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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Proustschen Aberglaubens, und aß sie dann alle hintereinander auf. Sie waren sehr gut. Die weiß Bestäubte schmeckte nach Mandeln. Als er fertig war, spülte er die Kapseln aus Basel mit weißem Birnentee hinunter.
    Dann fiel ihm wieder ein, den Browser zu aktualisieren.
    »Snd Sie da?« Vor zwei Minuten.
    »Ja. Sorry. «
    Aktualisieren.
    »Ihr Tlfon ist ncht sicher«
    »Habe Laptop geborgt. Telefon verloren.« Er zögerte. »Ich glaube, Sleight konnte mich damit orten.« Aktualisieren. »Sie hbn es verlren?« »Bin es losgeworden.« Aktualisieren. »Warum??«
    Darüber musste er einen Moment nachdenken. »Es hat Verfolgern gesagt, wo ich bin.« Aktualisieren. »Und??« »Hatte es satt.« Aktualisieren.
    »Keine unübrlegtn Aktionen OK? Blben Sie cool« »Wollte nicht, dass er weiß, wo wir untergebracht sind.« Aktualisieren. »Wo snd Sie?«
    »Untergebracht«, beendete er den Satz laut und schrieb dann: »Hotel Odéon, bei der Metrostation Odéon. « Aktualisieren.
    »Snd Sie mrgen früh zurck?« »Soweit ich weiß.« Aktualisieren.
    »Wrauf ist Ihre Prtnerin aus??«
    »Jeans.«
    Aktualisieren.
    »LOL! Blben Sie cool bis bid tschau«
    »Tschau«, sagte Milgrim, wenig beeindruckt von der Regierungsagentin, die ihn betreuen sollte. Sie erinnerte ihn an eine desinteressierte junge Mutter.
    Er loggte sich aus Twitter aus und rief die Lesezeichen auf, um die Webseite anzuklicken, die er vor Kurzem dort abgespeichert hatte. Laubfrosch, der eine Jacke mit Reißverschluss trug und einen altmodischen Porno-Balken über den Augen hatte. Worum mochte es da gehen? Er klickte sich durch die Seite, und langsam ging ihm ein Licht auf. Er erinnerte sich an eine weitere Power-Point-Präsentation, die die junge Französin in Soho gehalten hatte. Die Fetischisierung von Elite-Spezialeinheiten durch den Markt. Sie hatte gesagt, der Vietnam-Krieg hätte die entsprechende Trendwende herbeigeführt. Und um ihre Theorie zu untermauern, hatte sie Collagen aus Kleinanzeigen von den hinteren Seiten längst eingestellter Männerzeitschriften aus den fünfziger Jahren wie True und Argosy gezeigt: Leistenbruchbänder, kleine Affen in Teetassen, die man per Post bestellen konnte, Kurse zum Thema Rasenmäherreparatur, Röntgenbrillen ... Diese Anzeigen, hatte sie gesagt, stellten einen Querschnitt durch das kollektive Unbewusste des amerikanischen Mannes kurz nach dem Zweiten Weltkrieg dar. Abgesehen von den allgegenwärtigen Bruch- und Ersatzbruchbändern (Milgrim fragte sich, wodurch diese Leistenbruch-Epidemie bei US-amerikanischen Männern der Nachkriegszeit wohl ausgelöst worden war), unterschied sich diese Zusammenstellung kaum von den Anzeigen, die sich auf den hinteren Seiten der Comics derselben Ära fanden. Damals konnte jedermann den italienischen Karabiner, mit dem später John F. Kennedy ermordet wurde, per Post bestellen, und zwar für unter 15 Dollar, inklusive Versandkosten. Der Wertschätzung, die der amerikanische Mann nach dem Krieg für militärische Ausrüstung empfand, standen höchstwahrscheinlich die noch nicht lange zurückliegenden Erinnerungen an die Realität des Krieges gegenüber - wenn auch eines Krieges, den die USA eindeutig gewonnen hatte. Mit Vietnam hatte sich das geändert, hatte die Französin gesagt und war zu einer neuen Reihe von Collagen übergegangen. Vietnam habe zu einer Umwälzung in der Psyche des amerikanischen Mannes geführt. Milgrim konnte sich nicht mehr erinnern, was genau es gewesen war, aber er wusste noch, dass sie es mit jener Kultur in Verbindung gebracht hatte, die offenbar Webseiten wie diese hier hervorbrachte.
    Laubfrosch war mit einem schwarzen Porno-Balken versehen, um seine Identität zu schützen. Woraus der Betrachter schließen sollte, dass er zu einer militärischen Elite gehörte. Die Französin hatte das sogar als Marketingtechnik erwähnt.
    Milgrim kehrte zu Laubfroschs Bild zurück. Er wirkte nicht weiter bedrohlich. In den zehn Jahren, die Milgrim auf der Straße gelebt hatte, hatte er weitaus Schlimmeres gesehen. Der Mann mit dem Vokuhila in dem eingemotteten Restaurant außerhalb von Conway war dagegen ziemlich bedrohlich gewesen. Eine Bedrohlichkeit, die Milgrim nicht in Worte fassen konnte, die man nur schwer verbergen und unmöglich vortäuschen konnte. Das erste Mal war sie ihm in New York begegnet, bei einem jungen Albaner, der in den Heroinhandel verwickelt gewesen war. Hinweise auf einen militärischen Hintergrund und andere Dinge. Er hatte dieselbe Ruhe

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