T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
Jewel-Annes Pflegerin, mit einer dampfenden Tasse Kakao, in dem kleine Marshmallows schwammen. Sie reichte sie ihrem Schützling. »Ich habe schon eine weitere Tasse in die Mikrowelle gestellt«, verkündete Demetria, die nun etwas weniger streng dreinblickte und die dünnen Lippen sogar zum Ansatz eines Lächelns verzogen hatte. »Eine Sekunde noch.«
»Ich helfe Ihnen«, bot Avas Therapeutin an und folgte ihr in die Küche.
»He, könntest du mir eine Tasse Kaffee mitbringen?«, rief Ian Jewel-Annes Pflegerin mit einem breiten Lächeln nach.
Demetria bedachte ihn mit einem Blick über die Schulter, der zu sagen schien: »Hol sie dir doch selbst«, aber sie sprach die Worte nicht aus und erwiderte stattdessen kühl: »Ich sehe mal nach, ob welcher da ist.«
Wyatt nahm Avas Hand und führte sie zum Sofa. Dort setzten sie sich steif nebeneinander. Ava spürte, wie sich sämtliche Blicke auf sie richteten. Wyatt hatte fürsorglich seine Finger mit ihren verschränkt, vielleicht befürchtete er auch nur, dass sie die Flucht ergreifen würde.
Und wohin sollte sie fliehen? Sie waren hier auf einer Insel!
Ava straffte ihre Schultern. Wieso nur wurde sie den Eindruck nicht los, dass Wyatt die Rolle des liebevollen Ehemanns lediglich spielte, vor den anderen eine Show abzog, auch wenn das im Grunde lächerlich war. Alle, die in Neptune’s Gate lebten, wussten, dass es in ihrer Ehe kriselte. Und zwar seit Noahs Verschwinden. Oder hatten sie sich schon vorher nicht mehr verstanden?
Beiläufig zog sie ihre Hand aus seiner und versenkte sie tief in der Tasche ihrer Strickjacke. Ihre Finger strichen über etwas Kaltes, Metallisches … Ein Schlüssel, vermutete sie, während sie über die seitlichen Einkerbungen tastete.
Ein Schlüssel? Wozu? Sie hatte das Twinset heute getragen, doch da war noch kein Schlüssel in der Jackentasche gewesen … zumindest hatte sie nichts davon bemerkt.
Demetria kehrte mit einer Tasse heißer Schokolade für Ava zurück und reichte sie ihr. Evelyn McPherson folgte ihr auf dem Fuße, ebenfalls einen Becher in der Hand.
»Kein Kaffee?«, fragte Ian und runzelte die Stirn, als Demetria den Kopf schüttelte. »Ich rieche doch welchen …« Er sah Biggs an, der gerade einen großen Schluck aus seiner Tasse nahm. »Mist!« Er rappelte sich hoch und stürmte in die Küche. Demetria unterdrückte ein Grinsen.
Immer dieselben Scharmützel,
dachte Ava, die diese kleinen Spielchen gründlich satt hatte.
Biggs verlagerte das Gewicht, dann richtete er die Augen auf Ava. »Sie haben also etwas gesehen und sind hinaus auf den Anleger gerannt?«
»Ich habe Ihnen doch bereits mitgeteilt, dass ich meinte, meinen Sohn dort draußen entdeckt zu haben. Deshalb bin ich hinausgelaufen – ich wollte ihn retten. Offenbar habe ich mich geirrt«, räumte sie ein, wenngleich sie sich zwingen musste, die Worte auszusprechen. »Ich weiß nur, dass ich etwas gesehen habe. Eine Gestalt. Auf dem Anleger.«
Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, dass Wyatt einen Blick mit Evelyn tauschte, die mit dem Rücken zum Kamin stand und versuchte, möglichst unbeteiligt dreinzuschauen. Ava wusste, dass sie in Wirklichkeit ihre Patientin musterte.
Ihre Kehle wurde eng. Rasch wandte sie die Augen ab und starrte auf die sich auflösenden Marshmallows in ihrem heißen Kakao. Sie sahen aus wie schaumige, dunkle Wellen am Strand.
»Vermutlich war meine Wahrnehmung getrübt, doch ich hatte Angst.«
»Sie wollten also Ihren Sohn retten?«, hakte Biggs nach.
»Ja.«
»Nimmt sie Psychopharmaka?«, fragte er die Therapeutin.
»Wenn Sie damit andeuten wollen, ich habe halluzuniert, dann irren Sie sich!«, protestierte Ava. Sie hörte ein leises Husten. Es kam aus der Ecke, in der Austin Dern saß. Er hielt sich die Hand vor den Mund und blickte demonstrativ aus dem Fenster hinaus in die Finsternis. Dabei fing er Avas Blick in der schlierigen Scheibe auf und schüttelte fast unmerklich den Kopf.
»Ich meine … ach, ich weiß auch nicht, was ich meine.« Sie hasste Situationen wie diese. Zudem machte Derns vorsichtige Warnung sie stutzig.
»Sie wissen, dass Noah seit fast zwei Jahren tot ist«, erklärte Evelyn McPherson freundlich. Tränen traten Ava in die Augen.
»Er wäre jetzt beinahe vier und sähe bestimmt ganz anders aus, als Sie ihn in Erinnerung haben.«
Ava schluckte schwer und nickte.
Die Therapeutin wandte sich an den Sheriff. »Ich glaube, das ist jetzt kein guter Zeitpunkt für ein solches Gespräch.«
»Gab es
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