T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
Mordwaffe. Sowohl die Barista im Local Buzz als auch Butch Johansen hatten Avas Geschichte bestätigt, außerdem konnte er sie sich einfach nicht als kaltblütige, brutale Mörderin vorstellen.
Doch er hatte schon öfter falschgelegen.
Lester Reece war das Paradebeispiel dafür. Damals war er der leitende Ermittler gewesen.
Seufzend warf er einen Blick auf die Uhr. Er glaubte fest an die Theorie, dass die Chance, einen Mörder zu fassen, achtundvierzig Stunden nach der Tat drastisch abnahm. Die Uhr tickte; seit Cheryl Reynolds Ermordung waren bereits vierundzwanzig Stunden vergangen.
Bei Ahab, einem kleinen Fischgeschäft, das es bereits seit knapp hundert Jahren gab und das auch dementsprechend aussah, ergatterte Snyder die letzten der frischen Austern. Der Laden mit seinen Glasbehältern, dem gestoßenen Eis und der großen Auswahl an Meeresfrüchten hatte sich seit der letzten Modernisierung, die ungefähr zur selben Zeit stattgefunden haben musste, in der Kühlschränke in Mode gekommen waren, nicht mehr verändert. Verblichene Schilder aus den Dreißigern, Vierzigern und Fünfzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts hingen immer noch an den dicken Holzwänden, die einst weiß gestrichen gewesen waren, und fast immer klebte Einwickelpapier an den Fenstern, auf dem der Tagesfang bekanntgegeben wurde. In riesigen Behältern mit fließendem Salzwasser befanden sich noch lebende Schwertmuscheln, Pazifische Taschenkrebse und Austern. Draußen unter einem umgewandelten Carport stand ein geschwärzter Krabbentopf, bereit, jede Meereskreatur zu kochen, die der Kunde wünschte.
Snyder hielt einen Plausch mit Lizzy, die auf die neunzig zugehen musste und zum festen Inventar des Ahab gehörte, solange der Detective denken konnte. Ihr Gesicht war tief gefurcht, das Haar unter dem Haarnetz drahtig und schneeweiß, ihre Brille dick, doch sie war immer noch auf Zack, und keiner wusste so gut wie sie, was in der Stadt vorging.
Lizzy schaufelte sechs Austern und Eis in eine Plastiktüte und fragte: »Haben Sie schon Cheryl Reynolds Mörder geschnappt?«
»Die Ermittlungen laufen noch, deshalb darf ich keinen Kommentar abgeben.«
»Das musste ja passieren, sonderbar, wie die war. Hat sich immer angezogen wie ein Hippie. Als würde sie zu einem dieser Love-&-Peace-Happenings aus den späten Sechzigern gehen. Wenn Sie mich fragen: Das hat man davon, wenn man sich mit diesen Verrückten einlässt.«
»War Cheryl denn in schlechte Gesellschaft geraten?« Er ließ den Blick über den Kai schweifen, wo alle möglichen Typen rumhingen. In Anchorville fand die Hälfte aller Verhaftungen wegen Drogenbesitzes im näheren Umkreis des Hafens statt.
»Oh … hier bei uns ist das natürlich etwas anderes«, plapperte Lizzy, als habe sie seine Gedanken gelesen, »und ich bitte meine Kunden nicht zu mir nach Hause! Außerdem habe ich doch Jimmy und seine Hunde gleich nebenan im Laden für Fischereibedarf.«
Snyder kannte Jimmy, Lizzys Enkel. Der Mann war um die fünfzig und dauerstoned. Snyder kannte auch George und Martha, die sich bereitwillig die Köpfe tätscheln ließen, wenn er einen Köder kaufte oder eine Angellizenz erwarb. Er bezweifelte, dass die beiden Labradore die Energie aufbringen würden, potenzielle Angreifer zu vertreiben.
»Bitte schön!« Lizzy tippte den zu zahlenden Betrag ein, schnappte sich den Zwanziger und stopfte ihn in die uralte Registrierkasse, die tatsächlich noch klingelte, wenn man die Schublade zuschob. Dann drückte sie ihm das Wechselgeld in die Hand.
»Wenn Sie mich fragen, sollten Sie Ausschau nach Lester Reece halten«, sagte sie, während Snyder die Plastiktüte mit den Austern in seinem Rucksack verstaute.
»Lester Reece ist tot.«
»Hm. Das glaube ich nicht.« Sie kam um den Tresen herum und stellte das Neonschild aus, das mit grell leuchtenden Buchstaben GEÖFFNET verkündete. »Cheryl kannte ihn.«
»Tatsächlich?«
»Sicher. Nun, eigentlich kannte sie seine Mutter. Die war eine ihrer Klientinnen. Noch so eine, die nicht alle Tassen im Schrank hat, wenn Sie wissen, was ich meine.« Sie tippte sich mit dem Finger an die Schläfe. »Ist bei dem Richter geblieben, obwohl der es mit sämtlichen Weibern im ganzen County getrieben hat. An ihrer Stelle hätte ich den alten Lustmolch erschossen.« Sie grinste breit, wobei sie ihr perfektes künstliches Gebiss entblößte.
»Dann hätten Sie aber ganz schön Schwierigkeiten bekommen!«
»Ach was. Meiner Meinung nach wäre die Tat berechtigt
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