist!«, bellte Noo´kas Hester an und hielt ihr abgetrenntes Haar in die Höhe.
Hesters Kopf fühlte sich leicht und wie befreit an, aber um Noo´kas zufriedenzustellen, setzte sie eine traurige Miene auf.
»Ich habe mich entschlossen, den Tausch anzunehmen«, sagte Noo´kas. Sie hielt die Spange in die Höhe, sodass alle sie sehen konnten. »Du hast sogar noch weniger Verwendung für dieses Ding als ich. Bei mir kann es bis in alle Ewigkeit dein abgetrenntes Haar zusammenhalten.« Sie wollte sich über ihren eigenen Witz schier ausschütten. Die Dienerinnen zirpten zustimmend und machten Klicklaute.
»Der Handel lautete: den Flachmann und freies Geleit an die Oberfläche«, erinnerte Hester die Meereshexe.
»Ach, verschwinde, du hässliches Ding!« Noo´kas war plötzlich überhaupt nicht mehr zum Lachen zumute. »Geh und leb dein jämmerliches, sterbliches Leben! Im nächsten Augenblick ist es vorüber! Du wirst sterben und Ezra wird wieder mir allein gehören.« Sie neigte ihren Kopf Weeku zu. »Schaff sie mir aus den Augen!«
Weeku schwamm zu Hester und fasste sie um die Hüfte. Bevor sie den Thronsaal verließen, kamen sie an der Stelle vorbei,wo der Flachmann zu Boden gefallen war. Kaum merklich verlangsamte Weeku das Tempo. Hester verstand das Zeichen. Sie streckte den Arm aus und hob ihn auf.
Sie schwammen mit solcher Geschwindigkeit, dass Hester Mund und Augen fest schloss und nur darauf wartete, dass es vorüberging.
An Ezras Strand kamen sie an die Oberfläche, und erstaunt stellte Hester fest, dass es immer noch dunkel war – abgesehen vom Licht des abnehmenden Mondes. Die Ebbe hatte eingesetzt und die Höhle war immer noch teilweise überflutet. Das ganze Geschehen hatte nur ein paar Stunden gedauert.
Als Hesters Füße auf Sand stießen, kribbelten ihre Beine, aber sie funktionierten. Weeku ließ sie los und sie wankte an Land. Ein heftiges Husten überkam Hester und sie spie einen Stoß Wasser aus. Sie sah sich um. Weeku blickte ihr nach.
Hustend und keuchend schwenkte Hester den Flachmann. »Vielen Dank hierfür. Und auch dafür, dass du mich an den Strand zurückgebracht hast.«
»Ich habe es nur für Needa getan. Sie hat dich als ihre Schwester betrachtet. Mehr habe ich mit dir nicht mehr zu tun!«
Hester war völlig durchnässt, aber die Nacht war warm. Sehnsüchtig sah sie zu Ezras Höhle hinüber, wohl wissend, dass sie ihn im Moment nicht besuchen konnte. Die Zeit war knapp, denn in einer oder zwei Stunden würde die
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