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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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mir das unter dem Tore von Ville-aux-Fayes gesagt hat, ist ebenso wahr wie ich an Gott den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist glaube. Es gibt noch einen Gelehrten in Soulanges, Monsieur Gourdon, unseren Arzt, der, wie man sagt, ein Naturalienkabinett einrichtet, wie es seinesgleichen nicht in Dijon hat, kurz, den ersten Gelehrten hier zu Lande, der sie mir teuer bezahlen wird ... Der versteht Menschen und Tiere auszustopfen! Und da mein Junge mir versichert, die Otter habe weiße Haare ... Wenn's sich so verhält, habe ich ihm gesagt, will uns der liebe Gott heute morgen wohl ... Sehen Sie, wie das Wasser da brodelt? ... Oh, da ist sie ... Obwohl sowas wie die Dachse in der Erde lebt, bleibt es doch ganze Tage unter Wasser ... Ach, sie hat Sie gehört, lieber Herr, sie traut sich nicht; denn kein Tier ist schlauer als das; es ist schlimmer als ein Weib.«
    »Hat man ihr etwa darum das weibliche Geschlecht: die Otter, gegeben?« fragte Blondet.
    »Na, das wäre, Herr! der Sie aus Paris sind, Sie wissen das genauer als wir; aber unsertwegen würden Sie besser getan haben, bis tief in den Morgen hinein zu schlafen; denn, sehen Sie, wie das Wasser da fließt? Sie flieht drunter fort ... Komm, Mouche, sie hat den Herrn gehört, die Otter, und sie ist imstande, uns bis Mitternacht Maulaffen feilhalten zu lassen. Gehen wir weg ... Da schwimmen unsere dreißig Franken hin ...«
    Mouche stand auf, doch voller Bedauern; er blickte auf die Stelle, wo das Wasser brodelte, mit dem Finger daraufzeigend und nicht alle Hoffnung verlierend.
    Dies Kind mit krausen Haaren, einem gebräunten Gesichte wie bei den Engeln auf den Gemälden des XV. Jahrhunderts, schien in kurzen Hosen zu sein, denn sein langes Beinkleid endigte am Knie mit Rissen, die mit Dornen und abgefallenem Laub geschmückt waren. Dies notwendige Kleidungsstück wurde durch zwei Wergstricke, die als Hosenträger dienten, festgehalten. Ein Leinenhemd von derselben Qualität wie die der Hose des Alten, aber durch draufgesetzte Flicken verstärkt, ließ eine sonnenverbrannte Brust sehen. So übertraf Mouches Anzug noch den des Vaters Fourchon an Einfachheit.
    Die Leute hier sind doch gutmütig, sagte Blondet bei sich selbst; die im Weichbilde von Paris würden einen Bürger, der ihnen das Wild verjagt, doch tüchtig anfahren!
    Und da er noch nie eine Otter, selbst im Museum nicht, gesehen hatte, war er entzückt von dieser Episode seines Spaziergangs.
    »Nun,« fing er wieder an, gerührt, den Alten fortgehen zu sehen, ohne um etwas zu bitten, »Ihr nennt Euch einen schlauen Otternjäger. Seid Ihr auch sicher, daß eine Otter da ist? ...«
    Auf der anderen Seite hob Mouche den Finger auf und wies auf Luftblasen hin, die aus dem Grunde der Avonne aufstiegen und inmitten des Beckens platzten.
    »Da ist sie zurückgekommen,« sagte der Vater Fourchon, »es hat Atem geholt, das Lausebiest; sie hat die Blasen da erregt. Wie machen sie's nur, daß sie auf dem Wassergrunde atmen können? Aber sowas ist so boshaft, daß es sich über die Wissenschaft lustig macht.«
    »Nun,« fuhr Blondet fort, dem letzteres Wort mehr ein Scherz zu sein schien, den er mehr der Bauernschlauheit als dem Individuum zu danken hatte, »so wartet doch und fangt die Otter.«
    »Und unser Tagwerk, Mouches und meins?«
    »Was bringt Euch Euer Tagwerk denn ein?«
    »Unser beider, meines Lehrlings und meines? ... Fünf Franken ...« sagte der Alte und schaute Blondet mit einer Unsicherheit in die Augen, welche eine ungeheure Ueberforderung anzeigte.
    Der Journalist zog zehn Franken aus der Tasche und sagte:
    »Hier sind ihrer zehn, und ich werde Euch genau so viel für die Otter geben.«
    »Da wird sie Sie nicht viel kosten, wenn sie weiß auf dem Rücken ist; denn unser Unterpräfekt sagte mir, daß nur unser Museum eine derartige besäße. – Aber er ist ja so unterrichtet, unser Unterpräfekt, und nicht dumm. Wie ich die Otter jage, so jagt Monsieur des Lupeaulx Monsieur Gaubertins Tochter nach, die eine tüchtige weiße Mitgift auf dem Rücken hat ... Halt, mein lieber Herr, ohne Ihnen zu kommandieren, gehen Sie an die Avonne, da unten an den Stein da. Wenn wir die Otter gehetzt haben, wird sie die Wasserrinne hinuntergehen; denn das ist so die List bei solchen Tieren, sie begeben sich immer oberhalb ihres Lochs zum Fischen, und einmal mit Fischen beladen, wissen Sie, daß sie sich am besten von der Strömung treiben lassen. Wie ich Ihnen sage, sie ist schlau! ... Wenn ich die Schlauheit in ihrer

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