System Neustart
Außer Pamela. Die werde ich informieren.«
»Was ist mit Oliver?«
»Nein«, sagte Bigend. »Ihn ausdrücklich nicht. Haben Sie heute schon mit ihm gesprochen?«
»Er hat mich angewiesen, mein Telefon auf meinem Zimmer zu lassen, im Ladegerät und eingeschaltet. Er hat gesagt, dass er es neu programmieren müsse. Ich bin noch nicht zurückgegangen.«
Bigend betrachtete die rosafarbene Schrotflinte.
»Warum ist sie rosa?«, wollte Milgrim wissen.
»Das hat der 3-D-Drucker so ausgespuckt. Ich weiß nicht, warum sie die Farbe Rosa benutzen. Vielleicht ist das die Standardfarbe. Diese Telefone sind Olivers Projekt. Wenn Sie eines benutzen, sollten Sie davon ausgehen, dass es nicht sicher ist, egal ob zum Telefonieren, Texten oder Schreiben von E-Mails. Aber da wir uns hier in England befinden, sollten Sie eigentlich kein Telefon als wirklich sicher betrachten. Verstanden?«
»Sie vertrauen Oliver nicht?«
»Nein«, sagte Bigend. »Ich möchte, dass Sie jetzt erst einmal ganz normal weitermachen, als hätten Sie gar nicht bemerkt, dass Sie fotografiert wurden. Ganz einfach.«
»Und was genau soll ich machen?«, fragte Milgrim.
»Wie hat Ihnen Hollis Henry gefallen?«
»Sie kam mir irgendwie ... bekannt vor?«
»Sie war mal Sängerin. In einer Band. The Curfew.«
Milgrim erinnerte sich an eine große, silbrige Schwarz-Weiß-Fotografie. Ein Poster. Eine jüngere Hollis Henry, ein Knie angehoben, den Fuß auf irgendetwas abgestützt. Ihr Tweed-Minirock war halb aufgeräufelt und straff gespannt. Wo hatte er das gesehen?
»Sie werden mit ihr zusammenarbeiten«, sagte Bigend. »An einem anderen Projekt.«
»Als Übersetzer?«
»Das bezweifle ich. Es geht dabei auch um Bekleidung.«
»Damals in Vancouver ...«, setzte Milgrim an und hielt dann inne.
»Ja?«
»Da habe ich die Handtasche einer Frau gefunden. Es war eine Menge Geld darin. Ein Telefon. Ein Portemonnaie mit Kreditkarten. Schlüssel. Ich habe die Tasche mit dem Portemonnaie, den Karten und den Schlüsseln in einen Briefkasten gesteckt. Und nur das Geld und das Telefon behalten. Kurz darauf haben Sie angerufen. Ich kannte Sie nicht. Wir haben uns unterhalten.«
»Ja«, sagte Bigend.
»Deswegen bin ich heute hier, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Bigend.
»Wem gehörte dieses Telefon?«
»Erinnern Sie sich daran, dass da noch etwas anderes in der Handtasche war? Ein Gerät mit einem schwarzen Plastikgehäuse, etwa doppelt so groß wie das Telefon?«
Jetzt fiel es Milgrim wieder ein. Er nickte.
»Das war ein Scrambler. Er gehörte mir. Die Frau, deren Handtasche Sie gefunden haben, hat für mich gearbeitet. Ich wollte wissen, wer ihr Telefon hat. Deswegen habe ich die Nummer gewählt.«
»Warum haben Sie immer wieder angerufen?«
»Weil Sie meine Neugier geweckt haben. Und weil Sie immer wieder drangegangen sind. Weil wir ein Gespräch begonnen haben, das letzten Endes zu unserem Zusammentreffen führte und dazu, dass Sie heute hier sind, wie Sie richtig erkannt haben.«
»Dass ich heute hier bin, hat das mehr gekostet als ...« Milgrim überlegte. »Mehr als der Toyota Hilux?« Er fühlte sich, als würde seine Therapeutin ihn beobachten.
Bigend legte den Kopf leicht schief. »Ich bin mir nicht ganz sicher, aber wahrscheinlich schon. Warum?«
»Genau das wollte ich Sie fragen«, sagte Milgrim. »Warum?«
»Weil ich von dieser Klinik in Basel gehört hatte. Sie ist höchst umstritten, sehr teuer. Ich war neugierig, ob das bei Ihnen funktionieren würde.«
»Warum?«, fragte Milgrim noch einmal.
»Weil«, sagte Bigend, »ich ein neugieriger Mensch bin. Und ich es mir leisten kann, meine Neugier zu befriedigen. Die Ärzte, die Sie in Vancouver untersucht haben, waren gelinde gesagt nicht besonders optimistisch. Ich mag Herausforderungen. Und selbst in dem Zustand, in dem ich Sie in Vancouver gefunden habe, waren Sie schon ein herausragender Übersetzer. Später« - Bigend lächelte - »wurde offensichtlich, dass Sie für eine ganze Reihe von Dingen einen guten Blick haben.«
»Ich wäre jetzt tot, nicht wahr?«
»Soweit ich weiß, hätten Sie es nicht überlebt, wenn Sie zu rasch auf Entzug gesetzt worden wären«, sagte Bigend. »Was schulde ich Ihnen also?«
Bigend streckte die Hand nach der Schrotflinte aus, als wollte er mit dem Finger dagegentippen, hielt dann jedoch inne. »Sie verdanken mir nicht Ihr Leben«, sagte er. »Das war nur ein Nebenprodukt. Meiner Neugier.«
»Und was ist mit dem ganzen Geld?«
»Der Preis für meine
Weitere Kostenlose Bücher