Taberna Libraria
werden. Hier ist es doch das gleiche: ohne die Nebel-Aare können wir uns nicht mehr vor die Tür wagen und selbst, wenn wir unterwegs sind, müssen wir immer noch fürchten, dass etwas auftauchen könnte, mit dem sie nicht fertig werden. Was, wenn es bald so ist, dass wir wirklich nur noch innerhalb der Bannfelder dieses Ladens völlig sicher sind? Wenn alles andere eine Gefahr darstellt?"
"Du siehst das alles wieder zu pessimistisch", unterbrach sie Corrie. "Natürlich müssen wir aufpassen, das ist richtig, aber doch nicht gleich verkriechen! Wir sind von jeder Menge Schutzzaubern umgeben, von mächtigen Wesen und guten Freunden, die auf uns Acht geben. Und wir haben auch noch uns. Meiner Meinung nach kann uns momentan viel weniger passieren, als in unserem bisherigen Leben. Und dabei gibt es ungleich mehr zu entdecken!"
"Ja, aufgespießte Wolfsköpfe zum Beispiel."
Corrie verzog das Gesicht. "Das meinte ich jetzt eigentlich nicht."
"Aber es ändert nichts daran, dass es passiert ist. Ebenso die ganzen anderen Sachen - der Schatten, der Kampf bei dieser ekelerregenden Naga, die Feuerwölfe … Es ist nicht alles nur ein schönes, spannendes Abenteuer! Wir wissen noch nicht einmal, ob es ein Happy-End gibt, oder ob es nicht -wie damals bei unserem Vorgänger- Tote geben wird!"
"Das war uns aber bekannt, als Cryas uns vor die Wahl gestellt hat. Und wir haben uns entschieden, es zu versuchen. Und wir sind weiter gekommen, als alle anderen bisher. Wir halten bald das Zweite Buch von Angwil in Händen!"
"Und dann?" Silvana schüttelte den Kopf. "Was kommt danach? Wieder Feuerwölfe? Schattenritter? Flederspinnen?"
"Das wissen wir nicht."
"Eben."
"Aber wir wissen auch nicht, ob nicht vielleicht doch alles gut wird. Wieso lässt du den Dingen nicht einfach ihren Lauf?"
Neben ihr gab es einen dumpfen Knall, als das Buch des Bergolin gegen den Sessel prallte, seitlich auf den Deckel fiel und sich raschelnd wieder aufrappelte, nur um erneut Anlauf zu nehmen.
"Aber nicht zu übermütig werden", mahnte Corrie. Und an Silvana gewandt, fügte sie hinzu: "Versuch doch einfach darauf zu vertrauen, dass alles gut werden wird. Wir hatten auch schon so viele schöne Erlebnisse und haben eine Menge interessante Leute kennengelernt!"
"Vielleicht ist es auch ganz einfach das."
"Was genau jetzt?"
Silvana kuschelte sich mit ihrem Tee in die Kissen und zog die Knie an. "Die schiere Menge an neuen Eindrücken. Als wir hierhin gefahren sind, waren wir noch zwei ganz normale Buchhändlerinnen. Wir haben nicht an Vampire, Werwölfe oder Greife geglaubt. Herumspringende Bücher gehörten für uns nach Hollywood, ebenso wie sprechende Ratten. Und unter 'Piraten' haben wir uns nur noch die moderne Variante vorgestellt, die Frachtschiffe aufbringt und die Mannschaft als Geiseln nimmt, um Lösegeld zu erpressen. Und was ist mit diesem Weltbild jetzt? Jetzt kann ich auf einmal Gargoyles reden hören und verkaufe blühende Bücher!"
"Dann lass dir die Zeit, die du brauchst, um damit Zurecht zu kommen."
"Du hast mit all dem keine Probleme?"
Corrie schürzte die Lippen. "Die Geschichte mit dem Schatten hat mir schon einen gehörigen Schrecken eingejagt und den Feuerwölfen so gut wie wehrlos gegenüber zu stehen, war auch nichts, was ich mir noch einmal wünschen würde. Aber was den Rest angeht - ich kann sprechende Ratten ebenso akzeptieren, wie unseren Wirbelwind hier", sie nickte zu Bergolins Buch, "oder das Yazeem grundsätzlich nur bewaffnet hier im Laden zu erscheinen scheint. Das ist so viel reizvoller, als es in irgendeinem Film zu sehen oder zu lesen."
"Ich wünschte, ich könnte deinen Enthusiasmus so ungesehen teilen."
Corrie grinste. "Bisher habe ich es noch immer geschafft, dich mitzureißen, wenn mich etwas begeistert hat. Diesmal muss ich mir anscheinend nur etwas mehr Mühe geben als sonst."
"Sehr viel mehr", bestätigte Silvana.
"Das werde ich. Aber nur, wenn du versprichst, dass zu zumindest versuchst, alles ein bisschen positiver zu sehen."
Silvana nickte, wenn auch etwas zögernd. "Gut. Schauen wir, ob es funktioniert."
"Das wollte ich hören." Corrie klatschte begeistert in die Hände. "Und jetzt lass uns über etwas anderes reden."
Silvana nickte in Richtung des Fensters, das dem Hof zugewandt war. "Glaubst du, wir haben im Garten noch Platz, meine alte Zielscheibe aufzustellen?"
"Dann willst du endlich deinen alten Bogen wieder hervorholen? Die Idee finde ich fantastisch! Bestimmt lässt sich noch ein
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