Taberna Libraria
…"
Ihr Gegenüber wurde wieder ernst und schüttelte den Kopf. "Ich kann Ihnen versichern, dass es sich um nichts dergleichen handelt."
Zumindest soweit sicher, dass er schon längst etwas unternommen hätte, wenn es wirklich in seiner Absicht gelegen hätte, ging Silvana in die Hocke, um die verstreuten Bücher wieder einzusammeln. Ein paar hatten leichte Eselsohren davon getragen. Es würde sich zeigen, wie penibel Woodmoores Einwohner waren, wenn es um Taschenbücher ging … "Also werde ich Sie wohl kaum zum Gehen bewegen können?"
Yazeem verschränkte spielerisch die Arme vor der Brust wie ein trotziges Kind. "In diesem Fall nicht, Miss Livenbrook. Unter anderen Umständen hätte ich eine solche Vorgehensweise Ihnen beiden gegenüber gar nicht erst in Betracht gezogen. Und ich weiß selbst um die Unhöflichkeit meines Eindringens. Aber wie ich bereits gesagt habe, ist es mir äußerst wichtig, dass Sie beide mich anhören."
Silvana balancierte den Bücherstapel zu einem der freien Lesepulte am Schaufenster und klatschte ihre Last auf die Kunstlederunterlage, wobei die Leselampe gefährlich zu wackeln begann. "Und was, wenn ich die Polizei rufen würde?"
"Das bleibt Ihnen natürlich freigestellt, Miss Livenbrook", nickte Yazeem. "Allerdings darf ich Ihnen dazu verraten, dass die Wache hier im Ort Montag bis Freitag von dreizehn bis sechzehn Uhr besetzt ist und samstags von elf bis dreizehn Uhr. In allen anderen Fällen wenden Sie sich am besten an das Revier in Heathen Heights. Die Herren brauchen in der Regel etwas über eine halbe Stunde, bis sie hier ankommen."
"Na super." Silvana schüttelte missbilligend den Kopf. "Also gut. Da Sie ja scheinbar nicht gehen werden und ich nicht weiß, wie lange Miss Vaughn noch für die Einkäufe braucht - trinken Sie Tee?"
In Yazeems Lächeln floss diesmal ein Hauch von Wärme ein, was sein kantiges Gesicht gleich sehr viel weicher wirken ließ. "Sehr gerne." Bedächtig erhob er sich von der Theke und richtete seinen fein bestickten, staubigen Kutschermantel. Silvana gewann dabei den Eindruck, als achte er ganz bewusst darauf, keine Bewegung zu machen, die sie missverstehen konnte.
Vor der Küchentür hielt Silvana inne, die Hand bereits auf der Klinke. "Wir sind noch nicht fertig mit dem Auspacken." Sie wusste selbst nicht, warum sie das sagte. Schließlich hatte sie keinerlei Grund, sich dem Fremden gegenüber zu rechtfertigen.
Dieser zuckte unbestimmt die Schultern. "Es gibt Wichtigeres in einem Buchladen."
"Na dann …" Silvana stieß die Tür auf und ließ ihn vor ihr eintreten.
Yazeem blieb an der Schwelle stehen und sah sich interessiert im Inneren der Küche um. Sein Augenmerk galt allerdings mehr der Einrichtung, als den unausgepackten Kartons und Körben, die einen Großteil des Raums einnahmen. Lediglich die Herdplatten, der Tisch und zwei der vier Stühle waren nicht vollgestellt. "Nicht mehr ganz so, wie ich es in Erinnerung hatte", stellte er fest.
Silvana, die sich doch an ihm vorbeigeschoben hatte, wühlte in den oberen Schränken nach der Holzkiste mit den Teebeuteln. "Wir fanden Altrosa etwas … unzeitgemäß."
Yazeem nickte langsam. "Aus irgendeinem Grund konnte der alte Mr. Lien keine Farben sehen. Ihm war egal, wie etwas gestrichen war - das hat sich immer dann als Schwierigkeit erwiesen, wenn sich einer der Kunden nur an die Farbe des gesuchten Buches zu erinnern vermochte." Mit einem fast wehmütigen Ausdruck rückte er sich einen Stuhl vom Tisch ab und nahm Platz. "Ich muss jedoch gestehen, dass ich antikes Weiß durchaus ansprechend für diesen Raum finde."
"Was für Tee möchten Sie?" Silvana hielt den Kasten in den Händen und ging die einzelnen Fächer durch. "Pfefferminz, Earl Grey, Rotbusch, Pflaume-Zimt, Vanille, Sahnekaramell …" Sie hob fragend den Blick und blinzelte im selben Moment irritiert. Sein Schatten, der von der beinahe versunkenen Sonne auf das Parkett geworfen wurde … irgendetwas daran wirkte … seltsam. Oder war es doch nur Einbildung? Kopfschüttelnd wandte sich Silvana wieder der Arbeitsfläche zu und griff nach dem Kessel, um ihn mit Wasser zu füllen.
Hinter ihr streckte sich Yazeem Al Rahman und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. "Vanille, bitte."
Silvana nickte und schaltete den Herd ein. "Wie sind Sie eigentlich hier reingekommen?"
Yazeem kratzte sich etwas verlegen, wie es schien, das Kinn. "Das ist genaugenommen nicht besonders schwer. Nicht, wenn man dieses Haus ein wenig näher kennt. Im
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