T93 Band 1: Überlebe!
verdammten Zombies konnten einen hier nicht so gut riechen. Als sie den Markt erreichte, schaute sie sich aufmerksam um und lauschte. Gab es Geräusche? Waren vielleicht noch andere Überlebende hier, um sich zu versorgen? Oder lauerten hier nur verdammte Zombies auf Beute? Sie hatte seit mindestens vier Wochen keinen Menschen mehr gesehen, oder zumindest nichts, das die Bezeichnung Mensch verdient hätte. Dafür aber viele Zombies, Menschen und Tiere, wobei ihr stets aufgefallen war, dass die untoten Tiere sie nicht angriffen. Sie hatte furchtbare Szenen mit der Faust im Mund ansehen müssen, um nicht laut aufzuschreien. Völlig zerfetzte und blutverkrustete Hundemeuten hatten Menschen angefallen, hatten ihre Fänge in die Kehlen der schreienden Frauen und Kinder geschlagen und die Gedärme der Männer, die sich zu wehren versuchten, herausgerissen. Die zombifizierten Menschen waren nicht besser gewesen. In der Parksiedlung hatte sie Senioren gesehen, die auf ihren Rollator nicht mehr angewiesen waren, weil sie sabbernd und geifernd gesunde Menschen jagten, um sich an ihrem Fleisch zu laben. Sie bissen die anderen Menschen nicht einfach nur, sie fraßen an ihnen! Hunderte von Malen schon hatte Birte bei diesem Anblick ihr Innerstes ausgekotzt, war von Panikattacken geschüttelt worden, hatte das Salz von kaltem Schweiß auf ihrer Haut geschmeckt, wenn sie auf die Arme biss, um nicht laut los schreien zu müssen.
Ein Geräusch ließ Birte erstarren. Ein grunzendes Schnüffeln, hiemender Atem, der in funktionslose Lungen gesogen wurde, gurgelnde und rasselnde Geräusche von Luft, die durch blut- und wassergefüllte Bronchien gedrückt wurde. Zombie!
Sofort wurde ihr Jäger-Instinkt geweckt. Sie duckte sich leise weg und nahm Deckung hinter einem Transformatorhäuschen am Hintereingang des Bahnhofs. Über den fast leeren Parkplatz hatte sie gute Sicht auf den klobigen Bau des Supermarktes, dessen große Scheiben zerstört waren und freie Sicht auf die Kassenzone boten.
Hier mussten sich grauenhafte Szenen abgespielt haben, überall lagen Glasscherben, Reste riesiger Blutlachen färbten die gepflasterten Gehwege, und in den Blechen der Autos, die hier standen, gab es viele Beulen, die sicherlich nicht von einem Malheur mit dem Einkaufswagen stammten. Lauernd, nach allen Seiten sichernd, schlich Birte weiter, geduckt von einem Auto zum nächsten huschend.
Das Geräusch verschwand in dem Tunnel, der vom Parkplatz zum Bahnhof führte und entfernte sich. Jetzt, am Nachmittag, war eine relativ gute Zeit, um Vorräte zu besorgen. Die meisten Zombies wurden erst nach Sonnenuntergang aktiv, sie hatte also noch eine gute halbe Stunde. Flink spurtete sie über die Straße, sprang über die gezackten Ränder einer zerstörten Glasscheibe und landete knirschend im Inneren des Edeka-Marktes. Schnell wandte sie sich nach links, um aus der Sichtweite der Fenster zu verschwinden, schlüpfte durch und über halb leere Regale, umgeworfene Einkaufswagen und Kunststoffständer. Überall lagen Waren verstreut, Sachen, die niemand mehr brauchte.
In der Anfangszeit der Zombieinvasion hatte es hier noch Plünderungen gegeben, doch das ließ schnell nach, denn diese Seuche verbreitete sich in einem Tempo, wie es bislang noch nicht dagewesen war. Birte erinnerte sich an Medienberichte am Anfang. Eine Epidemie, hatte es geheißen, Vogelgrippe oder so. Man sollte im Haus bleiben, Türen und Fenster geschlossen halten. Aber dann waren diese Bestien über die Stadt hereingebrochen; wie ein einziger geifernder Tsunami hatten diese grotesken Wesenheiten sämtliches Leben weggeschwemmt. Nichts war geblieben, außer faulem, aggressivem Fleisch, das nichts anderes im Sinn hatte, als noch mehr von seiner Art zu erzeugen.
Stoisch verfrachtete Birte Konservendosen in ihren Rucksack, Pulver für Getränke, Kaltschalen, und andere Ohne-Kochen-Lebensmittel verschwanden in dem großen Segeltuchbeutel, Zucker, Salz, Dosenbrot und Dauerwurst ebenso. Als sie fertig war und der Rucksack schwer und stramm geschnürt in ihre Schultern schnitt, griff sie sich noch zwei Sixpacks mit Mineralwasserflaschen und sah zu, dass sie den Markt möglichst unbemerkt verlassen konnte.
Der Weg zu ihrem Versteck war kurz und sie konnte ihn ohne Zwischenfälle zurücklegen. Sie hatte sich im alten Stellwerk an den Gleisen, zwischen Bahntrasse und der Innenstadttangente, verborgen von hohen Bäumen, verschanzt. Das kleine Gebäude war kaum zu sehen und nur ein wenig benutzter
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