T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
drückte sie das Gespräch weg. Wenn Wyatt sie tatsächlich umbringen wollte, warum hatte er sie auf dem Rückweg zur Insel nicht einfach über Bord geworfen? Es wäre ein Leichtes, zu behaupten, sie sei gestürzt oder absichtlich ins Wasser gesprungen – bei ihrer Vorgeschichte würde das niemand bezweifeln. Nein, nein, nein, dachte sie verwirrt, Wyatt wollte ihr offensichtlich keinen Schaden zufügen.
Doch was steckte dann dahinter?
Hör auf zu grübeln! Bring dich lieber in Sicherheit, solange das noch möglich ist!
Rasch schlüpfte sie in ihre Jeans, ein Auge stets auf den kleinen Bildschirm geheftet, dann zog sie ihre Jacke über. Sie würde sich aus dem Haus stehlen, zum Bootshaus rennen und mit dem Boot …
Tja, was? Sollte sie tatsächlich weglaufen wie ein Feigling? Wyatt und Khloe einfach davonkommen lassen? Der Polizei von ihrer Affäre berichten, genau wie von dem Digitalrekorder mit dem Kinderweinen? Bis die Cops auf der Insel eintrafen, hatte Khloe ihn mit Sicherheit längst im Meer versenkt. Denkst du wirklich, Snyder und Lyons glauben dir? Die halten dich sowieso schon für paranoid, da denken sie höchstens, dass du jetzt komplett übergeschnappt bist.
Hol tief Luft, Ava, und dann wehr dich! Schlag sie mit ihren eigenen Waffen!
Doch dazu brauchte sie Hilfe. Allein würde sie es nicht schaffen. Ohne weiter nachzudenken, wählte sie Derns Nummer und betete stumm, dass er drangehen würde. Sie hatte ihn nicht mehr gesehen, seit er mit Biggs’ Suchtrupp losgezogen war. Auf dem Department hatte sie gehört, dass er maßgeblich an Reeces’ Verhaftung beteiligt gewesen war, doch sie hatte keine Ahnung, wo er jetzt steckte.
Ihr Anruf wurde direkt an den Anrufbeantworter weitergeleitet.
Mist!
Leise flüsterte sie: »Hier spricht Ava. Bitte komm zurück auf die Insel! So schnell du kannst! Irgendetwas stimmt hier nicht. Bitte ruf mich an!«
Mit hämmerndem Herzen, benommen vom Schlafmittel, schaute sie auf das Display. Die beiden hatten sich aus ihrer Umarmung gelöst und redeten miteinander. Auch wenn Ava nicht verstehen konnte, was sie sagten, so bemerkte sie doch, dass die erotische Stimmung verflogen war. Unmut spiegelte sich auf ihren Gesichtern wider. Wyatt hatte das Kinn vorgeschoben, Khloes Mundwinkel zuckten, als könne sie ihren Zorn nur mühsam beherrschen. Offenbar stritten sie miteinander.
Wegen Jewel-Anne?
Oder wegen etwas anderem?
Deinetwegen, Ava. Sie versucht, ihn zu überreden, dich umzubringen! Oder ist es andersherum? Versucht er, Khloe dazu zu bringen, dich zu töten?
So oder so, sie musste fliehen.
Ohne den Blick vom Display zu wenden, eilte sie zur Tür hinaus. Am oberen Treppenabsatz angekommen, bemerkte sie, dass der Streit offenbar eskalierte.
Ava blieb stehen und starrte auf ihr Handy.
Khloe fixierte Wyatt mit eiskaltem Blick.
Wyatt streckte erneut den Arm nach ihr aus, doch Khloe trat zurück und sagte etwas, das Wyatt erstarren ließ. Ava meinte, ein »Nein!« von seinen Lippen ablesen zu können, dann sah sie, wie Khloe blitzschnell in ihre Tasche griff und ein Messer herauszog.
Was?
Ava schnappte nach Luft.
Wyatt hob abwehrend die Hand.
Khloe stürzte sich auf ihn, die Augen lodernd vor Zorn.
Das Messer blitzte. Wyatt versuchte auszuweichen.
Zu spät.
Mit blankem Entsetzen sah Ava, wie Khloe, ein siegreiches Lächeln auf den Lippen, die Klinge mit voller Wucht in Wyatts Brust trieb.
Kapitel sechsundvierzig
R eece war nicht der Mörder. Wenn die Polizei das nicht wusste – Dern wusste es mit Sicherheit.
Was bedeutete, dass sich der Killer nach wie vor auf freiem Fuß befand.
Ein Killer, der auf grausame Art und Weise drei Frauen ermordet hatte. Frauen, die Ava Garrison nahegestanden hatten.
Ein Streifenpolizist hatte Dern am Hafen abgesetzt, nun suchte er nach jemandem, der ihn zur Insel übersetzen würde.
Das Department hatte einem Irrenhaus geglichen, Presse und verschiedene Abteilungen der Polizei hatten ihren Teil zum Chaos beigetragen, doch hier draußen, im blassen Licht der Hafenlaternen, war alles ruhig, zumindest auf den ersten Blick. Nebel rollte vom dunklen Wasser mit den vertäuten Booten herein.
Trotzdem spürte er es. Eine unerklärliche Furcht, die sein Herz zum Klopfen brachte.
Vom Department aus hatte er Reba angerufen und ihr mitgeteilt, dass sie Reece gefasst hatten – lebendig. Sie hatte sich alle Mühe gegeben, nicht zusammenzubrechen, hatte »Gott sei Dank« geflüstert und »Danke, Austin«. Ihre Worte waren ihm
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