System Neustart
Eigentums verlieren, auf den ich als seine Ex einen Anspruch habe. Falls sie ihm irgendwas lassen sollten. Aber im Ernst - scheiß drauf!«
Das Frühstück kam; Hollis nahm das Tablett an der Tür entgegen und zwinkerte der jungen Italienerin zu: Trinkgeld später.
Heidi wühlte sich aus dem Wäschehaufen. Setzte sich an den Bettrand und schlüpfte in ein riesiges Hockeytrikot, das, soweit Hollis sich erinnerte, einmal einem berühmten Spieler gehört hatte; allerdings fehlte ihr das Gen, das man brauchte, um sich für Mannschafts-Sport zu interessieren. Sportler waren ganz eindeutig Heidis »Ding«, jedenfalls wenn sie hinreichend verrückt waren. Als Drummerin von The Curfew hatte sie sich mit einem widerlichen Boxer nach dem anderen eingelassen, was zwar für die Publicity gut gewesen war, aber nicht für sie. Einen davon hatte sie während einer Party im Vorfeld der Oscar-Verleihung mit einem einzigen Faustschlag ins Reich der Träume befördert. Inzwischen war Hollis immer öfter froh darüber, dass es, als sie im Rampenlicht gestanden hatte, noch kein YouTube gegeben hatte.
»So ganz hab ich nie begriffen, was dieser Garret eigentlich gemacht hat«, sagte Heidi, schenkte sich eine halbe Tasse Kaffee ein und füllte sie mit dem Rest des Whiskys auf.
»Garreth. Hältst du das für eine gute Idee?«
Heidi zuckte mit den Achseln, wobei ihre Schultern in dem Trikot kaum zu sehen waren. »Du kennst mich doch. Wenn ich das erst mal runtergekippt habe, begnüge ich mich die nächsten sechs Monate mit Mineralwasser. Allerdings könnte ich jetzt ein Fitnessstudio gebrauchen. Und zwar ein gutes. Was hat er denn nun gemacht?«
»Das ist schwer zu erklären«, sagte Hollis und goss sich selbst Kaffee ein. »Aber ich habe mir fest vorgenommen, es nie zu versuchen.«
»War er ein Ganove?«
»Nein«, sagte Hollis. »Allerdings hat er hin und wieder schon mal gegen Gesetze verstoßen. Erinnerst du dich noch an Banksy, den Graffitikünstler?«
»Yeah?«
»Den mochte er. Hat sich mit ihm identifiziert. Sie stammen beiden aus Bristol.«
»Aber er war kein Graffitikünstler.«
»Ich glaube, er hat sich dafür gehalten. Nur eben nicht mit Farbe.«
»Sondern mit was?«
»Mit Geschichte«, sagte Hollis.
Heidi musterte sie skeptisch.
»Er hat mit einem Mann zusammengearbeitet, der etwas älter war — und ziemlich wohlhabend. Der Alte legte fest, was sie machen wollten, worin die Geste bestehen sollte, und dann tüftelte Garreth aus, wie er das am besten umsetzen konnte. Ohne sich erwischen zu lassen. Wenn der Alte der Stückeschreiber war, dann war er der Dramaturg und manchmal auch der Schauspieler.« »Und was war das Problem?«
»Mir war das unheimlich. Ich fand schon gut, was die gemacht haben. Aber es war noch gruseliger als das, was Bigend so treibt. Für mich muss die Welt eine Oberfläche haben - eine Oberfläche, die alle sehen. Ich mag das Gefühl nicht, dass ich jeden Moment in eine andere Welt fallen könnte. Schau doch, was mit dir passiert ist!«
Heidi griff nach einer dreieckigen Scheibe trockenen Toast und betrachtete sie in etwa so, wie ein Selbstmörder eine Rasierklinge betrachten mochte. »Du hast gesagt, er wäre kein Ganove.«
»Die beiden haben gegen Gesetze verstoßen, aber sie waren keine Ganoven. Allerdings haben sie sich mit dem, was sie da taten, so oder so andauernd Feinde gemacht. Er ist nach L.A. gekommen, und wir haben etwas Zeit zusammen verbracht. Ich hab mit dem Buch angefangen. Er ist nach Europa geflogen. Ich hab ihn wiedergesehen, als ich hier war, um den Vertrag für den Werbespot zu unterschreiben.«
»Ich hab mich vertreten lassen.« Heidi biss eine Ecke ab und kaute argwöhnisch.
»Ich wollte hier sein.« Hollis lächelte. »Und dann ist er mit mir zurückgeflogen, nach New York. Ohne zu arbeiten. Aber dann haben sie wieder ihre Vorbereitungen getroffen. Im Vorfeld der Obama-Wahl. Sie führten etwas im Schilde.«
»Was?«
»Keine Ahnung. Außerdem hab ich ihm versprochen, nicht darüber zu reden. Ich hatte genug mit dem Buch zu tun. Er schaute nicht oft vorbei. Und irgendwann überhaupt nicht mehr.«
»Vermisst du ihn?«
Hollis zuckte mit den Achseln.
»Du bist auch nicht immer einfach, weißt du das?«
Hollis nickte.
»Was die Sache nicht eben leichter macht.« Heidi stand auf, trug ihre Tasse ins Bad und kippte den Inhalt in das Waschbecken. Dann setzte sie sich wieder zu Hollis und goss sich frischen Kaffee ein. »Hast du das Gefühl, auf irgendwas zu
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