Taberna Libraria
einer Dose zu, die sie sich nicht entsinnen konnte, eingepackt zu haben. "Hast du mir Möhreneintopf aufgeschrieben, Silvie?"
Silvana angelte sich drei Tassen aus dem Korb neben dem Herd und goss den Tee auf. "Er ist einfach so hier aufgetaucht."
Corrie nickte. "Sehe ich genauso. Ich frage mich nur, wo er hergekommen ist. Ich hasse Möhren!"
"Ich liebe Möhren." Yazeem nahm ihr die Dose aus der Hand und überflog die Zutatenliste.
Silvana verdrehte die Augen. "Ich rede doch nicht von dem Eintopf! Ich meine doch ihn!" Mit dem Teekessel deutete sie in Yazeems Richtung.
Corrie stellte die leeren Einkaufstüten auf den nächstbesten Karton und zog sich den zweiten freien Küchenstuhl heran. "Dann sind Sie also nicht auf Einladung von Silvana hier, Mister …?"
"Al Rahman. Sie können gerne Yazeem sagen, wenn das einfacher für Sie zu behalten ist. Und um ihre Frage zu beantworten, so muss ich leider gestehen, dass es meine Person selbst war, die sich hier gewissermaßen
eingeladen
hat."
Silvana kam mit den Teetassen herüber. "Er sagt, dass er uns unbedingt sprechen müsste."
Corrie lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ist das so?"
Silvana nickte. "Meine Rede."
"Und worum genau geht es?"
Yazeem ließ die Dose sinken. "Es ist ein wenig kompliziert …"
Silvana seufzte theatralisch. "Ich hasse es, wenn Sätze damit anfangen."
Ihre Freundin betrachtete den Fremden abschätzig. "Dann fangen wir doch mit etwas Unkompliziertem an. Etwas ganz Einfachem. Haben Sie zufällig einen Hund, Yazeem? Einen großen, grauen, zotteligen?"
Der Angesprochene krauste die Nase. "Bisher nicht."
"Dann leiden Sie vielleicht unter Schlaflosigkeit?"
"Auch dies muss ich verneinen, junge Dame."
Aber Corie sah einen Funken Verstehen in seinen Augen aufflackern und das bestärkte sie darin, mit ihrer Vermutung richtig zu liegen. "Trotzdem wüsste ich gerne, was Sie in der Regennacht vor ein paar Wochen unter meinem Hotelfenster gemacht haben."
"Ich? Welchen Grund sollte ich haben, zu nachtschlafender Zeit hinaus in den Regen zu treten?"
Corrie nickte. "Genau das war meine Frage."
Yazeem nippte an seinem Tee. "Das ist absurd." Er lächelte dabei spöttisch.
Corrie zuckte die Schultern. "Genauso absurd, wie der Einhänder im Innenfutter Ihres Mantels, ja?"
Silavana starrte ihre Freundin nicht minder entgeistert an, als es der Fremde tat. "Könntest du das bitte noch einmal wiederholen, Corrie?"
Ihre Freundin nickte zu dem bestickten Ledermantel. "Auf der linken Seite. Und von der Form her würde ich auf ein Falchion tippen. Mit so etwas kenne ich mich aus."
Mit einem anerkennenden Grinsen senkte Yazeem den Blick. "Was soll ich sagen, Miss Vaughn? Woodmoore ist schon seit einiger Zeit kein sicherer Ort mehr. Dürfte ich Ihnen mitteilen, warum ich hier bin, würden Sie verstehen."
Silvana, die mit ihrer Tasse hinter ihrer Freundin stand, rang noch immer um Fassung. "Ein Schwert? Wo sind wir denn hier? Bei Robin von Sherwood? Oder Highlander? Mal ehrlich, wo sind die versteckten Kameras?"
Corrie antwortete nicht. Sie musterte Yazeem noch immer eingehend. Er machte auf sie nicht wirklich den Eindruck der ultimativen Vertrauensperson, aber sie hatte sich im Laufe der Jahre als Buchhändlerin eine recht gute Menschenkenntnis angeeignet, die ihr den Umgang besonders mit schwierigen Kunden erheblich erleichterte. Und die sagte ihr jetzt, dass an diesem Mann mehr war, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte. "Also gut, Yazeem, ich bin neugierig. Was hat es mit dieser ganzen Sache auf sich? Und warum waren Sie unter meinem Fenster?"
Yazeem lehnte sich vor und trank noch einen Schluck Tee, bevor er die Hände auf der Tischplatte faltete. "Für den Beginn muss ich bis in die Zeit des guten Mr. Lien und davor ausholen. Mr. Lien war nicht der erste Besitzer dieses Buchladens. Vor ihm gab es noch zwei andere - Mr. Nettle und Mr. Doyle. Jeder hütete das Geheimnis dieses Ladens und gab es an seinen Nachfolger weiter. Dieser Umstand war jedoch Mr. Lien nicht vergönnt. Als er von uns ging, gab es niemanden, dem er die Führung hätte anvertrauen können. Es ging alles viel zu schnell."
"Dann ist der Vorbesitzer gestorben?", fragte Corrie erschüttert. "Davon hat Mr. Watson gar nichts gesagt. Wie denn?"
Yazeem schüttelte den Kopf. "Das kann ich nicht sagen."
"Und von was für einem Geheimnis sprechen wir hier?"
"Dazu komme ich noch. Wie gesagt, es gab niemandem, der den Laden nach seinem Tod weiterführen
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