syrenka
senkte demütig den Kopf.
»Niemand wird mich meiner Schätze berauben!«, bellte Noo´kas.
In diesem Moment fiel Hester die Spange in ihrem Haar ein. Sie schüttelte Needas Hände ab, fasste sich an den Hinterkopf und öffnete die Spange. Ihr Haar stob auseinander und erschien im dunklen Wasser wie ein wogender Heiligenschein. »Dann biete ich dir einen Tausch an. Gegen den Flachmann.« Sie hielt die Spange in die Höhe. »Es ist eine Muschel. Eine silberne Muschel.«
Neugierig und unter Ächzen beugte Noo´kas sich ein Stück vor.
»Sie ist bedeutend schöner als alles andere in deiner Sammlung. Ich überlasse sie dir, gegen den Flachmann, der im Grunde nur ein wertloses angelaufenes Ding ist, und gegen freies Geleit zur Wasseroberfläche.«
»Was soll ich denn damit?«, entgegnete Noo´kas ärgerlich. »Ich habe für so etwas keine Verwendung.« Sie fasste eine ihrer filzigen Haarsträhnen und zog leicht daran. Ohne den geringsten Widerstand löste sich das Haar von ihrem Kopf und hinterließ eine kahle, schuppige Stelle. Noo´kas wurde wütend. »Du weißt genau, dass diese Spange in meinen Haaren nicht hält. Es ist eine Beleidigung, sie mir anzubieten.«
Reflexartig setzte Hester zur Flucht an. Unbeholfen schwamm sie drauflos, nach oben und irgendwie hinaus aus diesen Wänden aus Metallschrott, allein durch die Kraft ihrer Arme, denn ihre Beine versagten ihr den Dienst. Needa schwamm ihr nicht nach.
»Du, mit deinem abstoßend dichten Haar! Hast wohl gedacht, du könntest mich vor meinen Dienerinnen zum Narren halten!«, brüllte Noo´kas. Entschlossen, unter zentimetergroßen Bewegungen erst der einen, dann der anderen Hüfte, schob sie ihren Walfischspeck vom Thron. Ihr Silberschmuck klingelte wie Unterwasserglöckchen. Sie riss Weeku eine Lanze aus der Hand und folgte Hester – beängstigend schnell für eine so wuchtige Kreatur.
»Du bleibst hier! Du gehörst mir!«
Hester hielt an und rollte sich zum Schutz zu einer Kugel zusammen. Sie zitterte, aber ihr Wille war ungebrochen.
»Ich gehöre nur mir selbst und ich werde jetzt gehen!« Sie streckte ihre rechte Hand mit der Spange aus. »Nimm die Muschel – oder behalte deinen angegammelten Flachmann aus deiner Sammlung bis in alle Ewigkeit. Du hast die Wahl!«
Noo´kas ließ den Flachmann auf den Meeresboden fallen. Gierig grabschte sie nach der Spange, um sie sich genauer anzusehen. In diesem Bruchteil einer Sekunde fiel ihr Blick auf Hesters Handfläche. Hester bemerkte es. Rasch schloss sie die Hand und zog sie zurück.
Doch mit den Reflexen eines Hais schnappte Noo´kas Hesters Hand. Sie bog die Finger auseinander und riss dabei mit ihren scharfen Fingernägeln tiefe, blutende Wunden hinein.
»Wer war das?« Sie sah zu Needa. Needa hatte ihren Kopf bereits gesenkt und warf sich flach auf den Meeresboden. Noo´kas hob ihre Lanze.
»Nein!«, schrie Hester und versuchte, nach der Waffe zu greifen. »Sie kann sich nicht wehren!«
Aber es war zu spät. Der Speer glitt zielstrebig durch das Wasser, und Needa unternahm nicht einmal den Versuch, zu entkommen. Die Lanze traf sie vom Rücken her ins Herz. Lautlos krümmte sie sich und blieb schließlich zusammengerollt auf dem Meeresboden liegen, umgeben von Schlieren dunkelgrünen Blutes.
»Needa!«, schrie Hester auf. Ungeschickt schwamm sie zu ihr hinab, zurück in den schaurigen Thronsaal, dem sie erst vor wenigen Augenblicken zu entfliehen versucht hatte. Needa hatte sich in Gefahr begeben, indem sie Hester geholfen hatte, ihre Verbindung zum Land nicht zu vergessen. Sie hatte sie so gut vor Noo´kas beschützt, wie es nur irgend möglich gewesen war.
Hester war noch nicht weit geschwommen, als Noo´kas sie am Haar zu fassen bekam. Mit einem heftigen Ruck im Nacken wurde ihr Kopf nach hinten gerissen.
»Warum hättest du nicht einfach irgendwann heiraten und sterben können, wie die anderen Frauen deiner Familie?«, donnerte Noo´kas. Sie schüttelte Hester, wie ein Wolf ein kleines Beutetier, mit peitschenden Bewegungen. »Warum musst du unbedingt meinen wunderbaren Kreislauf des Leidens durchbrechen, indem du kein Kind willst? Warum hast du Ezra aufgestöbert und seine Gefühle geweckt? Warum zerstörst du alles?«
Im Geist hörte Hester Pastor McKees Worte: Du bist unsere Hoffnung. Nach so langer Zeit bist du endlich da!
»Lass mich los!«, schrie Hester.
An ihren Haaren schleuderte Noo´kas Hester in ihre Anhäufung silberner Schätze, sodass eine Wand des Berges zu schwanken und
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