T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
ging es ihr besser – als sei ihr eine schwere Last von den Schultern genommen. Tanya hatte kaum einen Bissen zu sich genommen.
»Wow«, sagte sie schließlich. »Ich sollte dich Alice nennen. Du bist definitiv im Kaninchenbau gelandet.«
»Und das gleich mehrfach.«
Sie aßen ihr Hauptgericht, doch als die Bedienung nach ihrem Dessertwunsch fragte, musste Ava passen und bestellte sich nur einen Espresso. Tanya dagegen wählte ein Stück Apfel-Preiselbeer-Tarte mit einer riesigen Kugel Vanilleeis und zwei Löffeln. Widerwillig nahm Ava ein paar Bissen, dann nippte sie an ihrem schwarzen Kaffee.
Sie hatte gerade die Kreditkartenrechnung unterschrieben, als Tanya sagte: »Und auf dem Rückweg erzählst du mir von Austin Dern.«
»Und warum sollte ich das tun?«
»Oh, keine Ahnung, vielleicht weil du in ihn verliebt bist?«
Ava war schockiert. »Um Himmels willen, hat sich das etwa so angehört?« Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war ein kompliziertes Liebesleben, und eine Beziehung mit Dern wäre kompliziert. Hochkompliziert.
»Du hast ihn zwar nicht oft erwähnt, aber wenn du es getan hast, bist du rot geworden«, stellte Tanya fest und deutete mit dem Nachtischlöffel auf ihre Freundin. »Versuch gar nicht erst zu leugnen. Als Schönheitspflegerin bin ich eine Expertin in solchen Dingen. Was glaubst du, wie viele Geschichten von Frauen ich mir in all den Jahren angehört habe, und es geht immer um einen Mann, wenn nicht gar um mehrere.«
»Ich kenne ihn doch gar nicht, zumindest nicht richtig, außerdem – nur für den Fall, dass du es vergessen haben solltest – bin ich verheiratet.«
»Ach, tatsächlich? Wo sind denn deine Ringe? Wenn ich mich recht entsinne, hast du zur Verlobung einen Zweikaräter bekommen, den du immer zusammen mit deinem Ehering getragen hast.«
Das war eine gute Frage, dachte Ava. Sie hatte gar nicht mehr an die Ringe gedacht. »Ich nehme an, sie liegen irgendwo in einem Safe oder in einem Schließfach.« Sie blickte unsicher auf ihren nackten Ringfinger.
»Du erinnerst dich wirklich nicht, oder?«
»Ich glaube nicht.«
»Du hast sie in die Bucht geworfen.«
»Wie bitte?«
Ava schnappte nach Luft.
»Ich war dabei.« Tanya nahm einen weiteren Happen Eis.
»Aber ich hätte doch niemals –«
»Doch, natürlich. Du hattest herausgefunden, dass Wyatt dich betrog, und zwar nicht zum ersten Mal.«
»Nein, ich meine, das kann ich einfach nicht glauben …« Sie verstummte, als sich kleine, scharfkantige Erinnerungssplitter Stück für Stück zu einem Bild zusammenfügten. »Mit wem?«
»Spielt das eine Rolle? Meiner Ansicht nach ist Fremdgehen Betrug, so oder so, egal, wer der Dritte im Bunde ist.«
Ava spürte, wie ihr übel wurde. Tanya hatte recht.
»Ava«, sagte ihre Freundin behutsam. »Du hast mehr als nur Gedächtnislücken. Dir fehlen ganze Monate, wenn nicht gar Jahre.« Tanya ließ den Löffel sinken und schob den Rest des schmelzenden Desserts zur Seite. »Ich habe bisher nichts gesagt, weil ich es nicht noch schlimmer machen wollte. Doch ich sehe, wie verzweifelt du kämpfst, versuchst, dich zu erinnern, und langsam aber sicher wird das Ganze wirklich schlimm. Unheimlich. Sieh zu, dass du da rauskommst, solange du noch kannst.« Tanya wirkte todernst.
»Glaubst du, ich bin in Gefahr?«
»Nun … ja. Vielleicht. Vermutlich. Denk nur an die arme Cheryl!«
»Das ist etwas anderes.«
»Ach ja?« Tanya zog besorgt die Augenbrauen zusammen. »Seltsam, dass alles zusammenkommt. Das siehst du doch auch.«
Tanya hatte recht. Die Furcht, die Ava so mühsam zu beherrschen versuchte, wurde übermächtig.
»Nein. Das ist zu weit hergeholt«, widersprach sie, doch sie wirkte wenig überzeugend. »Wenn mich jemand aus dem Weg räumen wollte, hätte er mich längst umgebracht.«
»Nein, das glaube ich nicht. So leicht ist es heutzutage nicht mehr, einen Mord wie einen Unfall aussehen zu lassen. Die Forensiker bewirken mitunter wahre Wunder, außerdem wird stets zuerst innerhalb der Familie ermittelt. Ich denke, man versucht, dich so weit zu bringen, dass du Selbstmord begehst.«
»Nein.«
Tanya griff über den Tisch hinweg nach Avas Arm und drehte ihre vernarbten Handgelenke nach oben. »Ich kenne dich seit Jahren, Ava, und bis zu Noahs Verschwinden warst du die Letzte, der ich einen Suizid zugetraut hätte. Du warst die toughste Person, die ich kannte. Also, was ist in jener Nacht passiert?«
Ava schluckte. »Ich weiß es nicht«, flüsterte sie. »Ich kann
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