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Tacheles

Tacheles

Titel: Tacheles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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setzen, zu welchem Zweck wir Sie bitten, uns zu informieren, falls Sie die Stadt verlassen wollen.“
    „Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung“, bemühte sich nun auch Holzer um einen hochdeutschen Ton.
    „Dann, denke ich, war das vorläufig alles.“ Cerny und Bronstein erhoben sich, Holzer tat es ihnen gleich. Er machte umständlich Anstalten, den Weg zur Tür einzuschlagen, doch Bronstein winkte ab: „Bemühen Sie sich nicht, wir finden alleine hinaus.“
    Wieder im Vorzimmer, beugte sich Cerny zur Sekretärin hinab, die daraufhin merklich die Contenance verlor. „Sagen Sie, junge Dame“, flötete Cerny, als wäre er ein wahrer Bel Ami, „haben Sie zufällig noch die Adresse des Herrn Podlaha, der in diesem Unternehmen bis März dieses Jahres beschäftigt war?“
    „Oh … ja … sicher“, stammelte die Frau und kramte nervös, ohne ihre Augen von Cernys Gesicht abzuwenden, in der Ablage neben ihrem Schreibtisch. Mühsam gelang es ihr, einenOrdner aus dem dortigen Regal zu zerren, den sie sodann aufschlug, um darin zu blättern. „Da werden wir ihn aber nicht finden, den Herrn Podlaha“, lächelte Cerny.
    „Wirk…lich? Wie…so?“
    „Weil auf dem Ordner steht, es sind die Personalblätter E bis H. Podlaha aber fangt mit P an, wenn ich mich nicht irre.“
    „Maa, wirk…lich, … Sie haben Recht. Sie san echt a Vifzack. … Und so fesch no dazua“, die Sekretärin kicherte blöde und warf nun erstmals einen Blick auf das Regal. Sie holte den Ordner mit den Buchstaben N bis Q hervor und stieß nun relativ rasch auf die gesuchte Information.
    „Da … hamma … ihn … ja. Friedrich Podlaha, Krongasse 6. Im fünften Hieb.“
    „Danke verbindlichst, und einen schönen Tag noch, Gnädigste.“ Cerny lächelte immer noch und legte schalkhaft die Finger an die Stirn, als deute er damit einen militärischen Gruß an.
    „Auf bald einmal ... hoff ich!“, rief die Sekretärin ihm nach, wobei die letzten beiden Worte schon beinahe geflüstert waren. Bronstein entgingen sie dennoch nicht, und mürrisch folgte er Cerny auf den Gang.
    „Was ist, Oberst, besuchen wir den Podlaha gleich? Dann haben wir es hinter uns!“
    Bronstein blickte gelassen auf seine Uhr. Es war kurz vor elf. Für das Mittagessen wohl noch zu früh. Andererseits bestand die Gefahr, durch die Vernehmung des Podlaha so viel Zeit zu verlieren, dass die Mittagszeit dadurch gänzlich versäumt würde. Zwei Seelen rangen in seiner Brust. Cerny schien seine Gedanken zu erraten.
    „An der Ecke zur Margaretenstraße gibt es den Gasthof zur Krone. Hervorragende Küche, gut bürgerlich. Das weiß ich, weil dort eine Freundin meiner Frau kocht, die Tlustova Jana. Eine der besten Köchinnen von ganz Wien, kann ichdir sagen. Du msst ihre Rindsrouladen kosten. Und nachher erst die Buchteln. Und dazu ein Altbrünner, das ist sicher ein Festmahl.“
    Bronstein konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen: „Cerny, Cerny, du weißt halt, was ein alter Kieberer braucht!“ Bronstein steckte sich eine Donau an: „Na, dann gemma halt.“
    Nachdem die beiden mit der Ringlinie zur Oper gefahren waren, stiegen sie dort in die Linie 61 um, die über den Karlsplatz und an der Bärenmühle vorbei nach Margareten fuhr. Sie ließen sich hart auf eine der Holzpritschen fallen, die als Sitzgelegenheiten dienten. Bronstein rauchte genüsslich und versuchte dabei, sich den Betriebsrat vorzustellen. Handelte es sich um einen hageren, asketischen Revolutionär oder um einen feisten sozialdemokratischen Gewerkschafter, der zwar in diversen Hinterzimmerversammlungen das Maul ganz weit aufriss, im Zweifelsfall aber kuschte? Dass Podlaha seine Entlassung scheinbar widerstandslos zur Kenntnis genommen hatte, ließ Bronstein vermuten, er würde es mit einem Vertreter der zweiten Kategorie zu tun haben. Und das ließ Podlaha quasi a priori aus dem Kreis der möglichen Täter ausscheiden, denn dass ein Sozialdemokrat sich zu einer Tat aufzuraffen vermochte, das war ihm in diesem Jahrhundert niemals untergekommen. Die Sozis waren Weltmeister im Reden, aber letztklassig im Handeln. Darauf konnte man sich stets und immer verlassen. Selbst als ihnen das Wasser schon bis zum Hals stand, hatten sie nicht mit dem Reden aufgehört, und die Folge war ihre völlige Ausschaltung aus dem öffentlichen Leben. Und warum sollte ein kleiner Betriebsrat mehr Mumm in den Knochen haben als seine Parteihäuptlinge? Es war aber immerhin möglich, dass Podlaha sie auf eine andere Spur bringen konnte,

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